Preise und Sonderpreise für drei Finalisten
Finale im Fach Cello beim 73. ARD-Musikwettbewerb
Drei Finalisten spielten gestern um die Preise im sehr gut besuchten Herkulessaal der Residenz: Krzystof Michalski aus Polen, Alexander Warenberg aus den Niederlanden und Maria Zaitseva aus Russland. Zur Wahl stand entweder das Cellokonzert Nr. 1 von Bohuslav Martinů (1890-1959) oder das Cellokonzert Nr. 2 e-Moll von Victor Herbert (1859-1924). Das Symphonieorchester unter Hankyeol Yoon begleitete sehr aufmerksam und anfeuernd.
Kontrollierter Schönklang
Technisch standen die drei Solisten auf gleich hohem Stand. Entscheidend konnte also nur die Interpretation sein. Alexander Warenberg begann mit dem Konzert von Martinů. Auf die Anfangs-Fanfarenrufe des feurig loslegenden Orchesters antwortete er mit Eleganz, gemessenem Feuer und strömender Intensität im Seitenthema. Den langsamen zweiten Satz begann er ziemlich verinnerlicht, ja fast in sich gekehrt und wurde nur langsam drängender und ausdruckswilliger. Trotzdem blieb er – für mich jedenfalls, das Publikum sah das anders – immer ein wenig neutral, riskierte nichts, entäußerte sich nicht rückhaltlos, erst bei der Kadenz ging er mehr aus sich heraus. Es schien so, dass er immer nach dem kontrollierten Schönklang suchte. Alles ist gut gemacht, aber wenig empfunden. Im Finalsatz ließ er sich dann doch von der rhythmisch Energie des Orchesters anstecken und ging mit mehr sportivem Temperament ans Werk. Er beherrscht alle Affekte und Effekte – es blieb aber bei der Beherrschung.
Emotionsreicher Klang
Mit dem Cellokonzert von Victor Herbert hatte Krzystof Michalski die für ihn richtige Wahl getroffen: Dieses Konzert gab ihm die Möglichkeit, den sehr emotionsreichen Klang und die außerordentliche Schönheit seines Spiels zu demonstrieren. Viel Gefühl hat er für die innere dramatische Struktur der jeweiligen Melodie, wird aber nie sentimental, wozu die Musik von Herbert manchmal verführen könnte. Intensiv kommunizierte er mit dem Dirigenten und verwob sein Spiel damit aufs beste mit dem des Orchesters. Traumhaft schön und immer singend bis in die höchsten Lagen war sein Klang im zweiten Satz, im Finalsatz bekam sein Spiel etwas überzeugend Rhetorisches und auch Tänzerisches.
Leidenschaftliche Vehemenz
Mit Vehemenz stürzte sich Maria Zaitseva in den Kopfsatz des Martinů-Konzertes und gab damit die richtige Antwort auf das rhythmisch reich differenzierte lärmende Orchestergeschehen. Sie schien mit ihrem Instrument wie verwachsen, spielte sehr körperlich und genoss ihre solistischen Passagen sichtlich. Hervorragend war ihr Dauer-Blickkontakt mit dem Dirigenten – fast, als wollte sie ihn leiten. Ihr Vibrato war immer ein Spiegel ihrer Emotionen. Das Konzert klang unter ihren Händen schöner, schimmernder, lebendiger und ereignisreicher als bei Warenberg. Selbst das Orchester schien farbiger zu spielen. Leidenschaftlich war ihr unendlicher Gesang im zweiten Satz, bewegt und bewegend ihr Dialog mit der 2. Geige und verständnisvoll-innig der mit den Holzbläsern. Der heftige Strich betonte den tumultuarischen Charakter des Finalsatzes, wirbelnd, überschäumend-vital und blutvoll spielte sie diese Satz und erspielte sich jubelnden Beifall der Zuhörer.
Die Jury unter dem Vorsitz von Frans Helmerson, der die Qualität der Finalisten lobte und bekannte, er sei von ihnen „inspired“, entschied sich für folgende Reihenfolge: Den mit 5000 € dotierten 3. Preis gewann Alexander Warenberg, den mit 7500 €Euro dotierten 2. Preis gewann Krzysztof Michalski, der mit 10 000 € dotierte 1. Preis ging an Maria Zaitseva. Den Publikumspreis in Höhe von 1.500 € erhielt Maria Zaitseva, den Sonderpreis des Münchener Kammerorchesters in Höhe von 1000 € Euro bekam Alexander Warenberg, den Sonderpreis für die beste Interpretation der Auftragskomposition von Marc-André Dalbavie erhielt Krzysztof Michalski – so erhielt jeder der drei Solisten zwei Preise.
Rainer W. Janka (16.09.2024)