cpo
Seit Beginn der 80er Jahre gibt es das Label cpo (classic production osnabrück) als Plattenfirma des Versandhandelshauses jpc. Von Anfang an hat sich cpo auf klingende Raritäten spezialisiert und sich damit Meriten erworben. Komponisten und Werke tauch(t)en aus der Tiefe der Geschichte und der Gegenwart auf, von denen einiges mittlerweile zum Begriff geworden ist: Allan Pettersson, Erich Wolfgang Korngold, Robert Volkmann, die einzige erhaltene Oper von Heinrich Ignaz Franz Biber und vieles mehr. Dabei ging es nicht nur um unbekannte Tonsetzer, sondern auch um vernachlässigte Werke bekannter Komponisten, etwa mit einer Gesamtaufnahme der Lieder von Hans Pfitzner, sämtlicher Lieder Carl Loewes, wie überhaupt ein gewisser Drang nach der Totalen zu erkennen ist. cpo bietet umfangreiche Werkschauen von Paul Hindemith, Ludwig Spohr, Johann Christian Bach, Darius Milhaud oder Hans Pfitzner.
Label-Highlights
Antonio Cesti
Natura et quatuor elementa dolentia ad Sepulcrum Christi
cpo 555 419-2
1 CD • 59min • 2021
07.10.2024 • 10 10 10
Wer Pier Antonio Cesti (1623-1669) nicht kennt, kennt jedoch womöglich seinen größten Hit „Intorno all’idol mio“, der zu den beliebtesten der Arie antiche gehört, deshalb gern im Gesangsunterricht studiert wird und von Gesangsgrößen wie Elisabeth Schwarzkopf, Janet Baker, Cecilia Bartoli sowie Benjamino Gigli aufgenommen wurde. Die Ensembles Polyharmonique und Teatro del mondo haben sich jetzt eines seiner wenigen geistlichen Werke, einen Oratorium zur Verehrung des Heiligen Grabes, angenommen, das 1667 in Wien uraufgeführt wurde, als sich der Komponist zur Produktion seiner Prunkoper zur kaiserlichen Hochzeit Il pomo d’oro – nicht die Tomate, sondern „Der goldene Apfel“ – dortselbst aufhielt.
Johann Sebastian Bach
Complete Solo Cantatas for Alto and Bass
cpo 555 690-2
2 CD • 58min • 2023
23.09.2024 • 9 9 9
Das Jahr 1726, so informiert uns der aufschlussreiche Booklet-Beitrag von Peter Wollny, stellte eine Wende im reichen Kantatenschaffen von Johann Sebastian Bach dar. Anstelle der opulenten Orchesterbesetzungen und klangprächtigen Chöre, die vorher das Leipziger Publikum entzückt hatten, traten nun fein ausgearbeitete Arien, die mit kleinen Instrumentalensembles korrespondierten. Und bei den bevorzugten Texten, die großenteils von dem Leipziger Theologie-Studenten Christoph Birkmann und dem nachmaligen Darmstädter Hofpoeten Georg Christian Lehms stammten, trat nun das lyrische und bekennende Ich in den Mittelpunkt.
Gomalan Brass Quintet
Alexander Tcherepnin • Victor Ewald
cpo 555 680-2
1 CD • 63min • 2022
16.09.2024 • 9 9 9
Vermutlich ist der russische Komponist Viktor Ewald (1860–1935) den meisten Musikliebhabern eher kein Begriff, und dies paradoxerweise, obwohl die auf dieser CD vorgestellten Werke für cpo-Verhältnisse eigentlich diskographisch ungewöhnlich gut erschlossen sind (teilweise mehr als ein Dutzend Einspielungen). Ewald gehörte dem Kreis um den russischen Musikmäzen Mitrofan Beljajew an und spielte lange Zeit auf dessen Freitagstreffen im Streichquartett den Cellopart. Hauptberuflich war er Bauingenieur, hatte jedoch am Petersburger Konservatorium eine gründliche musikalische Ausbildung genossen.
War and Peace
Music from the Seven Years' War
cpo 555 592-2
1 CD • 60min • 2022
11.09.2024 • 9 9 9
Musik aus der Zeit des „Siebenjährigen Krieges“ vereint die vorliegende CD. Dieser wütete von 1756 bis 1763 und kann nach heutigen Maßstäben durchaus als „Weltkrieg“ gelten: Alle damals bedeutenden europäischen Mächte waren in die Kriegshandlungen verstrickt, und damit kamen auch die Gebiete ihrer Kolonien in Nord- und Südamerika, Indien und Afrika sowie die umkämpften Handelswege auf den Weltmeeren mit ins Bild. Zwei deutsche Kurfürstentümer, Brandenburg (als Königreich Preußen mittlerweile eine aufsteigende europäische Großmacht) und das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg (gemeinhin als Kurhannover bekannt), dessen Kurfürsten inzwischen als Könige von Großbritannien und Irland in London residierten, standen in Deutschland einer Koalition von Frankreich, Russland und Österreich gegenüber.
Franz Xaver Scharwenka
Piano Concerto No. 1 • Symphony C minor
cpo 555 571-2
1 CD • 70min • 2022
09.09.2024 • 10 10 10
2024 haben nicht nur einige wichtige Komponisten einen runden Geburtstag, sondern wir gedenken ebenso des 100. Todestages von Busoni, Fauré, Puccini, Stanford – und (Franz) Xaver Scharwenka (1850–1924). Als Schüler Theodor Kullaks stieg der aus der Nähe von Posen stammende Künstler mit deutsch-polnischen Wurzeln rasch zum gefeierten Klaviervirtuosen auf, wurde von Liszt gefördert, machte aber bald auch als durchaus erfolgreicher Komponist von sich reden; sein Ruf als Pädagoge war lebenslang geradezu legendär. Anders als die häufig in sich gekehrte Musik seines jüngeren Bruders Philipp sind gerade Xavers wenige Orchesterwerke – darunter vier Klavierkonzerte – völlig extrovertiert. [...]
Ralph Vaughan Williams
The Complete String Quartets
Verdi Quartett
cpo 555 345-2
1 CD • 79min • 2017
02.09.2024 • 9 10 10
Drei Streichquartette sind auf dieser CD Zeugnisse eines langen Komponistenlebens. In seiner Studienzeit am Londoner Royal College of Music und dem Trinity College in Cambridge schrieb Ralph Vaughan Williams (1872 – 1958) ein Streichquartett in c-Moll, das er einer Zählung nicht für würdig befand und das doch schon typische Züge seines Stils aufweist. Die Uraufführung fand erst 1904 statt. Nach einem für ihn bedeutsamem Besuch bei Maurice Ravel in Paris entstand 1908/9 das String Quartet Nr. 1 in g-Moll, das der Komponist 1921 einer Revision unterzog. Und in den Jahren 1942 bis 1944 komponierte Vaughan-Williams das Quartett Nr. 2 in a-Moll, das unverkennbar Spuren der düsteren Zeit des Zweiten Weltkriegs zeigt.
William Grant Still
Songs • Piano Music
cpo 555 627-2
1 CD • 67min • 2023
28.08.2024 • 9 9 10
Seine Kollegen Leonard Bernstein und Aron Copland sollen sich über seine Kompositionen abfällig geäußert haben, und für das deutsche Publikum dürfte er noch ein großer Unbekannter sein. Doch seine amerikanische Karriere kann sich sehen lassen. William Grant Still (1895-1978) hat dort alles erreicht, was einem farbigen Künstler in seiner Zeit möglich war. In der Familie schon früh musikalisch gefördert, erhielt er eine umfassende Ausbildung als Instrumentalist und Komponist, war auf beiden Gebieten erfolgreich und daneben noch als Arrangeur und Plattenproduzent tätig.
Fasch • Heinichen • Stölzel • Hoffmann • Bach • Graupner
Horn Concertos
cpo 555 667-2
1 CD • 69min • 2021
26.08.2024 • 9 10 10
Diese CD ist ein treffliches Geschenk für alle Hornisten und Horn-Liebhaber. Seit nach 1680 das Horn als Musikinstrument und nicht nur als Jagd- oder Signal-Instrument seinen Siegeszug auch in Deutschland angetreten hatte, haben viele Komponisten Musik für dieses Instrument geschrieben. Sieben Beispiele davon, die meisten für zwei Hörner, alle Konzerte vornehmlich aus Mitteldeutschland stammend, haben die beiden Hornisten Stephan Katte (gefragter Hornsolist und Instrumentenbauer) und Sebastian Fischer (stellvertretender Solohornist in der Erzgebirgischen Philharmonie), die selber aus Mitteldeutschland stammen, hier versammelt.
Emilie Mayer
Three Violin Sonatas
cpo 555 602-2
1 CD • 66min • 2022
19.08.2024 • 9 10 9
Emilie Mayer (1812-1883) gilt als bedeutendste deutsche Symphonikerin des 19. Jahrhunderts. Obwohl die Qualität dieser Werke stets Anerkennung fand, blieb deren Erfolg nicht nachhaltig, was ab den 1850ern zu einer Verlagerung ihres Schaffens in Richtung Kammermusik führte, wovon endlich auch einiges gedruckt wurde. Hatte cpo letztes Jahr damit begonnen, mit dem Salzburger Constanze Quartett Mayers Streichquartette einzuspielen, legt nun deren erste Geigerin – Emeline Pierre Larsen – mit der luxemburgischen Pianistin Sabine Weyer drei der insgesamt neun Violinsonaten der Komponistin vor, von denen allerdings zwei als verschollen gelten.
Augusta Holmès
Symphonic Poems
cpo 555 593-2
1 CD • 66min • 2022, 2023
14.08.2024 • 9 10 9
Zu den wenigen in Frankreich im ausgehenden 19. Jahrhundert erfolgreichen Komponistinnen gehört zweifellos Augusta Holmès (1847‒1903). Mit teils irischer Abstammung in Paris geboren, wurde sie erst 1871 französische Staatsbürgerin, weshalb ihr zunächst eine reguläre Ausbildung etwa am Conservatoire verwehrt blieb und sie auf Privatunterricht ausweichen musste. Dennoch war sie bereits als junge Frau gut vernetzt und wurde z.B. von Saint-Saëns bewundert. Der Besuch der Münchner Uraufführung von Rheingold machte sie zur glühenden Wagnerianerin. Größten Einfluss hatte dann jedoch César Franck, dessen Schülerin Holmès zeitweise war. Im Gegensatz zu den meisten ihrer komponierenden Kolleginnen wagte sie sich schnell an Großformen wie Oper und Symphonische Dichtung und konnte damit punkten.
Michael Haydn
Six String Quartets
Constanze Quartett
cpo 555 409-2
1 CD • 68min • 2020
05.08.2024 • 9 9 9
Fällt heutzutage der Name Haydn, denkt jeder zuerst an Joseph und nicht an dessen jüngeren Bruder Johann Michael (1735-1806), der in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich als Kirchenmusiker wiederentdeckt wurde. Michael Haydns Kammermusikwerke sind von der Anzahl her überschaubar, aber durchaus reizvoll. Deshalb ist es gut, dass sich das Constanze Quartett seiner 6 Streichquartette MH 308-313 angenommen hat, die sicherlich vor 1780 entstanden, und somit interessantes Vergleichsmaterial zu den Quartetten op. 9 und 17 des älteren Bruders sowie den sogenannten Mailänder Quartetten W.A. Mozarts bieten.
Joseph Labitzky • August Labitzky
Waltzes • Polkas • Marches
Nünrberger Symphoniker • Christian Simonis
cpo 3555 474-2
1 CD • 65min • 2021
22.07.2024 • 9 9 9
Was den Wienern die Familie Strauss, Vater und Söhne, ist den Karlsbadern die Familie Labitzky, Vater und Sohn, die böhmischen Walzerkönige. Beide amtierten jahrzehntelang als Kapellmeister des Brunnen- bzw. Kurorchesters. Joseph Labitzky wurde 1802 in Schönfeldt in Böhmen geboren, wurde mit 14 Jahren Vollwaise, erhielt bei der Bademusik Karlsbad 1820 eine Anstellung als Geiger, 1821 als Flötist, studierte nebenbei in der Wintersaison in München bei Peter von Winter, wurde 1835 Kapellmeister der Karlsbader Kurkapelle. Er vergrößerte diese auf 17 Orchestermitglieder und gastierte damit in ganz Europa. 33 Jahre leitete er diese Kurkapelle und komponierte über 300 Werke, vorwiegend Walzer, Polkas und Quadrillen
Leopold Anton Kozeluch
Piano Trios Vol. 4
cpo 555 480-2
1 CD • 64min • 2021
01.07.2024 • 10 10 10
Nachdem ich mich mit den bisherigen Volumina der Klaviertrios von Leopold Anton Kozeluch (1747-1818) vom Trio 1790 nicht so recht anfreunden konnte, durfte ich bei der neuesten Produktion mit Freude konstatieren, dass mein Genörgel hinsichtlich zusätzlicher Verzierungen bei Wiederholungen auf offene Ohren traf. Volume 4 bringt drei inhaltlich leichte, jedoch nicht leicht auszuführende, unterhaltsame Trios aus dem Zeitraum von 1782-1798 als Ersteinspielungen.
Hans Huber
Piano Quintets 1 & 2
cpo 555 569-2
1 CD • 62min • 2022
24.06.2024 • 10 10 10
Blättert man im Münchner Telefonbuch – heutzutage selbstverständlich elektronisch – stößt man (Varianten wie Johann und Johannes eingerechnet) wohl 50-mal auf den Namen Hans Huber. Desto besser, dass der Komponist mit dem Allerweltsnamen keine Allerweltsmusik zu Papier brachte. Oliver Triendl und dem Carmina Quartett ist mit Hubers zwei kontrapunktisch hochvirtuosen, spieltechnisch äußerst anspruchsvollen Klavierquintetten eine veritable Trouvaille gelungen, die sich als ebensolcher Edelstein im Raritätenkabinett von cpo ausnehmen dürfte.
Johann David Heinichen
Gott ist unser Zuversicht
German Sacred Cantatas
cpo 555 543-2
1 CD • 57min • 2022
17.06.2024 • 9 9 9
Johann David Heinichen wurde 1683 als Pastorensohn in Krössuln (heute Ortsteil der Stadt Teuchern im sächsisch-anhaltinischen Burgenlandkreis) geboren und an der Leipziger Thomasschule unter den Kantoren Johann Schelle und Johann Kuhnau ausgebildet. Dort wirkte er auch während seiner Zeit als Jurastudent (eine seinerzeit verbreitete akademische Ausbildung späterer Kapellmeister) im von Georg Philipp Telemann gegründeten Collegium Musicum mit und war auch an Aufführungen des seit 1693 bestehenden Leipziger Opernhauses beteiligt. In der Folgezeit etablierte sich Heinichen als Musiktheoretiker und lieferte weitere Kompositionen für die Leipziger Oper.
Vítĕzslava Kaprálová
The Completed Orchestral Works
cpo 555 568-2
2 CD • 1h 43min • 2022
10.06.2024 • 10 10 10
Die mit gerade mal 25 Jahren verstorbene Tschechin Vítězslava Kaprálová (1915‒1940), offenkundig schon als Jugendliche eine kompositorische Hochbegabung, studierte nach anfänglichem Unterricht durch ihren Vater Václav Kaprál – selbst noch Schüler Janáčeks – bei Vítězslav Novák in Prag, schließlich in Paris bei Bohuslav Martinů. Für ihre Militär-Sinfonietta erhielt sie 1937 den Preis der Smetana-Gesellschaft und trat damit zudem als erste weibliche Dirigentin der Tschechischen Philharmonie auf; ihre Lehrer hierbei waren keine Geringeren als Zdeněk Chalabala und später Charles Münch.
Musik aus dem alten Danzig
Musik der Hansestädte Vol. 2
Werner • Erben • Förster • Büttner • Siefert • Wanning
cpo 555 647-2
1 CD • 71min • 2023
03.06.2024 • 10 10 10
Manfred Cordes, emeritierter Professor für Musiktheorie und Kontrapunkt sowie ehemaliger Dekan und Rektor der Hochschule für Künste Bremen, gehört zu den unbestrittenen Spezialisten für die Musik des 16. und 17. Jahrhunderts. 1993 gründete er das Ensemble Weser-Renaissance Bremen und erweiterte schließlich seinen darstellerischen Horizont der norddeutschen Renaissance- und Barockmusik mit der Gründung des Europäischen Hanse-Ensembles, das er 2019 ins Leben rief: Hier erarbeitet er mit jungen Musikerinnen und Musikern aus ganz Europa das musikalische Erbe der alten Hansestädte. Auf die erste Veröffentlichung mit dem Europäischen Hanse-Ensemble, die dem musikalischen Erbe der Hansestadt Stralsund gewidmet war, folgt jetzt als zweite CD der Reihe „Musik der Hansestädte“ die „Musik aus dem alten Danzig“.
Anton Reicha
Chamber Works
cpo 555 397-2
2 CD • 2h 10min • 2022
27.05.2024 • 9 9 9
Das mit Solobläsern renommierter Orchester und Professoren ebenso renommierter Hochschulen besetzte Albert-Schweitzer-Ensemble widmet sich in dieser Einspielung Kammermusikwerken des Beethoven-Altersgenossen Anton Reicha (1770-1836), deren Instrumentenkombinationen vom Üblichen abweichen. Da Reicha neben Klavier und Violine auch die Flöte virtuos beherrschte, galt seine Vorliebe den Blasinstrumenten. So wurde er zu dem Komponisten, bei dessen Namen man zunächst „Bläserquintett“ assoziieren pflegt. Dass er interessante Klangfarben auch aus der Kombination von Bläsern, Streichern und Klavier hervorzaubern konnte beweist die vorliegende Aufnahme.
Johann Christian Schickhardt
Sonate a quattro op. 22
Epoca Barocca
cpo 555 450-2
1 CD • 73min • 2021
24.05.2024 • 10 10 10
Wenn Johann Christian Schickhardt (1682 – 1762) es im Barock auf über 30 im Druck veröffentlichte, teils umfängliche Sonaten-Sammlungen brachte, muss seine Musik wohl zu Recht beliebt gewesen sein. Das Ensemble Epoca Barocca, dessen Einspielung von Loeillet-Triosonaten von mir bereits empfohlen wurde, hat sich jetzt dessen klanglich äußerst reizvollen 6 Sonaten für 2 Blockflöten, Oboe und Basso continuo op. 22 angenommen und präsentiert sich mit diesen Werken wiederum als stilistisch feines Ensemble der Extraklasse.
Joachim Raff
Welt-Ende • Gericht • Neue Welt
cpo 555 562-2
2 CD • 1h 47min • 2022
20.05.2024 • 9 10 10
Angesichts des Ansehens, das Joachim Raff als Symphoniker und Kammermusikkomponist heutzutage verdientermaßen wieder genießt, ist es nur natürlich, dass auch Raffs Schaffen abseits dieser Gattungen zunehmend beachtet und zur Diskussion gestellt wird. So gelangte 2022, im Jahr seines 200. Geburtstags die Oper Samson, das Hauptwerk seiner frühen Jahre, in Weimar erstmals auf die Bühne, und im Leipziger Gewandhaus gedachte man seines Oratoriums Welt-Ende. Gericht. Neue Welt, das er 1882 kurz vor seinem Tode vollendet hatte.
Domenico Cimarosa
Le astuzie femminili
cpo 555 595-2
2 CD • 2h 39min • 2022
06.05.2024 • 10 10 10
Nach dem sensationellen Erfolg seiner Opera buffa Il matrimonio segreto, die 1792 in Wien ihre Uraufführung erlebte, wählte Domenico Cimarosa, nach Neapel zurückgekehrt, für seinen dortigen Einstand ein Sujet, mit dem er an diesen Erfolg anzuknüpfen hoffte, und griff dabei auf Teile des zuvor geschriebenen Einakters Amor rende sagace zurück: Le astuzie femminili (auf deutschen Bühnen später unter dem Titel Weiberlist gespielt). Das Libretto, das ihm Giuseppe Palomba auf der Basis der älteren Vorlage konstruierte, ist streckenweise etwas abstrus und weitschweifig, spielt aber geschickt mit den bewährten Elementen der neapolitanischen Buffa, zu denen auch der Gebrauch des dortigen Dialekts, komische Duelle sowie der Einsatz von pittoresken Verkleidungen gehörten.
Max Reger
Organ Works Vol. 9
played on historical instruments of Reger's time
cpo 555 289-2
2 CD • 2h 25min • 2022
29.04.2024 • 9 9 9
Das Projekt von Gerhard Weinberger, das gesamte Orgelwerk von Max Reger auf historischen Instrumenten der Reger-Zeit aufzunehmen, ist bei Volume 9 angekommen. Diesmal sind es die Sauer-Orgel der Lutherkirche Chemnitz von 1908 und die Goll-Orgel der Kollegiumskirche Schwyz von 1912. Die Dispositionen beider Orgeln sind im Booklet angegeben. Entweder haben diese beiden Orgel einen insgesamt dunkleren Klang oder Weinberger wählt bewusst diesen Klang – manchmal wünschte ich mir eine klangliche Aufhellung. Außerdem scheinen die Mikrofone ziemlich weit vorne in der Kirche zu stehen, man hört nämlich die Orgeln ziemlich weit weg, einzig in Track 13 der CD I klingt sie nähergerückt.
Opera Arias in Turin in 18th century
from Società del Whist-Accademia Filarmonica
cpo 555 664-2
1 CD • 65min • 2023
22.04.2024 • 9 10 9
Wenn man an Opernhäuser in Italien denkt, denkt man zuerst an das Teatro alla Scala in Mailand, an das Teatro la Fenice in Venedig oder an das Teatro San Carlo in Neapel – weniger an das Teatro Regio in Turin. Und doch ist das 1740 in Turin gebaute Teatro Regio damals „das bestdurchdachte, bestaufgeführte und vollständigste Haus, das in Italien zu finden ist“ – so urteilt zumindest Joseph-Jérôme de Lalande Mitte der 1760er Jahre. Weil das königliche Theater nur in der Karnevalszeit bespielt wurde, diente das Teatro Carignano als weiterer Opern-Spielort. Diese CD möchte nun mit vielen Sopran-Arien demonstrieren, wie vielfältig das Operngeschehen in Turin im ausgehenden 18. Jahrhundert war.
Ernst Eichner
Symphonies
cpo 555 580-2
1 CD • 64min • 2022
15.04.2024 • 9 9 9
Ernst Eichner (1740 – 1777) wirkte seit 1762 als Geiger, Fagottist und Komponist am Hofe Herzog Christians VI. von der Pfalz-Zweibrücken, wo er 1769 zum Konzertmeister befördert wurde. Er orientierte sich in seinem Schaffen an der Mannheimer Schule, konnte aber infolge der beschränkteren Verhältnisse in Zweibrücken nur mit einer kleineren Orchesterbesetzung arbeiten. 1773 ging er nach Potsdam, wo er eine Stelle in der Hofkapelle erhielt. Seine rund dreißig Sinfonien erschienen jeweils im Sechserpack in Paris, wie auch viele Werke der „Mannheimer“.
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Georg Philipp Telemann
Donner-Ode • Late Church Music
cpo 555 546-2
1 CD • 81min • 2022
08.04.2024 • 10 10 10
Wohl nur wenige Komponisten konnten sich ihre Schaffenskraft bis ins achte Lebensjahrzehnt erhalten, ohne auf alte Muster zurückzugreifen. Viele erreichten dieses Alter gar nicht erst. Die, die es wie Heinrich Schütz, Richard Strauss und Igor Strawinsky erreichten, griffen auf bereits Bewährtes zurück. Anders Georg Philipp Telemann (1681-1767), der die literarischen Strömungen in jeder Lebensphase aufmerksam verfolgte. Als die Dichtung von Oden im erhabenen Stil durch F. G. Klopstock und Johann Andreas Cramer modern wurde, nutzte er Texte dieses antikisierenden Genres für seine späten Kompositionen und passte kompositorisch seinen Stil der zeitgenössischen Dichtung an.
Johann Sigismund Kusser
Adonis
cpo 555 609-2
2 CD • 2h 08min • 2022
01.04.2024 • 9 9 9
„Bratislava, bis 1919 slowakisch Prešporok, deutsch Pressburg (bis 1996 Preßburg), ungarisch Pozsony … war im Laufe seiner Geschichte eines der wichtigsten wirtschaftlichen und administrativen Zentren Großmährens, des Königreichs Ungarn (auch im Rahmen der österreichischen Monarchie beziehungsweise Österreich-Ungarns) und der Tschechoslowakei. Die Stadt war von 1536 bis 1783 und 1848 Hauptstadt des Königreichs Ungarn.“ So informiert Wikipedia über die Hauptstadt der Slowakischen Republik. Pressburg war die Geburtsstadt von Sigismund Kusser (1660-1727), der dort als Sohn des evangelischen Kantors Johann Kusser geboren wurde. Mit 14 Jahren verzog er mit seinen Eltern nach Stuttgart.
Georg Philipp Telemann
Kantaten – Französischer Jahrgang Vol. 3
cpo 555 438-2
2 CD • 2h 09min • 2022
25.03.2024 • 10 10 10
Welch tollkühnes Unterfangen den kompletten Kantaten-Jahrgang für das Kirchenjahr 1714/15 mit 72 Einzelwerken von Georg Philipp Telemann aufzunehmen! Mittlerweile haben Felix Koch, die Gutenberg Soloists und sein hervorragender Neumeyer Consort mit Vol. 3 das erste gute Drittel geschafft und zusätzlich Orgelbearbeitungen von Choralmelodien zu kleinen Choralkantaten arrangiert. Auch dies ist durchaus hörenswert und könnte Anregung für kleine Gemeinden ohne die Möglichkeit, die großbesetzten Kantaten aufzuführen, bieten.
Antonio Rosetti
Der sterbende Jesus
cpo 555 567-2
1 CD • 55min • 2022
18.03.2024 • 9 10 9
Das Oratorium Der sterbende Jesus des böhmischen Komponisten Antonio Rosetti (1750-1792) war im ausgehenden 18. Jahrhundert äußerst beliebt wegen seiner betrachtenden Empfindsamkeit. Heute nicht mehr – was diese Aufnahme vielleicht ändern könnte. Und Günther Grünsteudel, dem Verfasser des ebenso kenntnisreichen wie einfühlsamen Booklet-Textes, ist durchaus zuzustimmen, wenn er dies Oratorium rühmt: „Dank seines melodischen Erfindungsreichtums, differenzierter Harmonik, eines wachen Sinns für musikalische Proportionen und eines virtuosen Umgangs mit den Orchesterfarben gelingt Rosetti eine geniale (weil überhöhende) Umsetzung des hochemotionalen Textbuches“ – von Karl Friedrich Bernhard Zinkernagel, ist dazuzufügen. Der Text erzählt weniger dramatisch das Geschehen, mehr reflektiert und empfindet er.
Friedrich Eck
Three Violin Concertos
cpo 777 975-2
1 CD • 69min • 2016
11.03.2024 • 9 10 9
Der Geiger Friedrich Eck (1767-1838) galt in jungen Jahren als Wunderkind, und er hatte das Glück, vom Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz in Mannheim gefördert zu werden. Auf einer Konzertreise nach Wien begegnete er Mozart, und 1777 zog er mit dem Hofstaat des Fürsten nach München. Den letzten Schliff als Geiger erhielt er beim Italiener Giovanni Battista Viotti. Für den eigenen Gebrauch komponierte er fünf Violinkonzerte, die stilistisch an die Mannheimer Schule wie auch an Mozarts Konzerte erinnern. Doch trotz aller Erfolge geriet Eck in Vergessenheit, wohl auch wegen seines Entschlusses, nach 1800 das Konzertieren und Komponieren aufzugeben.
Georg Philipp Telemann • Johan David Heinichen
Early Cantatas
cpo 555 603-2
1 CD • 62min • 2021
04.03.2024 • 9 9 9
Erneut eine Aufnahme, die „aus dem reichen Repertoire mitteldeutscher protestantischer Kirchenmusik des ersten Jahrzehnts nach 1700 schöpft“, wie das ausführliche Booklet es formuliert. Allerdings verstehe ich auch nach intensiver Lektüre des Booklets nicht, warum diese CD drei frühe Kantaten von Telemann enthält plus eine von Johann David Heinichen. Warum nicht alle vier Kantaten von Telemann? Schließlich hat der genug davon komponiert.
CPE Bach • Johan Gottlieb Graun
Viola Concertos
cpo 555 613-2
1 CD • 62min • 2022
29.02.2024 • 9 10 9
Musik aus dem Umfeld Friedrichs des Großen – das bedeutet zugleich Musik aus dem Zeitalter der Empfindsamkeit und des Sturm und Drang. Der schweizerisch-französische Bratschist Mathis Rochat hat Werke dieser Epoche ausgewählt, die für sein Instrument komponiert oder übertragbar sind. Letzteres trifft auf das Cellokonzert in B-Dur Wq 171 von Carl Philipp Emanuel Bach zu, das Rochat für Bratsche bearbeitet hat. Allerdings tut er seinen Cello-Kollegen Unrecht, wenn er meint, die „Bratsche könne die erforderte Virtuosität mit etwas mehr Leichtigkeit interpretieren“. Immerhin gelingt es dem Solisten, im Kopfsatz die typische Spannweite zwischen energischem Zugriff und zarter Empfindung, zwischen marschartig punktierten Rhythmen und Seufzermotiven markant zu gestalten, hellhörig begleitet von der Schweizer Camerata unter dem sorgsamen englischen Dirigenten Howard Griffiths.
Boris Papandopulo
The Complete String Quartets • Guitar Quartet • Clarinet Quartets
cpo 555 469-2
3 CD • 3h 00min • 2017-2022
26.02.2024 • 10 10 10
Exakter Zeitgenosse von Dmitri Schostakowitsch, Edmund von Borck, Ulvi Cemal Erkin, Klaus Egge, Paul Creston und Arnold Cooke, ist Boris Papandopulo (1906-91) Kroatiens bedeutendster Klassiker der Moderne. In seinem Schaffen ist eine eigentümliche Verschränkung von volksmusikalischer Verwurzelung und kosmopolitischer Aufgeschlossenheit bemerkenswert, wie dies ja auch bei anderen Nationalkomponisten der klassischen Moderne aus Südosteuropa wie Nikos Skalkottas, Marin Goleminov oder Ahmed Adnan Saygun, wenngleich mit anderen Gewichtungen, typisch ist. Papandopulo darf man mit seinen amalgamierenden Fähigkeiten ähnlich etwa Hilding Rosenberg oder Alexander Tansman als Eklektiker bezeichnen, dies allerdings auf höchstem Niveau.
Francesco Bartolomeo Conti
Bravo! Bene!
Arie con varie strumenti
cpo 555 552-2
1 CD • 75min • 2022
19.02.2024 • 10 10 10
Das Opernleben um 1720 in London, Dresden, Hamburg und Neapel ist mittlerweile recht gut auf Tonträgern dokumentiert. Aber Wien? Diese Lücke schließen jetzt das Ensemble nuovo aspetto und vier exzellente Solisten mit ausgesprochen delikat instrumentierten Arien von Francesco Bartolomeo Conti (1682-1732). Da Conti als Hoftheorbist und ab 1713 auch Hofcompositeur selbst diverse Zupfinstrumente virtuos beherrschte, entsteht so ein höchst gelungenes Lehrstück für den Einsatz von Hackbrett, Harfe, Mandoline und Theorbe in der habsburgischen Barockoper. Die Auswahl wird ergänzt durch Kompositionen von Antonio Maria Bononcini (1677-1726) und Giuseppe Porsile (1680-1750).
Joseph Martin Kraus
Overtures
cpo 555 579-2
1 CD • 68min • 2019, 2023
12.02.2024 • 9 9 9
Obwohl die Werke von Joseph Martin Kraus, dem „schwedischen Mozart“, auf CDs häufig vertreten sind, wird er in den einschlägigen Musiklexika noch immer sträflich vernachlässigt. Er ist im selben Jahr wie Mozart geboren und ein Jahr nach ihm gestorben. Geboren wurde er 1756 in Miltenberg, erzogen wurde er im Jesuitengymnasium von Mannheim, studiert hat er zunächst Jura, dichtete und komponierte aber daneben schon, ging 1778 nach Stockholm und wurde dort Hofkapellmeister und Direktor der Königlichen Musikakademie. Seinem Gönner und Förderer König Gustav Adolf III., der 1792 bei einem Maskenball ermordet wurde, folgte er kurz danach, nachdem er noch eine opulente Trauermusik für ihn komponiert hatte, in den Tod.
Georg Druschetzky
Oboe Quartets Vol. 2
Grundmann-Quartett
cpo 555 370-2
1 CD • 81min • 2020
05.02.2024 • 10 10 10
Wenn sich ein gemischtes Quartett nach dem Instrumentenbauer benennt, dem die Umformung der Barockoboe zur klassischen Form gelang, die bis heute – mit allerdings wesentlich reicher Beklappung – in Wien weiterlebt, kann man dies durchaus als Bekenntnis zu einem historisch informierten Interpretationsansatz betrachten. Der niederländische Oboist Eduard Wesly durchstöberte die europäischen Bibliotheken nach geeigneter Literatur, stieß dabei auf die Oboenquartette des Böhmen Georg Druschetzky und legt nach dem von mir eher kritisch betrachteten Vol. 1 jetzt eine völlig überzeugende Folge-CD vor.
Franz Schubert
Die schöne Müllerin
cpo 555 549-2
1 CD • 62min • 2020
29.01.2024 • 9 9 9
Anders als im Falle der Winterreise, die in den letzten drei Jahrzehnten seit Hans Zenders erfolgreichem Versuch immer wieder instrumentale Arrangements der authentischen Klavierfassung erfahren hat, blieben solche Operationen bei Schuberts erstem Zyklus nach Wilhelm Müller, Die schöne Müllerin (1823), bisher aus, sieht man einmal von der Bearbeitung einzelner Lieder ab (etwa Anton Webers Adaption des Tränenregen). Der als Arrangeur sehr erfahrene Andreas N. Tarkmann hat nun die Probe aufs Exempel gemacht und die hypothetische Frage zu beantworten versucht, wie wohl Schuberts Version ausgesehen hätte, wenn er die Gesangsstimme nicht von einem Klavier, sondern von einem Oktett, bestehend aus einem Streichquintett und drei Blasinstrumenten (Klarinette, Fagott und Horn), hätte begleiten lassen. Diese Besetzung ist nicht zufällig gewählt, sondern kann sich auf Schuberts großes Oktett F-Dur D 803 berufen, das kurz nach dem Liedzyklus entstanden ist.
Giovanni Battista Pergolesi
La serva Padrona • Livietta e Tracollo
cpo 555 622-2
2 CD • 1h 57min • 2023
22.01.2024 • 10 10 10
Zahlreiche Bühnenwerke hat Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736) in seinem kurzen Leben geschaffen, doch während seine abendfüllenden Opern nach seinem Tode der Vergessenheit anheimfielen und erst in unseren Tagen wieder den Weg auf die Bühne fanden, trat sein zweiteiliges Intermezzo La serva padrona einen bis heute anhaltenden Siegeszug auf allen Bühnen der Welt an. Entstanden war es als Pausenfüller zu der Opera seria Il prigionier superbo, die am 5. September 1733 ihre Premiere erlebte. Der überraschend große Erfolg des Zwischenspiels, in dem die Dienstmagd Serpina ihren Herrn Uberto mit List und Tücke zur Ehe drängt, ermutigte den Komponisten, im Folgejahr mit Livietta e Tracollo ein weiteres Exemplar der neuen Gattung zu schreiben.
Grażyna Bacewicz
Complete Orchestral Works Vol. 2
cpo 555 660-2
1 CD • 53min • 2023
18.01.2024 • 9 10 9
Bei cpo erschien nun die zweite Folge der Gesamtaufnahme sämtlicher Orchesterwerke der Polin Grażyna Bacewicz (1909-1969). Wieder spielt das WDR Sinfonieorchester unter Łukasz Borowicz. Die erste CD – mit den Symphonien Nr. 3 & 4 (siehe unsere Kritik Nr. 24212) – erhielt vom Rezensenten Höchstbewertungen, hat aber inzwischen durch die vom Chandos-Label ebenfalls begonnene Neuaufnahme von Bacewiczs Orchestermusik eine starke Konkurrenz bekommen. Dies ist sehr erfreulich, denn die jugendliche Hochbegabung als Geigerin und Komponistin hat die polnische Musikszene der Nachkriegszeit bis zu ihrem recht frühen Tod nachhaltig beeinflusst wie sonst allenfalls noch Lutosławski oder Penderecki.
Andreas Oswald
Sonatas
Capella Jenensis
cpo 555 478-2
1 CD • 68min • 2021
15.01.2024 • 10 10 10
Wohl wenigen Spezialisten für die Musik um 1650 dürfte der Name des einstigen Weimarer und später Eisenacher Hoforganisten Andreas Oswald (1634-1665) bisher untergekommen sein, von dem einzig 18 Solo- und Ensemblesonaten erhalten sind. Abwechslungsreiche, virtuose, farbige und spannende Musik, die stilistisch der italienisch geprägten österreichischen Hofmusik um Antonio Bertali, J. H. Schmelzer nahe steht, gelegentlich wie eine Vorwegnahme H. I. F. Bibers klingt und von der Capella Jenensis brillant und stilsicher interpretiert wird.
Franz Benda
Sonatas and Capriccios
cpo 555 610-2
1 CD • 65min • 2022
08.01.2024 • 10 10 10
Dass von einem Musiker des 18. Jahrhundert heute noch Nachkommen desselben Namens musikalisch tätig sind, ist ungewöhnlich. Dieser Musiker des 18. Jahrhunderts ist Franz Benda: Geboren ist er 1709 in Böhmen, sang er als Kapellknabe in Prag und Dresden, wollte eigentlich den ehrsamen Beruf des Pfefferkuchenbäckers erlernen, wurde aber doch Geiger, ermöglicht durch ein Stipendium seines Herrn, eines Grafen Kleinau, aus dessen Dienst er aber nach Warschau verschwand, wo er kurze Zeit Mitglied der polnischen Hofkapelle war, bis er von Friedrich II. von Preußen in dessen Hofkapelle berufen wurde.
Gustave Adolphe Kerker
The Belle of New York
cpo 777 189-2
2 CD • 2h 07min • 2022
29.12.2023 • 9 9 9
Niemand spricht heute mehr von Gustave Adolphe Kerker (1857-1923), der zu seiner Zeit ein vielgespielter Komponist war. Als Zehnjähriger war der gebürtige Westfale mit seinen Eltern, die auch Musiker waren, in die Vereinigten Staaten gekommen, wo er bereits in jungen Jahren als Cellist, später auch als Dirigent Arbeit fand. Mit 22 schrieb er seine erste komische Oper, denen in den folgenden drei Jahrzehnten dreißig weitere Musikkomödien folgten, die am Broadway, im Londoner Westend, aber auch in Berlin und Wien beträchtliche Erfolge hatten. Sein eigentlicher Durchbruch war die zweiaktige Musikkomödie The Belle of New York, die am 28. September 1897 am New Yorker Casino Theatre herauskam und freundliche Aufnahme fand, es allerdings erst in London auf sensationelle 697 Vorstellungen brachte und danach auf vielen amerikanischen und europäischen Bühnen nachgespielt wurde.
Weber • Crusell • Berg
Bassoon Concertos
cpo 555 576-2
1 CD • 63min • 2023
11.12.2023 • 10 10 10
Der norwegische Fagottist Dag Jensen, der 1984 jeweils zweite Preise beim ARD-Musikwettbewerb gewann – ein einziger erster Preis wurde bisher nur 2008 vergeben – seine Karriere in bedeutenden Orchestern fortsetzte und jetzt die Professur an der Münchner Musikhochschule innehat, kombiniert auf seiner neuesten CD mit den Konzerten von Carl-Maria von Weber und Bernhard Crusell zwei Schlachtrösser des Repertoires und beschließt die Aufnahme mit dem für ihn im Jahre 2022 ganz frisch komponierten Fagottkonzert seines Landsmannes Olav Berg.
Hugo Kaun
Symphonic Works
cpo 555 572-2
1 CD • 77min • 2022
04.12.2023 • 9 9 10
Der im frühen 20. Jahrhundert sehr erfolgreiche Berliner Komponist Hugo Kaun betrachtete den Parteienstreit zwischen Brahmsianern und Wagnerianern als obsolet und schuf gleichermaßen Symphonien wie Symphonische Dichtungen. Jonathan Stockhammer und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin präsentieren Kauns vor harmonischen Raffinessen strotzende Dritte Symphonie und die beiden Tondichtungen Minnehaha und Hiawatha, in denen der 15 Jahre in den USA lebende Komponist Legenden der nordamerikanischen Ureinwohner fesselnd nacherzählt.
Friedrich Gernsheim
String Quartets Vol. 2
cpo 555 468-2
1 CD • 60min • 2020, 2021
27.11.2023 • 10 10 10
Das Diogenes Quartett, das mich bereits durch seinen exzellenten Fesca-Zyklus beeindruckte, widmet sich in Vol. 2 seiner Aufnahme der Streichquartette von Friedrich Gernsheim (1839-1916) dessen letzten beiden wunderbaren Kammermusikkompositionen, dem 5. Streichquartett (1911) und dem 2. Streichquintett (1915) und erweitert so die Diskographie dieses lange unterschätzten Spätromantikers, dessen Werke zunehmend an Beachtung gewinnen.
Raff • Schreck • Jadassohn
Wind Serenades
cpo 555 570-2
1 CD • 59min • 2021
20.11.2023 • 10 10 10
Die Gründerzeit im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts liebte es, die „Gute alte Zeit“ zu reflektieren und sich historisch zu kostümieren. In der Architektur verfuhr man gern nach dem Motto „Der Rohbau ist fertig, jetzt muss bloß noch der Stil dran“. Ähnliches geschah in der Musik. Nach Tristans Fieberekstasen benötigte man zur Abkühlung heiter-gemütvolle Serenaden im Stil Carl Loewes und Albert Lortzings gewürzt mit einer Prise mendelssohnischen Elfenzaubers
Laks • Weinberg • Nowicka
Works for Violin & Chamber Orchestra
cpo 555 523-2
1 CD • 66min • 2012,2013
16.11.2023 • 10 10 10
Während die Musik Mieczysław Weinbergs (1919-1996) spätestens seit der szenischen Erstaufführung seiner Oper Die Passagierin bei den Bregenzer Festspielen 2010 hierzulande zunehmend Gehör gefunden hat, ist Simon Laks‘ (1901-1983) recht schmales, aber nicht weniger interessantes Schaffen noch recht unbekannt. Laks – wie Weinberg in Warschau geboren – ging nach anfänglichem Mathematikstudium 1926 nach Paris, wo er früh Erfolge feierte. 1941 folgten Inhaftierung, Deportation nach Auschwitz, Zwangsarbeit bei Dachau. Nach seiner Befreiung kehrte er wieder zurück nach Paris. [...]
Carl Stamitz
Symphonies Concertantes
cpo 555 467-2
1 CD • 60min • 2021
13.11.2023 • 9 9 9
Mozart hat nicht immer Recht: Als einen „elenden Notenschmierer“ verhöhnt er Carl Stamitz (1745-1801), den Violinisten und Bratschisten der Mannheimer Hofkapelle und Sohn des berühmten Johann Wenzel Stamitz. Im Gegensatz zu seinem Vater blieb Carl nicht in Mannheim, sondern entwickelte eine eminente Reisefreudigkeit als Bratschen-Virtuose, bis er 1795 in Jena eine Stellung als Universitätsmusikdirektor fand, die er bis zu seinem Tode bekleidete. Das Magazin der sächsischen Geschichte 1787 schrieb über ihn, dass er „fast für alle Instrumente mit außerordentlicher Schönheit“ komponiere. Es gibt von ihm alleine 7 Flöten-, 11 Klarinetten- und 15 Violinkonzerte und über 80 Sinfonien, davon viele „Symphonies Concertantes“, in denen er – wie das Booklet schreibt – „den großen Orchesterklang mit den Möglichkeiten für die Instrumentalisten, ihre Virtuosität und Brillanz zu zeigen“, verbindet.
Jacques Offenbach
Le Violoneux • Le 66
cpo 555 585-2
2 CD • 85min • 2022
30.10.2023 • 9 9 9
Die Eröffnung des Théâtre des Bouffes-Parisiens im Jahr der Pariser Weltausstellung 1855 war ein musikhistorisch bedeutsames Ereignis. Denn es war die eigentliche Geburtsstunde der Operette. Jacques Offenbach dirigierte hier vor einem begeisterten internationalen Publikum seinen Einakter Le Violoneux, der nicht viel länger als eine halbe Stunde dauert. Im Jahr darauf setzte sich der Erfolg mit Le 66 fort. Schon in diesen frühen Beiträgen zu einer neuen Gattung hatte Offenbach seinen unverkennbaren Stil gefunden, wie jetzt eine Studio-Einspielung aus seiner Geburtsstadt Köln belegt
Dietrich Buxtehude
Membra Jesu Nostri BuxWV75
cpo 555 458-2
1 CD • 64min • 2021
23.10.2023 • 9 9 9
Dietrich Buxtehude sei als Komponist von Membra Jesu Christi „die Ruhe selbst, ein Meister der Versenkung, ein Anti-Dramatiker“, urteilt Peter Uehling im Booklet dieser Aufnahme. Nun kann man diese Passionsmusik, die den Leib Christi Teil für Teil musikalisch vermisst, trotzdem dramatisch musizieren – oder sie in der benannten Ruhe belassen. Gregor Meyer geht mit seiner Opella Musica einen Mittelweg: Eine betrachtende Ruhe liegt durchweg über dieser Aufnahme – aber es ist eine schmerzlich bewegte Ruhe.
Emilie Mayer
Piano Concerto • Overtures
cpo 555 554-2
1 CD • 67min • 2022
16.10.2023 • 9 9 10
Erst in den letzten Jahren ist die in Vergessenheit geratene deutsche Komponistin Emilie Mayer (1812 – 1883) wieder ins öffentliche Interesse gerückt. Einst wurde sie, die einige Zeit Unterricht bei Carl Loewe in Stettin nahm und dann in Berlin heimisch wurde, als „weiblicher Beethoven“ gerühmt, und heute kann man lesen, sie sei „Europas größte Komponistin“. Mit solchen Superlativen tut man dem Nachruhm der Musikerin, die zweifellos begabt war und den Klassikern nacheiferte, keinen Gefallen. Die jetzt erschienene CD mit dem Pianisten Tobias Koch und der Kölner Akademie unter Alexander Willens macht zumindest deutlich, dass die Komponistin, die sich als Frau über alle Vorbehalte der damaligen Zeit hinwegsetzte, eigene Ideen hatte und diese in die vorgefundenen Formen einpasste.