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1 CD • 71min • 1998
01.10.1999
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Berlin darf sich fast mit gleichem Recht wie Wien als Johann-Strauß-Stadt bezeichnen. Der Komponist war an der Spree ebenso bekannt und geschätzt wie an der Donau, er hat in Berlin Erfolge von triumphalen Ausmaßen erlebt. Bei vielen seiner Werken gibt es daher eine deutliche Berlin-Verbindung, das prägnanteste Beispiel ist wohl der berühmte Kaiserwalzer, der für die Eröffnung des Berliner "Königsbaues" (1889) komponiert wurde. Wenn die damalige Kritik in der Introduktion des Walzers "preußische" Marschtöne zu vernehmen glaubte, dann war das freilich reines Wunschdenken. Die Komposition ist durch und durch wienerischer Natur, auch wenn sie nicht ganz eindeutig mit der k.u.k.-Welt in Bezug zu setzen ist. Bei solchen Werken, die von vielen Klischees belastet sind, ist es ganz gut, sich die Motive ihrer Entstehung in Erinnerung zu rufen.
Wie nicht anders zu erwarten, bietet Nikolaus Harnoncourt bei seinem "Berliner" Strauß-Konzert, für das er auch einen sehr interessanten Einführungstext geschrieben hat, manches Rare, Unbekannte, darunter sogar eine veritable Erstaufnahme: die Berliner Fassung der Ouvertüre zu Eine Nacht in Venedig, die eine viel knappere Form besitzt als die gängige Version. Harnoncourt bringt außerdem einige Zugnummern aus den Berliner Programmen des Walzerkomponisten. Erst als Schlußstück kommt ein rein österreichisches Stück: Der Jubelmarsch, den Johann Strauß anläßlich des glücklichen Ausgangs eines Attentats auf Kaiser Franz Joseph (1853) komponiert hat.
Somit ein unkonventionelles Konzert, kein "gemütlicher" Strauß, sondern scharf akzentuiert, mit allerlei Härten, Kanten und Schroffheiten – und doch von gutem Wuchs, zügig, temperamentvoll, in jedem Moment funkelnd-lebendig. Die Berliner Philharmoniker musizieren (live von den Berliner Festwochen 1998) mit höchster Brillanz, dazu auch spürbar mit Lust und Freude. "Das Orchester geht mit mir durch dick und dünn", schrieb Johann Strauß seinerzeit aus Berlin. So ähnlich scheint die Partnerschaft zwischen den Musikern und ihrem Leiter sich auch in diesem Fall vollzogen zu haben.
Clemens Höslinger [01.10.1999]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Strauß (Sohn) | ||
1 | Kaiserwalzer op. 437 | |
2 | Eine Nacht in Venedig (Operette in 3 Akten von Friedrich Zell und Richard Genée, 1883) | |
3 | Die Tauben von San Marco op. 414 (Polka française) | |
4 | Frühlingsstimmen op. 410 (Walzer) | |
5 | Ouvertüre (aus: Die Fledermaus) | |
6 | Seid umschlungen, Millionen op. 443 (Walzer) | |
7 | Lob der Frauen op. 315 (Polka Mazur) | |
8 | Simplicius-Walzer op. 427 (Donauweibchen) | |
9 | Tritsch-Tratsch-Polka op. 214 | |
10 | Kaiser Franz Joseph I. Rettungs-Jubel-Marsch op. 126 |
Interpreten der Einspielung
- Berliner Philharmoniker (Orchester)
- Nikolaus Harnoncourt (Dirigent)