Fantasies
Mozart • Beethoven • Chopin • Schumann
Margherita Santi

hänssler CLASSIC HC24043
1 CD • 63min • 2023
29.01.2025
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die italienische Pianistin Margerita Santi, 1994 in Verona geboren, hat mit schon 6 Jahren debütiert, dann mit 16 Jahren ihr Studium in Verona abgeschlossen, aber weiterstudiert in Rom, Moskau und Venedig. In Venedig hat sie einen Master erlangt und 2019 ein Kommunikationsstudium in Padua beendet. Sie ist also eine sehr bewusste und reflektierte Pianistin.
Reflektiertes Spiel
Auf ihrem Debüt-Album mit dem Titel „Fantasies“ versammelt sie Stücke mit freier Form, „in der die Inspiration der Komponisten größere Freiheit haben“, wie das – nur in englisch gehaltene – Booklet mitteilt. Die erwähnte Reflektiertheit verführt Margherita Santi aber des öfteren dazu, den Bewusstseinsinhalt eines Stücks durch Zeitdehnung besonders zu betonen. Schon in Mozarts Fantasia in d-Moll KV 397 (Track 1) gibt die Pianistin am Anfang jedem einzelnen Ton dramatische Wucht und überlädt damit den sinnierenden, suchenden Arpeggien-Charakter. Das vorgeschriebene Andante macht sie zum Adagio. Auch die elegisch-stockende Melodie überdehnt sie, als wollte sie sie nachdrücklich ins Gedächtnis der Hörer einpflanzen. Den musikalischen Fluss staut sie, indem sie ihn zerdehnt und überdramatisiert. So braucht sie 7:05 Minuten für die Fantasia, wo z. B. Alfred Brendel 5:17 Minuten benötigt. Man hört der Pianistin dabei diese reflexive Absicht an, sie überlagert aber die Musik.
Erzählen und gleichzeitig erklären
Im Kopfsatz von Beethovens Mondscheinsonate op. 27/1 dehnt Margherita Santi ebenfalls die möglichen Tempi: Die Interpretationen dieses Satzes bewegen sich in den Extremen von 4 Minuten bis 8,5 Minuten – die Pianistin nähert sich mit 8:02 Minuten dem langsamsten Extrem, wobei sie jeden ersten Ton der Achteltriolen besonders betont und dazu deutliche Ritardandi vor den Harmonie-Veränderungen einlegt. „Eine ohne Affektiertheit klagende Melodie“ nennt Joachim Kaiser diesen Satz – Margherita Santi bemüht jedoch viel Affektiertheit. Dass die Pianistin technisch tadellos spielt, hört man im Finalsatz dieser Sonate, auch wenn sie ihn ohne rückhaltlose Ausdrucksekstase spielt.
Auch Chopins f-Moll-Fantasie op. 49 erklingt technisch fehler- und mühelos. Auch da will Margherita Santi den „Inhalt“ genau erzählen und erklären. Wo beispielsweise Claudio Arrau (1978) 12:22 Minuten braucht, benötigt Santi 15:49 Minuten. Daher vermisst man das Bezwingende, das zielgerichtet Fließende, das sprudelnd Erzählende. Gerade hier möchte man nicht unbedingt ein philosophisch reflektierendes Spiel.
Ein befreiter Faschingsschwank aus Wien
Interessanterweise wirkt die Pianistin beim Faschingsschwank aus Wien op. 26 von Robert Schumann wesentlich freier, ja befreiter, energischer und zielgerichteter. Das Scherzino ist rhythmisch federnd und besticht durch genau ausgehorchte Akkordfülle, das Intermezzo mit seinem bewegt figurativen Satz ist geradezu flott und das Finale sprüht vor Spielfreude.
Das Hörbild ist sehr bassbetont, die Höhenfrequenzen wirken wie abgeschnitten – oder liegt’s am hier verwendeten Bösendorfer? Oder am Aufnahmeraum, der Villa Alba in Gardone Riviera am Gardasee?
Rainer W. Janka [29.01.2025]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Fantasie Nr. 2 d-Moll KV 397 KV 385g | 00:07:05 |
Ludwig van Beethoven | ||
2 | Klaviersonate Nr. 14 cis-Moll op. 27 Nr. 2 (Mondscheinsonate) | 00:16:33 |
Frédéric Chopin | ||
5 | Fantasie f-Moll op. 49 | 00:15:49 |
Robert Schumann | ||
6 | Faschingsschwank aus Wien op. 26 | 00:22:53 |
Interpreten der Einspielung
- Margherita Santi (Klavier)