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Besprechung DVD-Video

Giuseppe Verdi

Giovanna d'Arco

Coviello Classics COV92419

1 DVD-Video • 2h 00min • 2023

26.11.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Die alljährlich im Sommer stattfindenden Opernfestspiele in der schwäbischen Kleinstadt Heidenheim an der Brenz (50 000 Einwohner) sind auf dem Wege, ein süddeutsches Verona zu werden. Unter der künstlerischen Leitung von Marcus Bosch, der sich mit der Cappella Aquileia einen exzellenten Klangkörper aufgebaut hat, wird nun systematisch das hierzulande wenig rezipierte Frühwerk Giuseppe Verdis aufgearbeitet. Auf die vielbeachtete Produktion von I Lombardi folgte im vergangenen Jahr eine Inszenierung seiner Giovanna d’Arco, die von der Firma Coviello Classics auf Video aufgezeichnet wurde (die diesjährige Alzira ist in Vorbereitung).

Szenische Herausforderung

Verdis erster Versuch (1845), ein Drama von Schiller zu vertonen, wird heute – wenn überhaupt – vorzugsweise konzertant gegeben. Zu undramatisch, zu wenig schlüssig im Handlungsablauf erscheint das Libretto von Temistocle Solera, der das riesige Personal des Theaterstücks auf fünf Rollen reduziert und dafür den Chören breiten Raum gegeben hat. Für den Regisseur ist das eine große Herausforderung. Vor acht Jahren hat der englische Filmregisseur Peter Greenaway („Der Kontrakt des Zeichners“) in Zusammenarbeit mit seiner Frau, der Videokünstlerin Saskia Boddeke, im barocken Teatro Farnese in Parma die Oper einleuchtend als szenisches Oratorium angelegt, in dem Musik, Drama, Gesang, Tanz und Video sich zu einem Gesamtkunstwerk verbinden. Diese sehenswerte Aufführung wurde von Unitel als DVD festgehalten. In Heidenheim verlegte der Regisseur Ulrich Proschka die Handlung in das Krankenzimmer einer psychiatrischen Anstalt, von dem aus die Patientin Giovanna das Geschehen imaginiert und mit den anderen Akteuren in Kontakt tritt. Die herbeiphantasierte Parallelwelt bleibt für die übrigen Personen im Raum, ihren Vater Giacomo und das medizinische Personal, unsichtbar. Diese Konzeption wird von Proschka einigermaßen schlüssig durchgezogen, wobei die Arrangements der Chöre und die Führung der Gesangssolisten durchweg konventionell bleiben.

Orchestrale Feinarbeit

Gerade diese Konventionalität erlaubt es dem Zuschauer, sich ganz auf Verdis Musik zu konzentrieren. Und da ist aus dem Graben tatsächlich Erstaunliches zu vernehmen. Denn Marcus Bosch setzt mit seiner Cappella Aquileia nicht auf die knallige italianità, die man gemeinhin mit dem jungen Verdi in Verbindung bringt, sondern fächert die Partitur mit vielen kammermusikalischen Details auf, von denen die herausragenden Holzbläsereinsätze mit besonderer Delikatesse ausgeführt werden. Die dramatischen Vibrationen des Stückes kommen durch diese differenzierte Auslegung besonders eindrucksvoll zur Geltung. Und die drei Protagonisten, die hier für Heidenheimer Verhältnisse prominent besetzt sind, können auf dieser Grundlage einen überzeugend expressiven Verdi-Stil entwickeln, der sich nie in Materialprotzerei erschöpft. Im Mittelpunkt steht natürlich die Giovanna der jungen georgischen Sopranistin Sophie Gordeladze, die ihren Part mit emphatisch leuchtenden Höhen als eine einzig große Wahnsinnsszene gestaltet. Der reife mexikanische Tenor Héctor Sandoval glänzt als König Carlo mit immer noch frischen Spitzentönen, ist ansonsten aber – durchaus im Sinne des musikalischen Gesamtkonzepts – sehr um feinere Zwischentöne bemüht. Etwas eindimensionaler, aber durchaus effektvoll agiert der Bariton Luca Grassi in der Partie des Vaters. Wirkungsmächtig, wenngleich ebenfalls mehr dem „alfresco“ verpflichtet, wirft sich der Tschechische Philharmonische Chor Brünn in seine zahlreichen Einsätze. Musikalisch ist das in toto eine international konkurrenzfähige Produktion, die Szene hat solides Stadttheater-Niveau.

Ekkehard Pluta [26.11.2024]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Giuseppe Verdi
1Giovanna d'Arco (Dramma lirico in einem Prolog und drei Akten) 02:00:14

Interpreten der Einspielung

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