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Besprechung CD

Forbidden Music

Severin van Schmid • Zeno Minh Schmid

decurio DEC-009

1 CD • 65min • [P] 2024

31.10.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Wenn noch eher unbekannte, junge Musiker über eine Debüt-CD versuchen, größere Aufmerksamkeit zu erzielen, ist das trotz der schnellen Verfügbarkeit über Streaming-Dienste stets ein Wagnis. Da reicht die selbstverständlich eingeforderte hohe künstlerische Expertise alleine meist nicht aus; auch programmatisch muss man aus dem immensen Angebot hervorstechen. Die Brüder Severin Van Schmid (Jahrgang 1995) – das Mitglied der Münchner Symphoniker studierte u. a. bei Julia Fischer – und Zeno Minh Schmid (vorrangig Mediziner) wählten zwar den mittlerweile vielfach gewählten Titel „Forbidden Music“, brachten jedoch vier Violinsonaten auf einer CD zusammen, die mehr gemeinsam haben, als aus der Feder zeitweise verfemter Komponisten zu stammen: alles Werke von überragender musikalischer Qualität.

Zwischen Kriegsgedenken und Tanz auf dem Vulkan

Paul Hindemiths (1895–1963) kurze, nur zweisätzige Sonate op. 11, Nr. 1 entstand 1918, noch während des Kriegsdienstes in Frankreich, verarbeitet im Kopfsatz unverkennbar das Anfangsmotiv der Marseillaise und endet mit einem in eine schlichte Tanzform gegossenem, ganz in sich gekehrten Trauergesang – vom wilden Bürgerschreck nur wenige Jahre später keine Spur. Die Brüder Schmid zeigen sogleich ein innigstes Ineinandergreifen von Vermittlung klarer Strukturen und feiner Emotionalität. In der nun öfter zu hörenden, genialen 2. Violinsonate (1927) Erwin Schulhoffs (1894–1942) ist von beiden Protagonisten höchste Virtuosität und punktgenaues Engagement gefragt. Die Neueinspielung erreicht dabei technisch-musikalisch durchaus die Höhe von Tanja Becker-Bender und Markus Becker, – vielleicht die Referenzaufnahme – die allenfalls dynamisch eine Spur differenzierter agieren. Obwohl im Umfeld von einigen jazz-affinen Stücken entstanden, überwiegen in diesem das bereits ambivalente Lebensgefühl der späten 1920er abbildenden Meisterwerk klassische Ausgewogenheit und eher Anklänge an Bartók und Strawinsky. Höchstens das Andante evoziert eine fast blues-ähnliche Atmosphäre, ohne diesem formal zu entsprechen. Hier traut sich Severin Schmid nicht, stellenweise blue notes zu spielen. Dennoch wirkt das Stück beim jungen Duo in sich noch geschlossener als bei den Beckers. Zudem überzeugt die Aufnahmetechnik aus Schloss Engers (Neuwied) mit erstklassiger Räumlichkeit und dem richtigen Hall auf ganzer Linie – weitaus angenehmer als der direkte, leicht topfige Klang der Hyperion-CD.

Begeisternde Martinů-Darbietungen

Sehr selten trifft man im Konzertsaal hingegen auf Bohuslav Martinůs (1890–1959) Violinsonaten. Die erste von 1929 steht ganz im Bann der Pariser Jazz-Szene: frech, optimistisch, direkt. Die Darbietung der Brüder reißt den Hörer geradezu vom Hocker – klarer Höhepunkt dieser Veröffentlichung. Brillanz, – gerade auch bei Zeno Minh Schmid am Flügel, der nicht nur bei ein paar aggressiveren Momenten ungemein wirkungsvolle Präsenz beweist – Verve, jedoch gleichermaßen begeisternde Gestaltung der Kantilenen setzen hier große Ausrufungszeichen. Und selbst bei der eigentlich tiefsinnigeren, dafür kaum mehr spritzigen dritten Sonate von 1944, die mit aller Sorgfalt und Ernsthaftigkeit ergründet wird, können die Schmids hier gegenüber der Supraphon-Gesamtaufnahme aus den 1990ern klar punkten. Die Booklettexte des Pianisten sind knapp, aber ordentlich: insgesamt ein gelungenes Debüt mit Repertoire, das sich allemal lohnt, kennenzulernen.

Vergleichsaufnahmen: [Schulhoff] Tanja Becker-Bender, Markus Becker (Hyperion 67833, 2010); [Martinů] Bohuslav Matoušek, Petr Adamec (Supraphon SU 3410-2 132 & SU 3412-2 132, 1996 & 1998)-

Martin Blaumeiser [31.10.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Erwin Schulhoff
1Sonate Nr. 2 WV 91 für Violine und Klavier
Paul Hindemith
5Sonate Es-Dur op. 11 Nr. 1 für Violine und Klavier
Bohuslav Martinů
7Sonate Nr. 1 H 182 für Violine und Klavier
10Sonate Nr. 3 H 303 für Violine und Klavier

Interpreten der Einspielung

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