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Besprechung CD

Dreams & Imagination

Poeticall Musicke to be sung to the Lyra viol

TYXart TXA21162

1 CD • 64min • 2023

27.10.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Denkt man an das elisabethanische Lautenlied, fällt einem spontan John Dowland und vielleicht noch Thomas Morley ein. Wer verbindet jedoch etwas mit William Corkine, Robert Jones oder Tobias Hume? Letzterer mag Gambisten bekannt sein, aber denen begegnet man ja auch nicht übermäßig häufig. Interessant ist die Aufnahme vor allem deshalb, weil hier eine Lyra Viol zum Einsatz kommt, die zu den Vorläufern des von Haydns Dienstherren, Fürst Esterházy so geliebten Barytons gehört.

Bass-Gamben in unterschiedlicher Größe

Das Fundament des Gamben-Consorts findet sich um die Wende zum 17. Jahrhundert in England in drei Varianten: 1. normaler Consort-Bass, als Fundament, wenn kein 16‘-Violone eingesetzt wird, mit einer Saitenlänge von 80 cm; 2. die um 10% kleinere Lyra-Viol mit einer Saitenlänge von 72 cm, deren sechs Saiten wie bei der großen Schwester grundsätzlich ebenfalls auf D-G-c-e-a-d‘ gestimmt sind, für die jedoch ca. 60 weitere Möglichkeiten der Stimmung dokumentiert sind. Zudem hatte die Lyra Viol einen wesentlich flacheren Steg, der es erleichterte, mehrere Saiten gleichzeitig anzustreichen und dadurch ebenso polyphon wie auf einer Laute zu spielen. Sie wurde auch wie eine Laute grundsätzlich in Griffschrift – zumeist französische Lautentabulatur – notiert. In der Mitte zwischen Lyra- und Bass-Viol kam noch die Division-Viol hinzu, die in Italien auch Viola bastarda genannt wird, weil man auf ihr Madrigalbearbeitungen improvisierte, die mal den Diskant, mal den Bass oder eine Mittelstimme mit virtuosen Figuren versehen. Sie wurde zum Vorbild der französischen Instrumente, wie sie von Marin Marais und Antoine Forqueray gespielt wurden.

Zurück zur Lyra-Viol. Robert Jones setzt sie in seinen Liedern als Alternative zur Laute ein und ermuntert den Spieler, fleißig zu ornamentieren. Tobias Hume notiert bereits Pizzicati der linken Hand auf leeren Saiten und das Anschlagen der Saiten mit der Bogenstange – col legno – und entdeckte den Effekt somit vor Monteverdis Combattimento. Im Hochbarock höhlte man den Hals aus, um dort Resonanzsaiten einzubauen und schuf so, die Lira da Gamba, aus der sich schließlich das Baryton entwickeln sollte.

Interessantes Repertoire – uneinheitliche Interpretation

Der etwas zwiespältige Eindruck der Aufnahme entsteht durch die Sopranistin Anna-Lena Elbert, die versucht, möglichst ohne jegliches Vibrato auszukommen und sich, weil das obere Mittelregister die Überhand gewinnt, dazu gezwungen sieht ab f2 zu forcieren, was sich auch negativ auf die Intonation auswirkt. Emma Kirkby lässt im selben Repertoire etwas mehr Vibranz zu und verschafft sich auf diese Weise eine größere dynamische Freiheit auf den einzelnen Tönen, was Agogik, Phrasierung und Textverständlichkeit erheblich zugutekommt. Ob es beim vorliegenden Repertoire angemessen ist, „received Pronounciation“– vulgo: BBC- bzw. Oxford-Englisch – zu verwenden, ist Geschmackssache. Grundsätzlich hielte ich hier die mittlerweile ja gut dokumentierte Aussprache der Shakespeare-Zeit für angemessen, bei der heute nicht mehr korrekte Reime intakt bleiben. Das hätte womöglich auch zur besseren Artikulation des Textes beigetragen.

Instrumentatliter gestalten die Damen Angelique Mauillon (Harfe), Evangelina Mascardi (Laute) und vor allem Friederike Heumann an Bassgambe und Lyra-Viol höchst achtbar, wenngleich – bei aller Melancholie – ein wenig zu introvertiert.

Der Booklet-Text ist grundsätzlich gelungen. Allerdings fehlen mir Detailangaben zu den Instrumenten und den verwendeten Stimmungen, da wohl kaum jemand bei Tobias Hume die „IV 1d“ und die „IV Harpway“ Tunings nachschlagen mag. Die Aufnahmetechnik bevorzugt die Singstimme und ist recht dicht mikrophoniert.

Fazit: Musikalisch am reizvollsten erscheinen mir die Solostücke von William Corkine (Track 17-19) besonders die an Dowlands Lachrymae antique angelehnte Pavin und die äußerst virtuosen Diminutionen über If my complaints desselben Komponisten. Somit eine Spezial-CD für Gambisten.

Thomas Baack [27.10.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Robert Jones
1Love wing'd my hopes (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:03:38
2Whither runneth my sweet hart (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:02:48
William Corkine
3Walsingham (The Second Booke of Ayres, London 1612) 00:03:22
Robert Jones
4O how my thoughts doe beat me (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:04:49
5My love bound me with a kisse (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:02:27
Tobias Hume
6Fain would I change that note (The First Part of Ayres, London 1605) 00:02:17
7Harke, harke (The First Part of Ayres, London 1605) 00:01:37
8What greater Griefe (The First Part of Ayres, London 1605) 00:03:58
John Danyel
9Passymeasures (Galliard) 00:04:14
Robert Jones
10Now what is love (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:03:21
11Come sorrow come (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:05:33
Thomas Ford
12Coranto (Musicke of Sundrie Kindes, London 1607) 00:01:30
Robert Jones
13Dreames and Imaginations (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:02:45
Thomas Ford
14A pill to purge Melancholie (Musicke of Sundrie Kindes, London 1607) 00:00:37
John Dowland
15Prelude 00:00:55
16If My Complaints Could Passions Move (First Booke of Songes and Ayres, London 1597) 00:01:36
William Corkine
17Pavin (The Second Book of Ayres, London 1612) 00:03:56
18Coranto (The Second Book of Ayres, London 1612) 00:01:25
19If my complaints (The Second Book of Ayres, London 1612) 00:03:10
Robert Jones
20Fie fie (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:03:13
21Mee thought this other night (The Second Booke of Songs, London 1601) 00:06:24

Interpreten der Einspielung

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