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Besprechung CD

Brahms

The Piano Trios
Trio Sōra

la dolce volta LDV 132.3

2 CD • 1h 54min • 2023

17.05.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

„Entweder ganz oder gar nicht“ scheint die Devise von Pauline Chenay, Violine, Fanny Fheodoroff, Violoncello und der Pianistin Angèle Legasa zu lauten, die sich zum Trio Sōra zusammengeschlossen haben. Nachdem bereits sämtliche Beethoven-Trios eingespielt wurden, ist jetzt die Brahms-Gesamtschau angesagt. Geigerin und Pianistin kennen sich bereits vom Studium am Pariser Conservatoire, 2022 kam aus Wien die Cellistin hinzu. Somit ist es höchst beachtlich, wieviel intuitives Verständnis die drei Damen binnen eines Jahres (die Aufnahmen entstanden 2023) füreinander entwickelt haben.

Cholerischer Melancholiker

Eigentlich sind alle drei klassisch besetzten Klaviertrios von Johannes Brahms in ihrer meistaufgeführten Fassung späte Werke, die zwischen 1885 und 1890 ihre endgültige Form fanden. Sie zeichnen sich in den Dur-Werken durch einen ausgesprochen Hang zur Vermollung aus und verfügen dadurch über ein weites Spektrum an Stimmungen und Kontrasten.

Brahms begann sein Trio-Schaffen als Revolutionär. Das H-Dur-Trio op. 8 fällt bereits durch die Wahl der Tonart aus der Tradition. Alle Sätze stehen zudem in H, die ungeraden in Moll. Das heißt, dass das Werk auch in Moll endet, eine Eigenart, die auch die späte, das Klavierwerk beschließende Rhapsodie Es-Dur op. 119,4 aufweist. Ebenfalls war die Idee, ein stürmisches Allegro in den langsamen Satz einzubauen, höchst ungewöhnlich und wäre eher Franz Liszt zuzutrauen gewesen. Dieses Allegro wurde in der Überarbeitung 1890 dann gestrichen, wie auch die Ecksätze unter Beibehaltung von ursprünglichem Themenmaterial größtenteils – und zum Missfallen der Freunde Theodor Billroth und Clara Schumann – neu komponiert wurden.

Diese waren vom zweiten Trio in C-Dur op. 87, dem sperrigsten Werk der Gruppe ebenfalls nicht sonderlich angetan und hätten es lieber gesehen, dass Brahms einen später vernichteten Es-Dur-Satz weiter ausgearbeitet hätte. Tschaikowsky urteilte analog, als Brahms ihm das Werk vorspielte. Der hinzukommende Edward Grieg rettete die Situation, indem er die beiden Kontrahenten zum gemeinsamen Zechen überredete.

Das c-Moll-Trio op. 101 gehört mit den Klarinettenwerken und dem C-Dur Intermezzo in Brahms‘ ungarische Werkregion. Die Besetzung der Budapester Uraufführung mit Brahms, Jenö Hubay und David Popper gibt Hinweise zur Aufführungspraxis. Hubay, wie auch der Uraufführungsgeiger der andern beiden Trios, Joseph Joachim, verwendeten ein prononciertes Vibrato nur zu gezielten Intensivierung des Ausdrucks und spielten sonst wohl recht schlank. Für die heutigen Pianisten stellt der sehr vollgriffige Klaviersatz ein erhebliches Problem dar. Brahms spielte normalerweise Streicher- oder Bösendorfer-Flügel, die im Diskant wesentlich kürzer abklingen und im Bass wesentlich durchhörbarer sind.

Runde Interpretation

Das Trio Sōra macht sehr vieles richtig und beherrscht die Werke souverän. Phrasen werden auf ihre Höhepunkte hin entwickelt. Die Unisoni der Streicher sind lupenrein intoniert. Angèle Legasa vermag am Klavier dank subtiler Pedalisierung zu singen uns hat es nicht nötig, sich ins perkussive Gedonner zu flüchten. Allerdings fällt ihr der Beginn des langsamen Satzes in op. 8 ein wenig auseinander. Etwas unklug war es, die Cello-Fassung des Horn-Trios op. 40 einzuspielen, da das sonnig-optimistische Werk so doch stark an Farbe verliert. Das Cello bleibt hier immer ein Ersatz für den Notfall. Da wäre es sinnvoller gewesen, der frühen Fassung von op. 8 endlich einmal wieder eine Neuaufnahme zu gönnen. Die beiden Streicher vibrieren zwar schlank, aber durchgehend, das jedoch wirkt mittlerweile ein wenig Beaux-Arts-mäßig.

Die Aufnahmetechnik bewegt sich auf hohem Niveau, das Booklet ist luxuriös und verdeutlicht das Anliegen und vermittelt die Auffassung des Trios mit Interviews.

Fazit: Eine sehr gelungene Einspielung der Brahms-Trios, die jedoch keinen Referenzstatus beanspruchen kann.

Thomas Baack [17.05.2024]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Johannes Brahms
1Klaviertrio Nr. 1 H-Dur op. 8 00:35:00
5Klaviertrio Nr. 2 C-Dur op. 87 00:27:54
CD/SACD 2
1Klaviertrio Nr. 3 c-Moll op. 101 00:19:52
5Trio Es-Dur op. 40 für Violine, Horn und Klavier 00:29:38
9Wiegenlied op. 49 Nr. 4 (aus: Des Knaben Wunderhorn) 00:01:43

Interpreten der Einspielung

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