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Mystic Encounters

Ektoras Tartanis
Chamber Music Works

TYXart TXA24190

1 CD • 52min • 2023

14.05.2024

Künstlerische Qualität:

Klangqualität:

Gesamteindruck:

Schon mit sechs Jahren saß er das erste Mal am Klavier, mit zwölf fing er an zu komponieren. Lange arbeitete er als Assistent von Teodor Currentzis. Heute ist der 1987 als Sohn griechischer Eltern in Stuttgart geborene Ektoras Tartanis 1. Kapellmeister am Theater Freiburg und Chefdirigent der Niederbayerischen Philharmonie. Auf dieser CD präsentiert er sich ausschließlich als Komponist, wobei ihm hochtalentierte Sänger und Musiker als Mitstreiter zur Verfügung stehen, die er aus der Arbeit in Freiburg kennt. Ihrem temperamentvollen und kompetenten Vortrag ist es zu danken, dass die noch kaum bekannten Kompositionen den Hörer förmlich überrumpeln.

Archaische Stürme

Nach eigenem Bekenntnis geprägt von griechischer Mythologie und Philosophie verspürt Tartanis eine große Affinität zu den Gedichten Paul Celans und erkennt den gemeinsamen Nenner beider Welten in der Mystik. Die hat in seiner Musik allerdings kaum etwas mit Introversion zu tun, sondern mit momentweise geradezu explosiver Klangentäußerung. Das zeigt sich schon in der das Programm einleitenden Sonate Die verlorene Nereide. Wie würden die durch ihren Gesang betörenden Meeresnymphen, die „das Meer aufstürmen lassen oder es beruhigen konnten“, in unserer heutigen turbulenten Zeit wohl singen? In dem hochvirtuosen Klavierstück, in dem alle technischen und klanglichen Möglichkeiten des Instrumentes ausgereizt werden, machen sie sich jedenfalls sehr lautstark bemerkbar, das Meer tobt unaufhörlich und Ruhepunkte gibt es nur wenige. Was den Klavierpart angeht, ist das nicht wesentlich anders bei der dreisätzigen Sonate Die Horen (Das gute Gesetz – die Gerechtigkeit – der Frieden), hier jedoch setzt das Fagott dem Tastendonner versöhnliche Kantilenen von oft volksliedhafter Einfachheit entgegen.

Metapherngestöber

In einem der Gedichte von Paul Celan ist davon die Rede, dass die Wahrheit als „ein Dröhnen mitten ins Metapherngestöber“ tritt – ein Begriff, der mir seine Lyrik generell zu charakterisieren scheint. Für Tartanis ist diese von vielen als abstrakt und unzugänglich empfundene Poesie offenbar so etwas wie eine zweite Muttersprache: „Ich habe den Eindruck, Musik von Celan zu hören und sie durch Worte greifbar zu machen, wenn ich komponiere“. Das wäre gleichsam die Umkehr der Rollen von Dichter und Komponist. Das „Dröhnen“ ist auch hier ein bevorzugtes Ausdrucksmittel des Klaviers, den Sängern fällt die Aufgabe großer Plastizität der Textgestaltung zu. Michael Borth wird diesem Anspruch in hohem Maße gerecht. Dem Höreindruck nach ist er ein lyrischer Bariton, der sich wie ein Heldenbariton geriert. Aber vielleicht wird ja wirklich einmal ein Wotan aus ihm. Seine Stimmqualität ist jedenfalls überdurchschnittlich, was sich auch der Sopranistin Irina Jae-Eun Park nachrühmen lässt, bei der es aber hinsichtlich der Verständlichkeit Defizite gibt. Paul Drouet arbeitet für zehn, wenn er sein Klavier wie ein großes romantisches Orchester aufrauschen lässt, in Die Horen wirft sich Susanne Keck diesem Klang-Tsunami beherzt entgegen und demonstriert gleichzeitig, was für ein außerordentlich kantables Instrument ein Fagott auch sein kann.

Ekkehard Pluta [14.05.2024]

Komponisten und Werke der Einspielung

Interpreten der Einspielung

• Irina Jae-Eun Park (Sopran)
• Michael Borth (Bariton)
• Susanne Keck (Fagott)
• Paul Drouet (Klavier)