Neuer Kammerchor Berlin
Standing on the Shoulders of Giants
Rondeau ROP6249
1 CD • 62min • 2023
27.03.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Neue Kammerchor Berlin unter Adrian Emans, Preisträger verschiedener Chorwettbewerbe, gibt seine Visitenkarte mit einem vorwiegend angelsächsisch geprägten Debüt-Album ab. Es leidet unter der Crux vieler Debütproduktionen, zu viele unterschiedliche Stilbereiche mit demselben Interpretationsansatz abdecken zu wollen. So wirken Josef G. Rheinberger, Max Bruch und Der Mai ist gekommen in dieser stilistisch von britischer Neo-Romantik geprägten Umgebung doch etwas deplatziert. Dies macht die Aufnahme aber durchaus wegen der Werke von Daniel Elder, Paul Stanhope und anderer zeitgenössischer Komponisten für Chorleiter interessant.
Licht und Schatten
Der Kammerchor Berlin singt durchgehend mit einem relativ weiten, eher langsamen Vibrato, was an englische Kathedralchöre erinnert, aber kein Fehler sein muss, da es durchaus mehr Wärme in den Klang bringt und zu einer weiteren Dynamik verhilft. Allerdings muss bei diesem Ansatz darauf geachtet werden, dass Linien wie beim Nunc dimittis von Thomas Tallis nicht in einem pastosen Sfumato untergehen. Dann wirkt es oft wie ein unterspanntes, etwas eitles Sterben in Schönheit.
Wenn es jedoch die Textverständlichkeit negativ beeinflusst, muss an den Konsonanten gearbeitet werden. Zungen-R und korrektes „th“ wirken hier bei englischen – ersteres auch bei deutschen – Texten Wunder. Jedenfalls geht es nicht an, dass man beim Morgengesang von Max Bruch rätselt in welcher Sprache überhaupt gesungen wird, was vor allem an der Sucht nach großem Klang zu liegen scheint.
Die Soprane sind offenbar nicht befähigt, Einsätze in der Vollhöhe ohne Druck aus einem kopfigen Mezzopiano schnell einschwingen zu lassen. Deshalb klingen sie im Forte ab g2 zu oft unangenehm grell und eng. Schließlich einmal mehr mein Steckenpferd: eingeschobene „h’s“ bei einfachsten Passagen auf einem Vokal. Da steht doch sicherlich ein Legato-Bogen über den Noten und keine Portato-Anweisung?!
Interessante, doch in der Kombination nicht überzeugende Auswahl
Das eingespielte Repertoire aus dem späten 20. und 21. Jahrhundert ist durchweg hörenswert und interessant. Die originellsten Werke sind sicherlich das rockige The Beat oft he Soul von Hentakan Jiwa mit Body Percussion, Wiegenlied im All von Karin Rehnqvist mit vom Band zugespielter Vogelstimme, sowie die Kompositionen von David Elder und Paul Stanhope. John Rutters Five Traditional Songs sind – wie wohl alle seine Bearbeitungen – meisterlich arrangiert und verbreiten einfach gute Laune.
Aufnahmetechnisch hätte man dem natürlichen Hall des Ortes etwas zügeln müssen, da er hier zu einer weitere Belastung für die Textverständlichkeit führt. Die Erklärungen zum Programm hätten sich weniger dem Konzept, sondern mehr der Vorstellung der weniger bekannten Komponisten widmen sollen.
Fazit: Primär für Leiter leistungsfähiger Chöre und Vokalensembles interessant.
Thomas Baack [27.03.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Daniel Elder | ||
1 | Elegy | 00:04:47 |
2 | The Yellow Wood | 00:07:46 |
Josef Gabriel Rheinberger | ||
3 | Messe Es-Dur op. 109 (Cantus Missae) | 00:04:32 |
Paul Stanhope | ||
4 | The Land is Healed - Ban.garay! | 00:05:43 |
Max Bruch | ||
5 | Morgengesang op. 71 Nr. 7 | 00:04:29 |
Justus Wilhelm Lyra | ||
6 | Der Mai ist gekommen | 00:03:45 |
John Rutter | ||
7 | The Girl Left Behind Me | 00:02:03 |
8 | O Waly, Waly | 00:03:18 |
9 | The British Grenadiers | 00:01:55 |
10 | Golden Slumbers | 00:02:38 |
11 | Dashing Away with the Smoothing Iron | 00:02:35 |
Thomas Tallis | ||
12 | Nunc dimittis | 00:03:22 |
Karin Rehnqvist | ||
13 | Wiegenlieder im All | 00:06:57 |
Caroline Shaw | ||
14 | and the swallow (Psalm 84) | 00:04:33 |
Ken Steven | ||
15 | Hentakan Jiwa - The Beat of the Soul | 00:03:43 |
Interpreten der Einspielung
- Neuer Kammerchor Berlin (Chor)
- Adrian Emans (Dirigent)