J.S. Bach
Six Sonatas BWV 1014-1019
Ondine ODE 1446-2D
2 CD • 1h 34min • 2022
14.02.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zuerst soll über die Instrumente gesprochen werden, die diese Doppel-CD mit den Violinsonaten von Bach beherrschen: Herrlich klingt die Geige von Giovanni Battista Rogeri (Brescia 1691) zusammen mit dem Fortepiano, das eine Kopie des von Gottfried Silbermann gebauten Fortepianos aus dem Jahre 1749 ist (von Andrea Restelli nachgebaut). Beide spielen partnerschaftlich zusammen im selben Swing und Schwung. Nur in dem Allegro der Sonate Nr. 6 („Cembalo solo“) vermisst man, obwohl es sehr lebendig gespielt ist, doch das Grundrauschen er eines Cembalos.
Voll pathosgesättigter Intensität
Die beiden Künstler Sirkka-Liisa Kaakinen-Pilch (Violine) und Tulja Hakkila (Fortepiano) sowie das Label Ondine stammen aus Finnland, das Booklet ist zweisprachig gehalten, englisch und finnisch. Aufgenommen sind beide CDs in der mittelalterlichen Kirche im finnischen Karjaa – mir scheint, dass die ersten drei Sonaten an einem ganz anderen Tag aufgenommen wurden als die zweiten drei Sonaten. Auf der ersten CD ist nämlich die Violine ein klein wenig in den Hintergrund gerückt – als wollte sie eigentlich die zweite Geige spielen. Auf der zweiten CD hört sie sich direkt neben dem Fortepiano stehend an – also gleichgewichtiger. Weiters scheint es mir, dass auf der ersten CD die Geigerin etwas verhaltener, zurückgenommener spielt, gleichsam mit angezogener Handbremse. Die h-Moll-Sonate beginnt sie (Track 1) zart und fast zaghaft, wie hilfeflehend und doch voller pathosgesättigter Intensität, aber immer mit wenig Bogendruck. Ihr Spiel möchte ich mit dem Skifahren vergleichen: Sie hat einen eleganten Slalomlauf, drückt nur kurz auf die Kante und lässt dann der Phrase ihren Lauf. Lauf- bzw. spielfreudig ist sie durchaus, man hört ihr die Freude an den hurtig schnurrenden Achteln und Sechzehnteln (Track 4) an und sie macht dabei voll glucksender Spielfreude kleine Freudenhopser. Im letzten Stück dieser ersten CD (Track 12) dann wirkt sie vollends gelöst und spielt mit mitreißender Ausgelassenheit.
Feiner silberfädiger Geigenton
Der Geigenton ist meist fein und silberfädig – auch da, wo man vielleicht mehr Gold und also mehr Expressivität erwarten könnte, so zum Beispiel im Adagio der e-Moll-Sonate (Track 9), wo das Fortepiano die fehlende schmelzende Tonfülle geradezu herauskitzeln möchte.
Wie ausgewechselt erscheint die Geigerin dann in der zweiten CD: Der innig melodische Charakter des 6/8-Siciliano im Kopfsatz der c-Moll-Sonate (Track 1) ist von ihr süß schwelgend mit leichtem Vibrato (das sie sonst immer vermeidet) schön ausgespielt, das Adagio in derselben Sonate (Track 3) klingt leicht schwärmerisch träumend, in die ausdrucksvoll abwärts gerichtete melodische Gebärde des Klaviers im Kopfsatz der f-Moll-Sonate (Track 5) schleicht sie sich sacht hinein und singt dann sonor in tiefen Lagen. Besonders beeindruckend ist dann das Adagio derselben Sonate (Track 7): Die ständigen unrhythmisierten Doppelgriffe hält sie bedeutungsschwer und spannungsreich durch und schafft damit eine melodiöse Gliederung, wo es anscheinend keine Melodie gibt.
Rhythmisch präzise Prägnanz mit Swing-Charakter zeigt die Geigerin im Finalsatz der c-Moll-Sonate (Track4) und elegant tupft sie den eigentlich etwas derben Springtanz im Finalsatz der G-Dur-Sonate hin (Track 13): eben alles wie ausgewechselt im Vergleich zur ersten CD. Ein bisschen rätselhaft bleibt das.
Rainer W. Janka [14.02.2024]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Sonate Nr. 1 h-Moll BWV 1014 für Violine und Cembalo | 00:13:30 |
5 | Sonate Nr. 2 A-Dur BWV 1015 für Violine und Cembalo | 00:14:09 |
9 | Sonate Nr. 3 E-Dur BWV 1016 für Violine und Cembalo | 00:15:04 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Sonate Nr. 4 c-Moll BWV 1017 für Violine und Klavier | 00:17:07 |
5 | Sonate Nr. 5 f-Moll BWV 1018 für Violine und Klavier | 00:18:01 |
9 | Sonate Nr. 6 G-Dur BWV 1019 für Violine und Cembalo | 00:16:27 |
Interpreten der Einspielung
- Sirkka-Liisa Kaakinen-Pilch (Violine)
- Tulja Hakkila (Fortepiano)