Szymanowski
mythes
Music for Violin & Piano
BIS 2652
1 CD/SACD stereo/surround • 68min • 2021, 2022
24.05.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In Polen ist Karol Szymanowski (1882-1937) als eine der wichtigsten Figuren bei der Weiterentwicklung eines nationalen Musikidioms nach der Unabhängigkeit 1918 längst nicht mehr wegzudenken. Im Westen schätzt man eher seine mittlere Schaffensphase, in der er aus seiner Beschäftigung mit griechischer Mythologie und orientalischer Mystik in Verbindung mit harmonischen Neuerungen der Moderne, die den Hörer oft an den späten Skrjabin erinnern, zu einer ganz persönlichen Klangsprache gelangte. Zu den wichtigsten Stücken dieser Zeit gehören die 3. Symphonie, das 1. Violinkonzert, die Klavierzyklen Masques und Métopes und eben auch die drei Mythen für Violine und Klavier.
Traumwandlerische Mythen
Nicht nur wegen ihres ganz außerordentlichen Reichtums an Klangfarben, sondern schon schlicht durch ihren technisch-musikalischen Anspruch an beide Interpreten, gehören die Mythes (1915) zu den bedeutendsten Stücken für diese Besetzung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Entsprechend groß ist mittlerweile die Anzahl an kommerziellen Aufnahmen. Die junge koreanische, schon sehr früh in Deutschland ausgebildete Violinistin Sueye Park geht mit ihrem erfahrenen schwedischen Klavierpartner Roland Pöntinen die Stücke relativ ruhig an, entfaltet mit enormer Tonschönheit gerade die Lyrismen dieser Musik überzeugend. Pöntinen legt mit seinem musikalisch völlig gleichwertigen Klavierpart nicht nur souverän die sehr eigentümlichen, komplexen Klangteppiche aus, sondern verfolgt mit Frau Park die Dramaturgie des ganzen Zyklus in bestechender Einheit. Zwar kommt auch diese Einspielung nicht ganz an die für den Rezensenten – vor allem wegen der kongenialen Begleitung Krystian Zimermans – immer noch unerreichte Darbietung von Kaja Danczowska heran, kann sich aber etwa problemlos mit dem Duo Ibragimova / Tiberghien messen.
An Strauss und Brahms anknüpfende Violinsonate
Die traditionelle, dreisätzige Violinsonate von 1904 knüpft – abgesehen von einigen Merkmalen des jungen Skrjabin – noch deutlich an die Sonaten von Brahms oder Richard Strauss an. Ihre dunkel glühende Leidenschaftlichkeit bringen Park und Pöntinen mit Intensität und perfekter klanglicher Kontrolle wunderbar heraus. Wegen der mal wieder konkurrenzlos guten BIS-Aufnahmetechnik reihen sich die beiden damit sofort in die Spitzengruppe der bald 30 Einspielungen ein. Und auch Notturno e Tarantella, ein echtes Paradepferd der Violin-Kammermusik, gerät mitreißend, der gepflegten akademischen Routine bei Hoelscher / Béroff durchaus überlegen. Hier siegt allerdings im Vergleich die technisch noch beeindruckendere Alina Ibragimova – man höre nur die schnellen Pizzicati der linken Hand.
Wunderbarer Tiefgang
Wie schon bei ihren bisherigen Veröffentlichungen bei BIS, erstaunt die nur knapp über 20-jährige Suyey Park erneut mit sicherem Sinn für musikalischen Tiefgang, der sich besonders schön in den beiden vermeintlich kleineren Stücken zeigt: der Romanze op. 23 und der Berceuse d’Aïtaco Enia mit ihrer unter einer träumerischen Oberfläche steckenden, verstörenden Unruhe. Wer die spannenden Szymanowski-Werke für Violine und Klavier in einer gediegenen Darbietung auf einer CD sucht, darf hier bedenkenlos zugreifen. Der Booklettext ist ebenfalls wieder äußerst gelungen.
Vergleichsaufnahmen: Kaja Danczowska, Krystian Zimerman (DG 431 469-2, 1980); Ulf Hoelscher, Michel Béroff (EMI 7243 4 76924 2 0, 1982); Alina Ibragimova, Cédric Tiberghien (Hyperion CDA67703, 2008).
Martin Blaumeiser [24.05.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Karol Szymanowski | ||
1 | La Fontaine d'Aréthuse op. 30 Nr. 1 (aus: Mythes) | 00:05:50 |
2 | Narcisse op. 30 Nr. 2 (aus: Mythes) | 00:07:28 |
3 | Dryades et Pan op. 30 Nr. 3 (aus: Mythes) | 00:07:57 |
4 | Sonate op. 9 für Violine und Klavier | 00:22:35 |
7 | Romanze D-Dur für Violine und Klavier | 00:06:44 |
8 | Nocturne und Tarantella op. 28 für Violine und Klavier | 00:11:42 |
10 | La Berceuse d'Aïtacho Enia op. 52 | 00:04:24 |
Interpreten der Einspielung
- Sueye Park (Violine)
- Roland Pöntinen (Klavier)