Schumann • Prokofiev
Nenad Lečič
Kaleidos KAL 6361-2
1 CD • 68min • 2021
08.01.2023
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zwei Komponisten, zwei musikgeschichtliche Epochen, die fast ein Jahrhundert auseinander liegen und ein Interpret, der mit seiner engagierten Diktion genau weiß, was er mit seinem Instrument und dem zugrunde liegenden Notenmaterial anfängt. Dies alles bündelt sich auf attraktive Weise bei der Aufnahme des serbischen Pianisten Nenad Lečič für das Label Kaleidos. Robert Schumanns Fantasie C-Dur op. 17 und seine Arabeske C-Dur op. 18 auf der einen Seite, andererseits Sergej Prokofievs siebte Klaviersonate B-Dur op. 83 und ein eher selten gespieltes Werk, Erzählungen einer alten Großmutter, eröffnen Klangwelten, die vordergründig wenig miteinader zu tun haben. Die Romantik von Schumann ist heute eine etwas ferne Welt, wenngleich ihr als Zufluchtsort in unserer hektischen Zeit eine enorme Anziehungskraft innewohnt. Prokofiev bringt gegenüber allen Schöpfungen des 19. Jahrhunderts einen riesigen Entwicklungssprung – allein, wenn es um die Emanzipation von Dissonanzen, Chromatik und auch neuen rhythmischen Strukturen geht.
Aber das mehrmalige Hören erschließt einen Bezug zwischen romantischer Tiefgründigkeit und modernem perkussiven Aufruhr. Vor allem, da sich Nenad Lečič als versiert genug erweist, um durch sein individuell prägende Handschrift ein übergreifendes verbindendes Element erlebbar zu machen. In Schumanns Fantasie in C-Dur wirken die Töne wie gemalt, was in entrückte, unserer lauten, fernen Welt so abhanden gekommene Gefühlstiefen eintauchen lässt. Aber wie Nenad Lečič die Akzente setzt und wie er Crescendi modelliert, das zeigt, wie er die Musik zur Sprache aus dem Heute werden lässt.
Reizvolle Gegensätze
Nach der vielgestaltigen Arabeske von Robert Schumann erfolgt der Zeitsprung ins 20. Jahrhundert: So vieles hat sich weiter entwickelt, hat sich überholt, in Prokofievs Klaviersonate mit der Emanzipationen von Chromatik und Dissonanzen. Die Sonate gehört zu einer Werkgruppe, die während des Zweiten Weltkriegs entstanden sind, diese Siebte wurde sogar als Stalingrad-Sonate bezeichnet. Viele Interpreten lassen hier zur motorischen Raserei hinreißen, allein um des politischen Bekenntnisses wegen. Aber genau das tut Nenad Lečič nicht. Wie er messerscharf die Rhythmen dosiert, wie er Klarheit aufrecht erhält in den Tonballungen, wie er bei aller Spannung lupenreine Transparenz herrstellt – das dient wieder dem Wesenskern dieser Tonsprache, die sinnlich, fortschrittlich und auch in hohem Maße elegant ist.
Eine Überraschung ist der kleine, aber sehr abwechslungsreiche Zyklus Erzählungen einer alten Großmutter. Die vielen lautmalerischen Anspielungen bekräftigen einmal mehr die unverwechselbare Diktion dieses Spielers, bei dem energetische Spiellust immer mit einem hohen Maß an intellektueller Durchdringung und einem hellwachen Bewußtsein für die Dosierung des Klavierklanges einher geht.
Stefan Pieper [08.01.2023]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Robert Schumann | ||
1 | Fantasie C-Dur op. 17 | 00:32:45 |
4 | Arabeske C-Dur op. 18 | 00:06:19 |
Sergej Prokofjew | ||
5 | Klaviersonate Nr. 7 B-Dur op. 83 | 00:18:59 |
8 | Erzählungen einer alten Großmutter op. 31 | 00:09:35 |
Interpreten der Einspielung
- Nenad Lečič (Klavier)