Emile Jaques-Dalcroze
Works for Violoncello & Piano
TYXart TXA22167
1 CD • 42min • 2021
28.06.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der Westschweizer Komponist Emile Jaques-Dalcroze war eine prominente und innovative Figur im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Vor allem als Musikpädagoge und Entwickler einer neuen Rhythmus-Lehre beeinflusste der Zeitgenosse und Freund von Arthur Honnegger führende Persönlichkeiten, etwa den Choreorgraphen Sergei Diaghilew. Er und viele andere Musiker und Literaten pilgerten in die von ihm begründete Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus in der Nähe von Dresden, von dem bis zum Kriegsausbruch 1914 Musikleben viel Ausstrahlung ausging.
Emile Jaques-Dalcroz Tonsprache weist in diesem Kontext verblüffend viel „bewahrende“ Qualitäten auf. Darauf deutet eine jetzt veröffentliche Cello-CD hin – verdienstvoll genug sind diese Ersteinspielungen allemal, um den Komponisten aus der Versenkung heraus zu holen. Die Kompositionen sind von romantischer, melodiöser Diktion, so dass man sich hörend wie in ein kostbares Fin-de-Siècle-Schatzkistchen versetzt fühlt. Ein hochmotiviertes Interpreten-Duo macht auf durchgängig hohem Level deutlich, dass es hier musikalisch viel zu sagen gibt: Pi-Chin Chiens Cellospiel ist von einem warmen, leuchtenden Timbre durchglüht. Spielerisch möchte sie ihr Instrument meist wohl mehr sprechen als singen lassen, worauf die präzise und beherzte Artikulationsfreude in ihrem Spiel hindeutet. Bernhard Parz denkt groß, wenn er spielt, und er lässt den Flügelklang mächtig und orchestral aufblühen.
Leichtfüßige Ausgewogenheit
Ein schwärmerischer Bogen aus tiefster Seele eröffnen die Trois Morceaux op. 48 zu Beginn. Jaques-Dalcrozes Leidenschaft für bewegte Metren lebt in den „Rythmes délaissés“ – aber auch hier gehört eine leichtfüßige Ausgewogenheit zu seinem Anliegen. Spritzig, nicht ohne eine Prise Ironie, die fast schon neoklassizistisch wirkt, versetzen Pi-Chin Chien und Bernhard Parz das vierte Stücke aus dem Zyklus Gaiment animé in Schwingung. Noch mehr virtuose Register mit großer Geste vereint das Duo in einer brillanten Suite, bei der vor allem der rasante Vivace-Schlusssatz, der einer mittelalterlichen Saltarello folgt, heraus sticht. Esquisses, Skizzen, nennt Emile Jaques-Dalcroze den letzten Programmpunkt auf dem Tonträger – und zeigt, dass er auch im Ein- bis Zweiminutenformat jeweils eine kleine, anmutige Welt für sich entstehen lassen kann. Diese Einspielung rettet auf jeden Fall die Musik eines Genius vor dem Vergessen, der in seiner unprätentiösen Tonsprache niemandem etwas beweisen wollte, sondern musikalisch vor allem tief in sich ruhte. Und genau dies trifft hier den – spielerisch reifen – Nerv von Pi-Chin Chien und Bernhard Parz.
Stefan Pieper [28.06.2022]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Emile Jaques-Dalcroze | ||
1 | Lied romantique op. 48 Nr. 1 für Violoncello und Klavier | 00:07:07 |
2 | Sérénade op. 48 Nr. 2 für Violoncello und Klavier | 00:04:11 |
3 | Bagatelle op. 48 Nr. 3 für Violoncello und Klavier | 00:03:06 |
4 | Rythmes délaissés Nr. 1 – Chantant et bien rythmé | 00:02:33 |
5 | Rythmes délaissés Nr. 2 – Commodément | 00:02:11 |
6 | Rythmes délaissés Nr. 3 – Allegretto comodo | 00:02:18 |
7 | Rythmes délaissés Nr. 4 – Gaîment animé | 00:03:40 |
8 | Suite op. 9 für Violoncello und Klavier | 00:12:15 |
12 | Esquisse Nr. 1 für Violoncello und Klavier | 00:01:07 |
13 | Esquisse Nr. 2 für Violoncello und Klavier | 00:02:10 |
14 | Esquisse Nr. 3 für Violoncello und Klavier | 00:01:14 |
Interpreten der Einspielung
- Pi-Chin Chien (Violoncello)
- Bernhard Parz (Klavier)