Georg Abraham Schneider
Three Flute Concertos
cpo 555 390-2
1 CD • 75min • 2020
23.05.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Wie gut, dass man nach einer Lehre als Stadtpfeifer je ein Blechblas-, Holzblas- und Streichinstrument tiptop beherrschen musste. Davon profitierte Georg Abraham Schneider (1770-1839), der selbst ein gefragter Hornvirtuose und ein Pionier des Ventilhorns war, jedoch auch eine erhebliche Anzahl von Werken für die Flöte hinterließ. Die vorliegende Einspielung hilft somit dem immer wieder beklagten Mangel an klassischen Flötenkonzerten an der Wende zur Frühromantik ab. Leider entschied sich Gaby Pas-Van Riedt hier für die moderne Böhm-Flöte.
Ein Hesse am Berliner Hof
Georg Abraham Schneider kam im selben Jahr wie Beethoven in einer anderen Residenz, nämlich in Darmstadt, zur Welt. Er machte eine Lehre als Stadtpfeifer und wurde Mitglied der dortigen Hofkapelle. 1795 wechselte er ins Preußische. Zunächst Hornist im Privatorchester des Prinzen Heinrich, des jüngeren Bruders Friedrichs des Großen, in Rheinsberg, später dann in die Hofkapelle und das Hofopernorchester in Berlin, die er zeitweilig auch dirigierte. Wenn wir uns heute wundern, dass Robert Schumann ein Konzert für 4 Hörner (je 2 mit und ohne Ventile) schrieb, geht diese Besetzung just auf damals populäre Kompositionen Schneiders zurück.
Virtuoser als Mozart
Das G-Dur Konzert op. 12 dürfte noch in Rheinsberg entstanden sein. Es ist konservativ – etwa im Stil Johann Christian Bachs – gehalten. Der Flötenpart ist durchaus virtuos gestaltet. Schließlich wusste man in Preußen um die Leistungsfähigkeit des Instruments. Interessant, dass im Orchester zwei Flöten und zwei Hörner besetzt sind. In den beiden Moll-Konzerten (um 1810/12) ist der Bläsersatz – wie in den späten Klavierkonzerten Mozarts – reicher ausgeführt. In deren Melodik schleicht sich gelegentlich ein wenig Italianità, was bei einem Hornisten der Hofoper nur natürlich ist. Somit handelt es sich für Solisten, die den spieltechnischen Anforderungen gewachsen sind, um durchaus wirkungsvolle Werke.
Solide Interpretation
Gaby Pas-Van Riedt verfügt über alle technischen Voraussetzungen für diese anspruchsvollen Werke, setzte aber auf Sicherheit und entschied sich dafür, die Konzerte auf der modernen Böhm-Flöte einzuspielen. Dies gibt dem Flötenklang eine Ausgeglichenheit, die vom Komponisten womöglich nicht beabsichtigt war, und führt zu einer gewissen Monochromie. Hier wäre ein Instrument mit 7-11 Klappen die bessere Wahl gewesen, da auf diesem subtile Effekte wie Glissando oder das Fingervibrato auf langen Tönen – wie in den zeitgenössischen Schulen (Tromlitz!) gefordert – möglich sind. Speziell im G-Dur-Konzert fehlt mir ein wenig das improvisatorische Element freier Ornamentierung. Auch wird die präzise notierte Artikulation nicht immer genau genug umgesetzt. Töne über d3 klingen teilweise forciert und in ihrem Obertonspektrum unrund. Und schließlich: Staccato bedeutet getrennt, aber nicht akzentuiert. Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Johannes Moesus agiert stilsicher und erhält ein Extra-Lob für seine delikaten Bläsereinwürfe.
Aufnahmetechnisch wurde die Flöte vielleicht ein wenig zu dicht mikrophoniert. Der Booklet Text geht in Ordnung.
Fazit: Eine seitens der Solistin routinierte Aufnahme dreier durchaus interessanter Konzerte ohne die Subtilitäten des klassischen Traverso. Daraus hätte mehr entstehen können. Trotzdem speziell für Flötisten wegen des neu erschlossenen Repertoires ein Pflichtkauf. Ebenso für an der Entwicklung Klassik → Frühromantik Interessierte.
Thomas Baack [23.05.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Georg Abraham Schneider | ||
1 | Konzert a-Moll op. 53 für Flöte und Orchester | 00:24:26 |
4 | Konzert G-Dur op. 12 für Flöte und Orchester | 00:26:36 |
7 | Konzert e-Moll op. 63 für Flöte und Orchester | 00:23:43 |
Interpreten der Einspielung
- Gaby Pas-van Riet (Flöte)
- Württembergisches Kammerorchester Heilbronn (Orchester)
- Johannes Moesus (Dirigent)