Antonín Dvořák
String Quartets Vol. 4
cpo 555 451-2
2 CD • 1h 42min • 2019, 2020
15.11.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Das Vogler-Quartett setzt seine hochgelobte Gesamteinspielung der Streichquartette von Antonin Dvořak mit der vierten Folge fort. Diesmal treffen zwei Werke, deren Partituren vom Komponisten vernichtet wurden und die deshalb in den 1920er Jahren aus dem erhaltenen Stimmenmaterial rekonstruiert werden mussten, auf das Terzett für 2 Violinen und Viola op. 75. Das Streichquartett Nr. 2 in B-Dur weist ähnlich symphonische Proportionen auf wie das noch umfangreichere Quartett Nr. 3, das die Voglers als Hauptwerk ihrer dritten Folge wählten. Es trägt ebenfalls Studiencharakter. Allerdings handelt es sich im B-Dur-Werk um ein Komponieren in kontrapunktischen Strukturen, die ohne wirklich schlagkräftige Thematik ausgebreitet werden. Dies ist, über knapp 50 Minuten gedehnt, etwas ermüdend. Um das Spiel mit Kanons, Vergrößerung und Umkehrung zu erfassen, bedarf es eines Blicks in die Partitur. Die Voglers musizieren dieses Werk durchaus klangschön, können es jedoch aus seiner gewollten Einförmigkeit nicht für den Konzertsaal retten. Allerdings wäre es eine durchaus reizvolle Aufgabe, dieses Stück für Streichorchester mit doppelten Holzbläsern und vielleicht 2 Hörnern zu instrumentieren.
Slawische Schlager
Ganz anders das f-Moll-Quartett op. 9! Hier ist schleierhaft, warum der Komponist es nicht veröffentlichte. Enthält es doch als Mittelsatz einen der geigerischen Hits, den Dvořak später als Romanze op. 11 veröffentlichte. Somit teilt es das Schicksal des D-Dur-Quartetts von Tschaikowsky und desjenigen von Samuel Barber, deren Mittelsätze ja auch als Einzelstücke populärer sind als das komplette Werk. Dieses Quartett sollte auf jeden Fall bekannter werden, da auch der Kopfsatz über eine Volkslied-Melodie, das Valse-melancholique-Scherzo und das furiantige Finale durchaus Effekt machen. Das Terzett für 2 Violinen und Viola op. 75 ist eine Gelegenheitskomposition für Dvořaks Untermieter, der bei einem ebenfalls im Hause wohnhaften Geigenlehrer Unterricht nahm und für den Komponisten höchstselbst, der seine Anfängerjahre als Orchesterbratscher verbracht hatte. Nett, dass die beiden Geiger des Quartetts hier einmal die Rollen tauschen!
Niveau gehalten
Das Vogler-Quartett hält eindeutig das bereits in den vorangegangenen Folgen gezeigte exzellente Niveau, kann jedoch mit dem „Gestrüpp“ des B-Dur-Quartetts weniger überzeugen als mit dessen D-Dur-Schwesterwerk. Dies liegt jedoch ausschließlich an der vertrackten, nicht eigentlich inspirierten Faktur des Stücks und keinesfalls an den Interpreten. Wesentlich erfreulicher ist die trotz musikantischen Zugriffs immer fein ausgehörte und äußerst klangschön gestaltete zweite CD. Hier laufen Tim Vogler, Frank Reinecke, Stefan Fehland und Stephan Forck zur Höchstform auf.
Klangtechnisch gibt es gegen den gleichzeitig warm und transparent eingefangenen Quartettklang keinerlei Einwände. Besondere Hervorhebung gebührt dem klugen Kommentar von Sebastian Urmoneit im Booklet.
Fazit: Die Doppel-CD lohnt vor allem wegen des hinreißend musizierten f-Moll-Quartetts und wegen des Terzetts. Das B-Dur-Quartett ist eine Fundgrube für Studenten des romantischen Kontrapunkts, dürfte den Nebenbei-Hörer jedoch weniger überzeugen. Trotzdem klare Empfehlung.
Thomas Baack [15.11.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonín Dvořák | ||
1 | Streichquartett Nr. 2 B-Dur B 17 | 00:49:12 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Streichquartett Nr. 5 f-Moll B 37 | 00:32:39 |
5 | Terzett C-Dur op. 74 für 2 Violinen und Viola | 00:20:00 |
Interpreten der Einspielung
- Vogler Quartett (Streichquartett)