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Besprechung CD

The Soule of Heaven

Pavans and Almaines by Alfonso Ferrabosco I & II

Coviello Classics COV92108

1 CD • 63min • 2020

29.07.2021

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Nachdem sich das B-Five Recorder Consort bereits erfolgreich mit John Dowland und William Byrd befasst hatte, sind nun deren Zeitgenossen Alfonso Ferrabosco – Vater und Sohn – an der Reihe. Aber vorab, was ist ein Consort? „Consort-Music“ war die Sammelbezeichnung für die besonders kunstvoll in England gepflegte 3-6 stimmige Kammermusik der Renaissance und des Frühbarock. Man unterschied hier den „Whole Consort“ aus Instrumenten der selben Familie vom gemischt aus Gamben, Flöten und unterschiedlichen Zupfinstrumenten gebildeten „Broken Consort“. B-Five ergänzen ihren Whole Consort aus Renaissance-Blockflöten unterschiedlichster Tonhöhe (Sopranino bis Subbass mit Exoten in d, a, g und B) mit einer Laute (Sofie Vanden Eynde), um sowohl in notierter Tonhöhe mit Tenören, Bässen und Groß/Subbass als auch in der geläufigen 4-Fuß-Lage zu musizieren.

Alfonso Ferrabosco d. Ä. ein Urahn James Bonds?

Elizabeth I. lebte gefährlich. Um die vielfachen Verschwörungen katholischer Adliger zu bekämpfen, die die „jungfräuliche Königin“ gern durch Maria Stuart ersetzt hätten, betrieb ihr Innenminister Francis Walsingham ein dichtes Spionagenetz. Da war ein Italiener, der vorher am Hofe des Kardinal Guise (Bartholomäusnacht!) gewirkt und als privater Lautenist direkten Zugang zur Queen hatte, sicherlich nicht über jeden Verdacht erhaben. Jedenfalls musste Alfonso-Padre um 1578 England verlassen. – Seine Kinder Alfonso d. J. und dessen Schwester blieben als Geiseln zurück, erhielten dafür aber eine umfassende Ausbildung. – Glücklich in Paris gelandet, wurde ihm unterstellt, für England zu spionieren. Also über Savoyen retour ins heimische Bologna, wo die Inquisition ihn wegen zu intensiver Kontakte mit dem Protestantismus für drei Jahre ins Gefängnis stecken wollte, aber durch Bestechung davon abgebracht werden konnte.

Ben, Inigo und Alfonso arbeiten am Gesamtkunstwerk

Man kann die englische „Masque“ durchaus zu den Vorläufern der Operette oder vielleicht eher noch der Revue rechnen. Sprechtheater, Gesang, Musik, Tanz und szenische Illusionseffekte bildeten eine Einheit, um den Hof und seine ausländischen Gäste auf das Prächtigste zu unterhalten. Zu Beginn des 17 Jarhunderts hieß das Starteam: Ben Johnson – Shakespeare-Rivale (Drehbuch), Inigo Johns – Architekt und Importeur des Palladio-Stils nach England (Bühne & Spezialeffekte) und Ferrabosco d. J. (Musik).

Die beiden Ferraboschi setzten die internationalen Tanzformen der Zeit (Pavane, Allemande) zumeist in 5-stimmiger Polyphonie und bewegen sich hierin durchaus auf dem Niveau eines Byrd oder Dowland. Dabei erscheinen die Kompositionen des Vaters etwas gemessener, die des Sohnes etwas lebhafter. Eine speziell englische Form ist das „In nomine“. Hier umranken die frei komponierten Stimmen den Cantus firmus Gloria tibi trinitas. Die Geschichte nimmt ihren Anfang in einem 40-taktigen Abschnitt aus der Messe Gloria tibi trinitas von John Taverner (ca. 1520). Diesen fanden die Instrumentalisten Heinrichs VIII. so attraktiv, dass sie ihn als Instrumentalstück transkribierten und ihren Ehrgeiz darein setzten, Taverners Komposition zu übertreffen. Dabei schlug man zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens konnte man den Cantus firmus in großen Notenwerten von einem Anfänger oder adligen Dilettanten mitspielen lassen. Zweitens hatte man so ein Gerüst für alle möglichen satztechnischen Experimente, die man später auch in der freien Fantasie oder in Motetten anwenden konnte.

Ensemblekunst auf höchstem Niveau

B-Five musiziert diese Werke mit blitzsauberer Intonation und bei aller Transparenz für die einzelnen Stimmen wohlgerundetem Gesamtklang. Jedes Stück besitzt den nötigen Zug nach vorn, was in einer naturgemäß langsamen Pavane nicht gerade einfach ist. Je nach Charakter des Stücks wird diminuiert, besonders pfiffig in Track 18. Die Aufnahme gewinnt durch den Einsatz von 22 unterschiedlichen Blockflöten und durch das Mitspielen der Laute von mal einer, mal mehreren Stimmen an Abwechslungsreichtum. Die Artikulation ist präzise und vor allen Dingen zwischen den einzelnen Spielern genau koordiniert, was – gerade wenn langsam ansprechende Boliden wie Subbässe in B und F dabei sind – eines virtuosen Mikrotimings bedarf. Auch die sinnigerweise eingestreuten Stücke für Solo-Laute sorgen für Abwechslung und bringen eine zusätzliche Farbe in den Ablauf. Das kann man anders – mir sind ein paar Staccati zu spitz – aber kaum besser machen.

Das Booklet schwelgt mit einer eigens dafür geschriebenen Kurzgeschichte in Opulenz. Um diese wirklich zu verstehen, sollte man unbedingt zuvor die Tabelle mit den Lebensläufen studiert haben. Die Aufnahmetechnik ist vorbildlich.

Fazit: Eine wunderbare CD mit Musik aus „Merry old England“, so kenntnisreich wie virtuos interpretiert. Für Blockflötisten – besonders wenn sie im Ensemble spielen – ein Pflichtkauf, um Perfektion zu erfahren. Ebenso für Hörer, die neugierig darauf sind, was am Hofe der Tudors und Stuarts zur Shakespeare-Zeit en vogue war, aber auch für diejenigen, die bisher glaubten, dass Kammermusik Streicher und Klavier benötigt. Definitive Empfehlung!

Thomas Baack [29.07.2021]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Alfonso Ferrabosco II
1Almaine Nr. 9 00:02:04
2Dovehouse Pavan a 5 00:04:17
3Preludium 00:00:41
4Almaine Nr. 3 00:00:59
5Four-Note Pavan Hear Me O God 00:04:20
6Almaine Nr. 4 00:02:15
Alfonso Ferrabosco I
7Pavan in c 00:04:46
Alfonso Ferrabosco II
8Pavan Nr. 5 00:04:03
9In nomine I 00:02:26
Alfonso Ferrabosco I
10In nomine Nr. 25 00:01:39
11Pavan Nr. 6 f-Moll 00:03:40
Alfonso Ferrabosco II
12Pavan Nr. 7 (Sharp Pavan) 00:04:48
Alfonso Ferrabosco I
13Allmane 00:00:38
Alfonso Ferrabosco II
14Almaine Nr. 2 00:01:12
15Pavan Nr. 4 00:03:34
Alfonso Ferrabosco I
16Fantasia Nr. 4 00:03:29
Alfonso Ferrabosco II
17Pavan Nr. 8 00:02:57
18Almaine Nr. 10 00:02:01
Alfonso Ferrabosco I
19Galliard Nr. 11 00:01:56
20In nomine Nr. 26b 00:02:30
21In nomine Nr. 24 00:01:54
Alfonso Ferrabosco II
22Almaine Nr. 1 00:01:25
23Pavan Nr. 2 (On Seven Notes) 00:05:30

Interpreten der Einspielung

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