Very British
Sony Classical 19439873312
1 CD • 78min • 2019, 2020
25.07.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die mittlerweile dritte Veröffentlichung des Kammerorchesters Metamorphosen Berlin setzt in mehrfacher Hinsicht die Linie ihrer beiden Vorgänger fort. Nach einem (überwiegend) tschechischen und einem russischen Album steht diesmal Großbritannien im Mittelpunkt, und erneut werden Klassiker des Repertoires aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert (u.a. dem Serenadengenre zugehörig) um Transkriptionen aus der Feder Wolfgang Emanuel Schmidts ergänzt; sogar eine kleine Zugabe ist enthalten.
Klassiker britischer Streichermusik und Charakterstücke
Die drei Hauptwerke der CD sind sicherlich Elgars Streicherserenade, Brittens Simple Symphony sowie Peter Warlocks Capriol Suite. Mindestens die Stücke von Elgar und Britten dürften auch hierzulande als recht bekannt gelten; ungemein attraktive, eingängige Musik aus frühen Schaffensphasen, wobei Brittens Simple Symphony sogar auf Material aus Kinder- und Jugendtagen ihres Schöpfers zurückgreift. Bei Warlocks miniaturhafter Capriol Suite handelt es sich um Arrangements von sechs Tänzen aus dem Jahre 1588, die effektvoll und hier und da mit einer Prise Humor auf das Streichorchester übertragen werden.
Trotz der mehrsätzigen, im Falle von Elgars Serenade ansatzweise zyklischen Anlage können alle diese Werke auch als eine Folge von Charakterstücken betrachtet werden. Insofern erscheinen die bereits erwähnten Transkriptionen als stimmige Ergänzung, denn hier handelt es sich wiederum um neun Charakterpiècen für Klavier bzw. Violine und Klavier von Edward Elgar (darunter so bekannte Stücke wie Salut d’amour und La Capricieuse), die Wolfgang Emanuel Schmidt für Violoncello und Streicher gesetzt hat. Das Resultat ist eine Art Suite, die sich grob an der Chronologie und gleichzeitig an einer sinnvollen Abfolge der Einzelstücke (zum Beispiel in Bezug auf die Tonarten) orientiert. Jede der Transkriptionen für sich ist gut gelungen, höchstens über kleinere Details (wie z.B. die gelegentlichen Tremoli in der Capricieuse, dies ist aber wohl eher eine Frage des Geschmacks) könnte man diskutieren. Am Stück gehört wirken diese gut 30 Minuten allerdings zuweilen etwas gleichförmig.
Sorgfalt im Detail und differenzierte Gestaltung
Insgesamt bestätigt die neue CD das sehr hohe Niveau der bisherigen Veröffentlichungen der Metamorphosen Berlin. Schmidt und sein Kammerorchester musizieren ausgesprochen inspiriert, nuanciert und elanvoll, Schmidt selbst am Violoncello spielt seine Elgar-Transkriptionen mit warmem, klangschönem Ton. Melodische Linien und Spannungsbögen werden klar nachvollzogen, polyphone Strukturen exzellent herausgearbeitet. Bei aller Sorgfalt im Detail (wie Artikulation und Phrasierungen) verlieren die Darbietungen nie die große Linie aus dem Blick und tragen dem Charakter der einzelnen Werke differenziert Rechnung – man vergleiche etwa den romantischen Schmelz in Elgars Serenade (u.a. mit gelegentlichen geschmackvollen Portamenti) mit dem deutlich robusteren Ansatz in Warlocks Suite. Auch die Tempogestaltung weiß zu überzeugen, denn während die schnellen Sätze in der Regel zügig und mit Schwung genommen werden, wird den langsamen Sätzen hinreichend Zeit und Ruhe gegeben, ausdrucksstark und beseelt musiziert, sodass sich die Melodik entfalten und aufblühen kann. Sicherlich kann man manche Einzelheiten nicht zuletzt vor dem Hintergrund der reichlich vorhandenen Vergleichsaufnahmen etwas anders sehen (vielleicht wäre etwa im ersten Satz von Elgars Serenade ein etwas zurückhaltenderer Ansatz der Vortragsanweisung piacevole angemessener), aber hier handelt es sich um Detailfragen, die den exzellenten Gesamteindruck nicht infrage stellen sollen.
Erfreulich ist auch die ausgezeichnete Klangqualität der Aufnahmen, und das flüssig geschriebene, mitunter eher launig gehaltene Beiheft liefert gute Einführungen zu den einzelnen Werken. Alles zusammen eine sehr empfehlenswerte Veröffentlichung.
Holger Sambale [25.07.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Edward Elgar | ||
1 | Serenade e-Moll op. 20 für Streichorchester | 00:12:38 |
4 | Romanze op. 1 für Violine und Klavier | 00:05:17 |
5 | Salut d'amour op. 12 für Violine und Klavier | 00:03:18 |
6 | Mot'Amour op. 13 Nr. 1 | 00:02:26 |
7 | Bizarrerie op. 13 Nr. 2 | 00:03:03 |
8 | Idylle op. 4 Nr. 1 | 00:03:56 |
9 | Rosemary | 00:03:16 |
10 | Carissima | 00:04:19 |
11 | Adieu | 00:02:20 |
12 | La capricieuse op. 17 | 00:05:00 |
Benjamin Britten | ||
13 | Simple Symphony op. 4 | 00:17:45 |
Peter Warlock | ||
17 | Capriol Suite | 00:10:41 |
Karl Jenkins | ||
23 | Palladio | 00:03:53 |
Interpreten der Einspielung
- Metamorphosen Berlin (Ensemble)
- Wolfgang Emanuel Schmidt (Violoncello, Dirigent)