Time Stands Still
John Dowland • Nuno Côrte-Real
Artway Records AWR 020001
1 CD • 52min • 2019
22.05.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der portugiesische Komponist Nuno Côrte-Real (Jg. 1971) war mir bisher kein Begriff, doch diese Adaption von sieben Lautenliedern des Shakespeare-Zeitgenossen John Dowland (1563-1626) hat mich doch sehr neugierig auf seine anderen Arbeiten gemacht. Schon als Arrangeur dieser Gesänge aus der Renaissance hat Côrte-Real gute Arbeit geleistet. Er reichert den Lautenpart, der hier von einer Harfe übernommen wird, mit wechselnden instrumentalen Klangfarben an, ohne die ursprüngliche Form der Lieder anzutasten, und erschließt ihnen damit eine zusätzliche Dimension. Doch das Besondere an dieser Aneignung ist die Einbettung in acht eigene Instrumentalkompositionen, die nahtlos in die Lieder übergehen und sich ihnen in stilistischer Hinsicht, rhythmisch wie harmonisch, anschmiegen, so dass eine vollkommene Symbiose gelingt, die dem Hörer den Eindruck eines organisch Gewachsenen vermittelt. Dabei greift er auf alte Tanzformen zurück, die auch Dowland verwendet hat, etwa die Pavane.
Eindrucksvolle Interpretation
Auch von Dowland übernommen hat er die Gewohnheit, die einzelnen Stücke bestimmten Personen zu widmen, die seinen Weg gekreuzt haben: Komponistenkollegen wie Sérgio Azevedo, António Pinho Vargas, Christopher Bochmann und Eurico Carrapatoso, aber auch die Jazzsängerin Maria João, der Cellist Mats Lidstrom und der Filmregisseur Artur Ribeiro. Ob in diesen Kompositionen auch Material der Widmungsträger verwendet wurde, ist mir nicht bekannt. Das letzte Lied, das dem Album auch den Titel gibt, Time stands still, charakterisiert sinnig das ganze Unternehmen. Tatsächlich rücken hier die Jahrhunderte auf einen Moment zusammen. Und ebenso sinnig ist es, dass Côrte-Real aus einem Thema dieses Liedes das abschließende instrumentale Stück entwickelt, I know not what tomorrow will bring, ein Ausspruch des großen portugiesischen Dichters Fernando Pessoa (1888-1935). Hier treibt die Musik nach der vorangegangenen Ruhe allerdings in sehr stürmische Gewässer.
Die Wiedergabe dieses op. 64 unter Leitung des Komponisten ist eindrucksvoll und berührend. Mit sinnlichem Sopran und emotionaler Dringlichkeit gestaltet Ana Quintans den vokalen Part. Die 11 Instrumentalisten, die das Ensemble Darcos bilden (Streichquintett, Flöte, Klarinette, Harfe, Klavier, Vibraphon und Marimba) setzen sich nicht weniger eloquent für die Musik ein, die sie zum Pulsieren und Glühen bringen.
Ekkehard Pluta [22.05.2021]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Nuno Côrte-Real | ||
1 | Mr. Sérgio Azevedo's Prelude | 00:03:13 |
John Dowland | ||
2 | Come Again, Sweet Love | 00:03:43 |
Nuno Côrte-Real | ||
3 | Mr. António Pinho Vargas his Pavan | 00:03:01 |
John Dowland | ||
4 | Flow My Tears | 00:03:38 |
Nuno Côrte-Real | ||
5 | Mr. Artur Ribeiro's Air | 00:03:16 |
John Dowland | ||
6 | Awake, sweet love | 00:02:21 |
Nuno Côrte-Real | ||
7 | Mr. Mats Lidstrom his Fantasia | 00:03:25 |
John Dowland | ||
8 | I saw my lady weep | 00:05:17 |
Nuno Côrte-Real | ||
9 | Sir Christopher Bochmann his atonal transition | 00:02:09 |
John Dowland | ||
10 | Shall I sue | 00:02:41 |
Nuno Côrte-Real | ||
11 | Mr. Eurico Carrapatoso's Fugue | 00:03:25 |
John Dowland | ||
12 | Weep you no more, sad fountains | 00:04:11 |
Nuno Côrte-Real | ||
13 | Lady Maria João's Improvisation | 00:02:19 |
John Dowland | ||
14 | Time stands still | 00:03:54 |
Nuno Côrte-Real | ||
15 | I know not what tomorrow will bring | 00:05:21 |
Interpreten der Einspielung
- Ana Quintans (Sopran)
- Ensemble Darcos (Ensemble)
- Nuno Côrte-Real (Dirigent)