Arc Romantique
Works by Frédéric Chopin, Ludwig van Beethoven and Franz Liszt
Genuin GEN 20713
1 CD • 78min • 2020
12.11.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Einen „romantischen Bogen“ („Arc romantique“) schlägt Alexey Lebedev auf dieser CD, von Beethovens letzten Sonaten über Chopin zu Liszt. Eine Konzeptplatte also und gleichzeitig eine pianistische Visitenkarte. Lebedev wurde 1980 in St. Petersburg geboren, debütierte mit 14 Jahren, gewann darauf viele europäische Preise, hat 2009-2012 an der Musikhochschule Hannover unterrichtet und ist jetzt Professor an der Kyungsung Universität in Busan (Südkorea).
Bewusst gestaltender Künstler
Alexey Lebedev zeigt sich hier als höchst bewusst gestaltender und klar überlegender Künstler, nicht als „Instinktspieler“. Das hört man schon am kristallklaren Ton der Rechten in den beiden Chopin-Nocturnes, er bleibt da bedächtig-besinnend im Tempo, rückt vor allem im b-Moll-Nocturne jede Modulation nachdrücklich ins rechte harmonische Licht, stellt sie gleichsam aus.
Après une lecture du Dante aus Liszts Années de pèlerinage disponiert er ganz überlegt – allerdings vermisst man dabei ein bisschen das Überbordend-Rauschhafte, das Höllentaumelnde. Man hört das Konstruktive, weniger das Vergessen des Konstruktiven im Spiel.
Ohne Raserei
Noch deutlicher wird das in den beiden Beethoven-Sonaten. Das prestissimo im 2. Satz der E-Dur-Sonate op. 109 gerät nie in die Gefahr, in eine veritable Raserei zu verfallen, wie es zum Beispiel Glenn Gould passiert. Lebedev will keine Einzelheit vernachlässigen, will alles deutlich „zeigen“. So braucht er für diesen Satz fast 3 Minuten (2’53), wo Gould in knapp 2 Minuten durchrast, Rudolf Buchbinder ist da 2’17 schnell, Igor Levit ist ihm mit 2’19 knapp auf der Spur, während der auch viel kalkulierende Alfred Brendel 2’22 braucht. Im Variationssatz gelingen Lebedev berückend-schwerelose Klanggespinste, so dem „lyrischen Mysterium“ (Joachim Kaiser) dieses Satzes nachspürend. Doch in den so unendlich schweren und unendlich langen Trillerpassagen am Schluss gibt’s kein heraufdonnerndes Bassrauschen zusammen mit einem Triller-Forte-Sturm – wie es Michael Korstick in seiner Gesamtaufnahmen aller Beethoven-Sonaten eindrucksvoll demonstriert.
Könnte man diskutieren, ob der zweite Satz der As-Dur-Sonate op.110 rhythmisch schärfer hätte sein können, überzeugt vollends der Fugensatz: Da gewinnt Lebedev, statt nur die großartige Konstruktion vorzuführen oder nur die melodischen Schönheiten auszuspielen, eine schöne Balance zwischen Fugenstrenge und singender Melodik.
Man muss nicht unbedingt Beethoven in die Nähe oder gar ins Zentrum der Romantik rücken: Aber die Umrahmung seiner späten Sonaten durch Chopin und Liszt überzeugen.
Rainer W. Janka [12.11.2020]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Frédéric Chopin | ||
1 | Nocturne b-Moll op. 9 Nr. 1 | 00:05:55 |
Ludwig van Beethoven | ||
2 | Klaviersonate Nr. 30 E-Dur op. 109 | 00:21:04 |
Franz Liszt | ||
5 | Après une lecture de Dante S 161:7 (Fantasia quasi Sonata, aus: Années de pèlerinage duexième année – Italie) | 00:18:27 |
Ludwig van Beethoven | ||
6 | Klaviersonate Nr. 31 As-Dur op. 110 | 00:20:40 |
Frédéric Chopin | ||
10 | Polonaise As-Dur op. 53 (Heroische) | 00:10:00 |
11 | Nocturne cis-Moll op. posth. Browne 49 | 00:04:12 |
Interpreten der Einspielung
- Alexey Lebedev (Klavier)