Die Auferstehung des Erlösers
Easter Cantatas
cpo 555 332-2
1 CD • 77min • 2019
04.05.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ostern ist für die Christenheit das wichtigste Fest im Kirchenjahr: Mit Karfreitag als Gedenktag des Todes Jesu von Nazareth am Kreuz und Ostern als Fest der Auferstehung Jesu Christi beinhalten diese Feiertage den Tiefpunkt im irdischen Leben des Heilands und den Triumph über den durch seine Auferstehung für alle überwundenen Tod. In der evangelischen Kirchenmusik dominieren seit dem 17. Jahrhundert die Passionsmusiken für den Karfreitagsgottesdienst, festliche Oratorien für Ostern sind seltener – so stehen J. S. Bachs drei großen Passionen lediglich ein Osteroratorium gegenüber. Als Grund hierfür benennt der Kommentar im Beiheft dieser Produktion das dramaturgische Potential der biblischen Karfreitagsberichte – ich denke, dass auch der Opfertod Jesu am Karfreitag der evangelischen Anschauung nach der bußfertigen Gemeinde besonders vor Augen geführt werden sollte, damit der Karfreitag den Hauptakzent der Einkehr vor dem eigentlichen Osterfest ausmachen sollte und nicht durch gar zu ausgelassene Osterfreude ins Hintertreffen geraten möchte.
Musik von Komponisten der Generation nach J.S. Bach
Die vorliegende Einspielung vereint Musik zum Osterfest von zwei Komponisten der Generation der Söhne J. S. Bachs, die einerseits in ihrer Leipziger Zeit, wie Bachs eigene Söhne, seine Schüler waren; andererseits als Komponisten die musikalische Entwicklung ihrer eigenen frühklassischen Epoche umsetzten – wiederum wie die Bach-Söhne: Johann Friedrich Agricola (1720-1774), aus dem Fürstentum Altenburg gebürtig, seine spätere Wirkungsstätte war Berlin am Hof Friedrichs II. – sowie Gottfried August Homilius (1714-1785), seit Kindertagen in Dresden ansässig und dort ab 1755 als Kreuzkantor und an der Frauenkirche tätig. Homilius ist Jahrgangsgenosse des Bach-Sohnes Carl Pilipp Emanuel Bach (1714-1788), bei Agricola steht dieses Jahr der 300. Geburtstag an.
Agricola schrieb das Oratorium Die Auferstehung des Erlösers, es erklang erstmalig am Ostersonntag 1758 in der Berliner Petri-Kirche; überdies erklingt zu Einleitung der CD seine Kantate Der Gottmensch jauchzt, wenige Jahre nach seinem Osteroratorium entstanden. Das Oratorium von Homilius trägt den Titel Frohlocket und preiset den göttlichen Held, 1767 komponiert und wahrscheinlich im gleichen Jahr in der Frauenkirche in Dresden aufgeführt.
Michael Alexander Willens setzt sich seit einiger Zeit für vernachlässigte geistliche Musik des 18. Jahrhunderts, insbesondere deutscher Komponisten der Generation der Bach-Söhne ein; in dem Zusammenhang steht auch diese Veröffentlichung. Die Besetzung ist nach den Regeln historisch informierter Aufführungspraxis gewählt. Die Vokalsolisten werden im Chor durch Ripienisten auf drei Frauenstimmen bwz. zwei Männerstimmen aufgestockt, das Orchester ist entsprechend besetzt.
Ein ausgesprochener Personalstil der beiden Komponisten ist nicht erkennbar, zweifellos haben aber beide gewusst, dass ihre jeweiligen Gemeinden repräsentative Musik zum festlichen Anlass wünschten, und diese Erwartung haben sie erfüllt. Dabei durfte auch der dramatische Ausdruck nicht zu kurz kommen – Einschränkungen durch Verbote, dass die Musik nicht „allzu opernhafft herauskommen“ dürfe, wie Vater Bach noch bei seinem Dienstantritt dem geistlichen Regiment von Leipzig geloben musste, wird man keinem der Komponisten dieser Einspielung auferlegt haben.
Repräsentative evangelische Kirchenmusik
Im Vergleich mit den bis heute fest im Leben besonders der evangelischen Kirchengemeinden integrierten Kirchenmusik J. S. Bachs wird man den Werken dieser Einspielung keine Zukunft in österlichen kirchenmusikalischen Musikprogrammen prophezeien können – für eine Einschätzung ihres musikalischen Wertes ist das allerdings auch nicht wichtig.
Freunde der Musik der Zeit zwischen der Epoche J. S. Bachs und den großen, katholisch geprägten Kompositionen der Wiener Klassik erhalten mit dieser CD ein Beispiel, wie repräsaentative evangelische Kirchenmusik neben den Werken C. P. E. Bachs (eines Komponisten mit denen zum mindesten der in Berlin wirkende Agricola sicherlich in Verbindung stand) geklungen hat. Den Interpreten ist Einfühlung in die Musik und Sorgfalt ihrer Darstellung zu bescheinigen.
Detmar Huchting [04.05.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Friedrich Agricola | ||
1 | Der Gottmensch jauchzt (Kantate zum Osterfest) | 00:11:39 |
Gottfried August Homilius | ||
6 | Frohlocket und preiset den göttlichen Held HoWV I.11 (Oratorium auf Ostern) | 00:32:47 |
Johann Friedrich Agricola | ||
16 | Die Auferstehung des Erlösers (Ein musikalisches Gedicht) | 00:32:40 |
Interpreten der Einspielung
- Hannah Morrison (Sopran)
- Rahel Maas (Sopran)
- Bethany Seymour (Sopran)
- Elisabeth Popien (Alt)
- Georg Poplutz (Tenor)
- André Morsch (Bariton)
- Die Kölner Akademie (Ensemble)
- Willi Kronenberg (Cembalo, Orgel, Leitung)