Mendelssohn • Enescu
Octets
BIS 2447
1 CD/SACD stereo • 70min • 2018
16.04.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Streichoktette sind seltene Wesen. Die vorliegende Einspielung vereint das Erstlingswerk dieser Gattung des 15-jährigen Felix Mendelssohn-Bartholdy mit dem Oktett des 19-jährigen George Enescu, der bereits als 7-Jähriger in Wien mit dem Studium von Komposition, Violine und Klavier begann und es am Pariser Conservatoire im Alter von 19 Jahren bei Andé Gedalge, Jules Massenet und Gabriel Fauré abschloss. Damit war er Kommilitone Ravels und der „Groupe des Six“.
Mendelssohns Oktett zählt zu den absoluten Meisterwerken der Kammermusik. Das Gringolts-Quartett und Meta4 haben sich ganz offensichtlich mit der von Louis Spohr in seiner Violinschule dargelegten Streicherästhetik des frühen 19. Jahrhunderts auseinandergesetzt. Das bedeutet, dass sehr präzise artikuliert wird und das Vibrato nur als Ornament verwendet wird. Dies führt zu einer unglaublichen Transparenz, die das Mitlesen in der Partitur überflüssig macht. Meisterlich, das konsequent im Pianissimo gehaltene elfenhafte, von der Walpurgisnacht im Faust inspirierte Scherzo und das extrem flott und doch deutlich genommene Finale. Für mich eine der überzeugendsten Einspielungen des Werks.
„Schrecklich schön oder schön schrecklich“?
Diese beiden Meinungen waren vor der dann schließlich geplatzten Uraufführung des Oktetts von George Enescu im Umlauf. Das Werk ist eine kontrapunktische tour de force von 40 Minuten Dauer, bei der die Sätze nahtlos ineinander übergehen. Bereits das nach einer stürmischen Introduktion über einem Orgelpunkt eingeführte, im Grunde genommen folkloristische Thema erklingt im Oktavkanon zwischen 1. Violine und 1. Viola. Wahrscheinlich die Frucht des Unterrichts bei Gedalge, der selbst ein extrem anspruchsvolles Lehrbuch der Fugenkomposition verfasste. Dessen Einsatz verdankte der Komponist die Annahme des Werks beim Verlag Enoch und seine Uraufführung im Jahr 1909. Andere Stellen wiederum sind rhythmisch hochkomplex. Hinzu kommt eine zyklisch-sinfonische Konzeption, bei der die beiden Mittelsätze die Durchführung und das wie ein Vorbote von Ravels La Valse wirkende Finale die Reprise verkörpern. Interpretatorisch sind zwei Ansätze denkbar: Man kann die durchaus einprägsamen Themen gesanglich betonen und Nebenstimmen entgegen den dynamischen Bezeichnungen spätromantisch in den Hintergrund verbannen, wie es Vilde Frang mit ihrem Ensemble macht. Oder man legt die Struktur offen, wie es in der vorliegenden Aufnahme geschieht und holt das Werk damit vollends ins 20. Jahrhundert. Dadurch ist die Gringolts-Meta4-Interpretation weniger zum kennenlernenden Genusshören geeignet; die süffigere Variante hat allerdings den Nachteil, dass man häufig eher ein Quintett oder Sextett hört.
Aufnahmetechnisch ist Aufnahme bei etwas kühlem Klangbild hervorragend transparent gelungen. Der Booklet-Text informiert ausführlich über Historie und formelle Eigenheiten.
Fazit: Eine gelungene Aufnahme zweier wichtiger Kammermusikwerke. Beim Enescu lohnt unbedingt ein Blick in die Partitur.
Vergleichsaufnahme: Vilde Frang et al. (Warner Classics).
Thomas Baack [16.04.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Felix Mendelssohn Bartholdy | ||
1 | Streichoktett Es-Dur op. 20 | 00:30:45 |
George Enescu | ||
5 | Oktett C-Dur op. 7 | 00:38:08 |
Interpreten der Einspielung
- Gringolts Quartett (Streichquartett)
- Meta4 (Streichquartett)