Orlando di Lasso
Bußpsalmen I-VII • Laudes Domini
cpo 555 264-2
2 CD • 2h 18min • 2018
21.10.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Vor über 15 Jahren legte Gerhard Schmidt-Gaden mit dem Tölzer Knabenchor und der Musicalischen Compagney Berlin eine Gesamtaufnahme der Bußpsalmen von Orlando di Lasso vor, die der bisherigen Aufführungs- und Aufnahmegeschichte wirklich neue Facetten hinzufügte (Capriccio). Einerseits war ein regelrechtes Orchester geboten, besetzt mit Streichern, Bläsern und einem vielfältigen Generalbassinstrumenten; andererseits ließ Schmidt-Gaden Chor und Knaben-Solisten äußerst ausdrucksvoll deklamieren: Das klang mehr nach der späteren Expressivität eines Heinrich Schütz als nach dem puristischen Vokalideal, wie man es sich lange für die Musik der Renaissance vorgestellt hatte.
Nun haben die fünf Sänger der Singphoniker, stellenweise ergänzt durch zwei Gäste, den Zyklus von sieben Bußpsalmen neu eingespielt. Die Produktion ist, wie immer bei cpo, herausragend ausgestattet; der Begleittext etwa wurde von Dr. Bernhold Schmid verfasst, einem erfahrenen Herausgeber der Lasso-Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Auch die Klangtechnik vermittelt souverän zwischen Fülle und Transparenz, die vorteilhafte Akustik der Himmelfahrtskirche München-Sendling wurde überaus natürlich eingefangen. Schließlich sind die Interpretationen durch die Singphoniker wirklich ausgereift: Dass mikroskopisch sauber intoniert wird, dass der Gesamtklang homogen ist, dass deutlich gesprochen wird, ist selbstverständlich. Vor allem aber gestalten die einzelnen Sänger ihre Stimmen voller Verständnis für den Ausdrucksgehalt des jeweiligen Momentes wie auch der Funktion für das gesamte polyphone Geflecht.
Rein sachlich ist also hier eine Empfehlung fällig. Es ist auch keine Einschränkung der Bewertung, wenn man darauf verweist, dass die eingangs genannte Aufnahme von Schmidt-Gaden kontrastreicher ist, was es erleichtert, den Zyklus als Ganzes anzuhören – was wiederum, zugegeben, seitens des Komponisten nicht unbedingt intendiert war. Zwar sorgt die Sopranistin Helene Grabitzky beim fünften und siebten Psalm mit ihrer leicht ansprechenden und leuchtenden Höhe für Abwechslung; und die fünf bis sieben Sänger deklamieren durchwegs mit Kraft und können Finalsteigerungen somit eindrucksvoll gestalten. Aber mit der bisweilen dramatischen Sogwirkung und dem, wiederum zugegeben, bisweilen äußerlichen Klangrausch Schmidt-Gadens können sie naturgemäß nicht mithalten. Diese Aufnahme der Singphoniker stellt vielmehr, nach Innen wirkend, in kammermusikalischer Intimität das reine Konzentrat der Kompositionen Lassos vor. Wer es sich leisten kann, sollte beide Aufnahmen in seine Bibliothek aufnehmen – diese Werke, die zum Kanon musikalischer Weltliteratur gehören, kann man ohnehin nie genug hören.
Vergleichsaufnahme: Tölzer Knabenchor; Musicalische Compagney, Gerhard Schmidt-Gaden (Capriccio, zwei Einzel-CDs, 2003/2005).
Prof. Michael B. Weiß [21.10.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Orlando di Lasso | ||
1 | Primus psalmus poenitentialis (Domine, ne in furore tuo arguas me, Psalm 6) | 00:12:55 |
6 | Secundus psalmus poenitentialis (Beati quorum remissae sunt iniquitates, Psalm 32/31) | 00:17:50 |
11 | Tertius psalmus poenitentialis (Domine, ne in furore tuo arguas me, Psalm 38/37) | 00:25:30 |
16 | Quartus psalmus poenitentialis (Miserere mei, Deus, secundum magnam misericordiam tuam) | 00:20:41 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Quintus psalmus poenitentialis (Domine, exaudi orationem meam) | 00:25:43 |
8 | Sextus psalmus poenitentialis (De profundis clamavi ad te) | 00:07:49 |
10 | Septimus psalmus poenitentialis (Domine, exaudi orationem meam) | 00:15:08 |
15 | Laudes Domini | 00:11:49 |
Interpreten der Einspielung
- Die Singphoniker (Gesangsensemble)