Johann Strauß
Eine Nacht in Venedig
cpo 555 235-2
1 CD • 78min • 2018
01.04.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der hier vorliegende Mitschnitt aus der Grazer Oper enthält die vollständige Musik von Johann Strauß, verzichtet aber auf die Dialoge. Das spart eine CD und wäre zu verschmerzen, wenn man einmal davon ausgeht, dass in den Audio-Versionen von Bühnen-Operetten die gesprochenen Texte oft einen Schwachpunkt darstellen. Im Falle von Eine Nacht in Venedig jedoch ist das verwickelte Karnevalstreiben mit den vielen Verkleidungen und Rollenwechseln (und etlichen reinen Sprechrollen) ohne gesprochene Übergänge nicht nachzuvollziehen. Die aneinander gereihten Musiknummern stehen in einem dramaturgisch luftleeren Raum.
Problematisch ist auch die Wahl der Bearbeitung, die Ernst Marischka und Erich Wolfgang Korngold dem Werk, einem klassischen Beispiel aus der Goldenen Ära der Operette, haben angedeihen lassen. Sie entstand 1923 und wurde ganz auf Richard Tauber zugeschnitten, der damit seine große Karriere in diesem Genre begann. Der Operettengott hieß damals Franz Lehár, während Johann Strauß als Legende aus einer versunkenen Epoche wahrgenommen wurde. Die Annäherung an den Zeitgeschmack der 20er Jahre bringt für das heutige Publikum aber keinen künstlerischen Gewinn, da uns Strauß – man denke nur an die Wiener Neujahrskonzerte! - wieder viel näher ist als Lehár. Korngold hat an der Instrumentation „gefeilt“, wie er schreibt, um den Klang „pikanter“ zu machen, aber er hat ihn dadurch nur verdickt, opernhaft aufgeplustert, und der Musik damit viel von ihrer südländischen Leichtigkeit genommen.
Die Produktion macht der Grazer Oper durchaus keine Unehre, eine Repertoirelücke füllt der Mitschnitt gleichwohl nicht. Auch wirft die im Gesamten überzeugende Ensembleleistung in der Besetzung einiger Partien Fragen auf. Wenn man in der Rolle des Fischermädchens Annina (in der historischen EMI-Aufnahme unter Otto Ackermann immerhin von Elisabeth Schwarzkopf gesungen) eine Soubrette einsetzt, nivelliert man den Unterschied zu der dasselbe Stimmfach singenden Zofe Ciboletta. Und in der Buffo-Rolle des Makkaronikochs Pappacoda scheint uns der Bariton Ivan Oreščanin beweisen zu wollen, dass er sonst Partien wie Don Giovanni oder Enrico (Lucia di Lammermoor) singt. Mit zwei überdurchschnittlichen Tenören, Lothar Odinius (Herzog) und Alexander Geller (Caramello), kann man in Graz aber deutlich punkten. Marius Burkert ist ein sehr erfahrener Operettenkapellmeister wie man von seinen cpo-Aufnahmen aus Bad Ischl weiß, aber er braucht hier eine ganze Weile, bis er die Grazer Philharmoniker aus dem schwerblütigen Korngold-Sound in eine echte Straußsche Beschwingtheit überführt.
Ekkehard Pluta [01.04.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Strauß (Sohn) | ||
1 | Eine Nacht in Venedig (Fassung von Erich Wolfgang Korngold und Ernst Marischka) | 01:18:20 |
Interpreten der Einspielung
- Lothar Odinius (Herzog Guido von Urbino - Tenor)
- Götz Zemann (Bartolomeo Delaqua - Bariton)
- Elisabeth Pratscher (Barbara Delaqua - Sopran)
- Alexander Geller (Caramello - Tenor)
- Ivan Oreščanin (Pappacoda - Bariton)
- Sieglinde Feldhofer (Ciboletta - Sopran)
- Stefanie Hierlmeier (Agricola Barbaruccio - Alt)
- Dominika Blazek (Constantia Testaccio - Mezzosopran)
- Sangyeon Chae (Herold - Bariton)
- Chor der Oper Graz (Chor)
- Grazer Philharmonisches Orchester (Orchester)
- Marius Burkert (Dirigent)