Ramon Lazkano
Piano Works
Kairos 0015041KAI
1 CD • 69min • 2018
27.03.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Zeitgenössische Musik überwindet spielend geografische, politische und kulturelle Grenzen, weil die Protagonisten untereinander Kontakte pflegen, sich vernetzen. Zugleich spiegelt das Schaffen der zahllosen Gegenwartskomponisten auch immer regionale Kulturen wieder. Ramon Lazkano kommt aus dem Baskenland - und so tragen seine Klavierstücke nicht selten Titel in seiner Heimatsprache, die vor allem in Spanien oft verfolgt und diskriminiert wurde. Eine Suite mit dem Titel Laugarren Bakarrizketa bedient sich, anspielungsreich und in abstrakte Fragmente verpackt, der typischen Rhythmik baskischer Tanzstücke. Von solchen Prägungen ausgehend, bricht der Komponist zu viel intellektuelleren, klangforscherischen Horizonten auf. Es geht dem Basken vor allem um die Behandlung und Erforschung des reinen Klangereignisses auf den 88 weißen und schwarzen Tasten, die wiederum sehr komplexe Schwingungen in allen erdenklichen Aggregatzuständen, Energieleveln und Mischungsverhältnissen freisetzen, wenn man es ihnen nur erlaubt. Und das tut Alfonso Gomez auf der vorliegenden Kairos-CD, wenn er als ungemein versierter pianistischer Klangzauberer die unterschiedlichen klanglichen Versuchsanordnungen in Latzkanos Kompositionen plastisch erfahrbar macht. Bei allem Forschergeist und allem Mut zur unvorhersehbaren Offenheit, muten diese Ansätze verblüffend plausibel an, was diesem Tonträger eine gut durchhörbare Dramaturgie verleiht. Gestenreiche filigrane Tongebilde und expressionistische Ausbrüche begegnen sich zunächst in einem „Solokonzertes“ - oder nennen wir es lieber Dialog mit einem hier ebenso wuchtig und eruptiv aufspielenden Bilbao-Sinfonieorchester!
In vielen Stücken wird auch bei zunehmendem Hören jene Kunst der Reduktion, jener Wille zum frei assoziativen Atmen offenbar, der sich aus metrischen Festlegungen völlig befreit und Einflüsse von John Cage oder Morton Feldman aufzeigt. Gomez weiß den Flügel mit entsprechendem Klangsinn zu behandeln, so dass sich Farben mischen und neue perkussive physische Möglichkeiten ausgelotet werden. Lazkano und Gomez bilden hier ein gutes Team, um aus den vielfältigen Ideen eine wechselvolle Dramaturgie zu schöpfen. Aus kargen Zweitonmotiven brechen schillernde Klangflächen hervor. Introvertierte Momente gehen mit brachialen Ausbrüchen einher. Trickreich ausgeführte rhythmische Zellen leben wie in einem Mikrokosmos in ansonsten frei gestalteten Abläufen. Manchmal brandet dieses Spiel drohend, bedrohlich auf, wenn Cluster zu brodelnden Unmassen verwirbelt werden - diese Musik will physisch sein und gebärdet sich unmittelbar. Und sie scheint sich über alle Versuche einer Domestizierung und Zivilisierung durch formale Konventionen freigeistig zu erheben.
Aus dem Booklet geht hervor, dass Lazkano seine Kompositionen gerne von jungen Spielerinnen und Spielern zur eigenen Horizonterweiterung gespielt wissen möchte. Ein guter Appell, denn gerade bei der Jugend ist Abenteuerlust doch ein naturgemäßer, förderungswürdiger Zustand!
Stefan Pieper [27.03.2019]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ramon Lazkano | ||
1 | Hitzaurre Bi | 00:16:00 |
3 | Petrikhor | 00:16:59 |
4 | Zintzilik | 00:01:40 |
5 | Laugarren Bakarrizketa | 00:12:29 |
6 | Bras dessus bras dessous | 00:01:06 |
7 | Ilargi Uneak | 00:10:35 |
10 | Presencia | 00:03:40 |
11 | Zortziko | 00:01:49 |
12 | Gentle Sway | 00:01:41 |
13 | Suziri | 00:02:43 |
Interpreten der Einspielung
- Alfonso Gómez (Klavier)
- Marta Zabaleta (Klavier)
- Ramon Lazkano (Klavier)
- Bilbao Symphony Orchestra (Orchester)
- Ernest Martínez Izquierdo (Dirigent)