Andrejs Selickis
Paradisus vocis
Ondine ODE 1327-2
1 CD • 60min • 2018
21.12.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Der 1960 geborene lettische Komponist Andrejs Selickis hat sich ganz der religiösen Musik verschrieben. Arvo Pärt wurde ihm Mentor und Vaterersatz, nachdem sein leiblicher Vater früh verstorben war. Seine Musik schöpft aus dem großen Born des Gregorianischen Chorals und der slawisch-byzantinischen Kirchenmusik: die Geburt der Musik aus der Religion.
Sein Freund ist Sigvards Kļava, Leiter des Latvian Radio Choir. Diese CD mit dem programmatischen Titel „Paradisus vocis“, das heißt: Paradies der Stimme oder des Klangs, ist das Ergebnis dieser künstlerischen Freundschaft. Die begann 2012 mit der Litany to Mother Teresa, die in der Mitte dieser CD steht. Sie ist das längste Stück und als eines der wenigen Stücke instrumental begleitet mit lastenden und liegenden Akkorden, was die Sinfonietta Riga tadellos macht. Die endlosschlangengleich wiederholten Anrufungen Jesus‘, der Heiligen Dreifaltigkeit, der Jungfrau Maria und der Mutter Teresa steigern sich gegen Ende sehnsüchtig und sanft ekstatisch in eine Anrufung der lettischen Nation.
Angeschlagene Glöckchen – ein Verweis auf den „Tintinnabuli-Stil" von Arvo Pärt? – spielen oft eine Rolle, so auch in dem titelgebende Paradisus vocis, das Selickis selber so beschreibt: „Paradisus vocis ist eine Sehnsucht – und ein Aufruf, ein Appell – den Klang genauso zu schützen wie die Natur. Es drückt aufrichtigen Glauben an das ewige Leben aus sowie die apokalyptische lichterfüllte Hoffnung auf die versprochene Glückseligkeit.“ So, als Ahnung der Ewigkeit, klingt es auch.
Tief beeindruckend und nachhallend ist das einzige Werk dieser CD mit lateinischem Text, die Passions-Hymne O crux christi, die mit Glöckchen und Pauken begleitet ist – eine ganz aparte Zusammenstellung. Insgesamt drängt sich aber die Religion immer vor die Musik, das strengt das Hören bisweilen doch an.
Über die baltischen Chöre kann man nur Wunderdinge sagen, der Latvian Radio Choir gehört auch dazu: Er überzeugt, ja überwältigt mit schier für unmöglich gehaltener Reinheit der Chorstimmen und mit der absoluten Reinheit der Akkorde, die nach außen strahlen und nach innen glimmen, so dass jeder Harmoniewechsel ein Ereignis wird. Eine Einstimmigkeit – die hier sehr oft vorkommt und als wesentliches Element des christlich geordneten Kosmos verstanden werden kann – ist da wirklich einstimmig ohne jegliches Nebengeräusch, eine Oktav ist so sauber, dass sie wie eine Prim wirkt, die Frauenstimmen schweben überirdisch leicht und die Männerstimmen sind innig-sanft. So ein Chorklang ist der Wunschtraum eines jeden Chordirigenten.
Rainer W. Janka [21.12.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Andrejs Selickis | ||
1 | From My Youth | 00:04:22 |
2 | Paradisus vocis | 00:15:05 |
3 | My Soul is Yearning for Heaven | 00:03:27 |
4 | Cherubic Hymn | 00:05:41 |
5 | Litany to Mother Teresa | 00:16:54 |
6 | We Sing to Thee | 00:03:36 |
7 | O Crux Christi! | 00:07:05 |
8 | Hymn to Light - Christ | 00:04:12 |
Interpreten der Einspielung
- Latvian Radio Choir (Chor)
- Sinfonietta Riga (Orchester)
- Sigvards Kļava (Dirigent)