Kalevi Aho
Timpani Concerto • Piano Concerto 1
BIS 2306
1 CD/SACD stereo/surround • 60min • 2017
28.09.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Von Kalevi Ahos Musik wird man mit jedem Stück aufs Neue überrascht, und der kapriziöse Erfindungsreichtum des Finnen, der – im kommenden Jahr siebzig Jahre alt – fast allen Zeitgenossen rein handwerklich turmhoch überlegen ist, zieht jeden wachen, unvorbelasteten Hörer in seinen Bann. Verfechter der ‚Avantgarde‘-Ideologie mögen sich zwar von den offenkundig tonalen Elementen in Ahos Musik in ihrer Fortschritts-Esoterik gestört fühlen, und die Mainstream-Neue-Musik-Festivals schließen selbstverständlich prophylaktisch aus, dass „so einer“ den sterilen Laden der Geräuschpropheten durcheinander wirbelt, doch wer sich nicht in den peinlichen Staubstuben der vertrockneten Ideologien außerhalb des Musikalischen als geistiger Warmduscher profilieren möchte, kann bei Aho voll auf seine Kosten kommen, wenn er das wagemutige musikalische Abenteuer jenseits der Beziehungslosigkeit der selbsternannten Frontkämpfer sucht.
Hier werden, fulminant dargeboten und klanglich exzellent dokumentiert, zwei Werke aus verschiedenen Phasen des Œuvres des Komponisten als CD-Premièren vorgestellt: das 1. Klavierkonzert von 1988-89 und das Paukenkonzert von 2015. Aho gelingt es tatsächlich, ein echtes Paukenkonzert zu schreiben, bei dem die 5 Pauken von Ari-Pekka Mäenpää in wahrhaft solistischer Manier in einem Tonumfang von 2 Oktaven durchaus fesselnd im Vordergrund agieren. Das fünfsätzige Werk mit zyklischem Aufbau endet mit dem Rückgriff auf den introvertiert verhaltenen Barcarola-Beginn. Die Pauke ist sowohl als Melodieinstrument als auch als Träger eines erstaunlichen Klangfarbenreichtum eingesetzt. Zwischen zwei Interludien (einem Andante-Intermezzo und dem ein wenig Passacaglia-artigen Mesto) entfaltet ein Allegro ritmico, in welchem die Pauken in lebhafter Wechselbeziehung mit der Schlagzeuggruppe agieren, orientalische Rhythmik von tänzerischer Ekstase. Auch in den anderen schnellen Teilen (also im Kopfsatz und Finale) wird der Solist extrem gefordert. Er macht seine Sache glänzend, und wir dürfen hoffen, dass andere antreten werden, die ihn noch an Bravour überbieten wollen. Das wird nicht leicht.
Das 1. Klavierkonzert stellt Aho als den ‚Stilpluralisten‘ aus dem Bilderbuch vor, als den ihn die finnische Musikgeschichtsschreibung gern sehen würde, um ihn endlich einordnen und ad acta legen zu können. Der Kopfsatz (bei weitem am längsten) ist turbulent und bezieht beinahe trivial groteske Momente ein (das Lion’s Roar setzt diesem Aspekt die bizarre Krone auf), wie dies auch in der 8. Symphonie (‚Hänschen klein‘) und in Ahos phänomenaler Oper Das Leben der Insekten der Fall ist. Dass diese Musik bezüglich der intervallischen Struktur äußerst komplex durchorganisiert ist, käme dem Hörer dabei wohl kaum in den Sinn. Auch hier sind die Herausforderungen an die Solistin Sonja Fräki, die sie beeindruckend meistert, immens. Das Turku Philharmonic Orchestra begleitet sie unter der soliden Leitung von Eva Ollikainen, wogegen im Paukenkonzert Erkki Lasonpalo ein exakter Anführer ist. Das 1. Klavierkonzert durchläuft äußerst wechselhafte Aggregatszustände, die letzten zwei Sätze – eine recht irrwitzige Toccata und ein gelegentlich fast improvisatorisch wirkender langsamer Satz – gehen ohne Unterbrechung ineinander über, das Werk endet überraschend lyrisch und wie mit einem Fragezeichen. Fragen wir uns also vergnügt, mit was uns Kalevi Aho als nächstes überraschen wird.
Christoph Schlüren [28.09.2018]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Kalevi Aho | ||
1 | Konzert für Pauken und Orchester | 00:28:13 |
6 | Konzert Nr. 1 für Klavier und Orchester | 00:31:16 |
Interpreten der Einspielung
- Ari-Pekka Mäenpää (Pauken)
- Sonja Fräki (Klavier)
- Turku Philharmonic Orchestra (Orchester)
- Erkki Lasonpalo (Dirigent)
- Eva Ollikainen (Dirigentin)