The Secret Mass
Choral Works by Frank Martin & Bohuslav Martinů
OUR Recordings 6.220671
1 CD • 64min • 2017
26.04.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Welch reizvolle Idee, Werke zweier 1890 Geborener mit nur um einen Buchstaben verschiedenen Nachnamen auf einer SACD zu präsentieren, nämlich Frank Martin und Bohuslav Martinu! Der Titel bezieht sich auf das Faktum, dass Frank Martin um seine in den zwanziger Jahren komponierte Messe solch ein Geheimnis machte, dass diese erst 1962 nach vielem gutem Zureden uraufgeführt werden konnte. Obwohl sie aufgrund der weitestgehend modalen, impressionistisch-archaisch gefärbten Harmonik mit einigen strawinskiesken rhythmischen Zuspitzungen den Ersthörer spontan begeistert, gehört sie – wie auch die Deutsche Motette von Richard Strauss und so einiges von Max Reger – zu den Werken, die schon aufgrund des geforderten immensen Stimmumfangs (2. Bass bis D, 1. Sopran bis c‘‘‘) extrem intonationssicheren (semi)professionellen Ensembles vorbehalten bleiben müssen. Strauss standen hierfür die Opernchöre in Wien und Berlin zur Verfügung, aber kaum jemand hätte damals die knapp halbstündige Ordinariumskomposition eines Newcomers riskiert. Wäre ich Leiter eines solchen Ensembles, würde ich zur Vorstellung des Werkes die süffigere Referenzaufnahme des BR-Chores verwenden, zum intensiven häuslichen Studium aber die hier vorliegende interpretatorisch zumindest gleichwertige, dabei wesentlich transparentere Version empfehlen.
Martins sängerisch noch anspruchsvollere 5 Gesänge des Ariel mit streckenweise vierfacher Teilung der Stimmgruppen von 1950 sind in ihrer erweiterten Tonalität seinem In terra pax verwandt, geben sich somit beim ersten Hören klanglich spröder. Es handelt sich hierbei um Monologe des Luftgeistes Ariel aus Shakespeares Sturm. Dankenswerterweise kann auf dem Web-Auftritt der Universal-Edition eine Probepartitur des Werks eingesehen werden, was das konzentrierte Zuhören ungemein erleichtert. Hier gelingt dem Danish National Vocal Ensemble eine meisterliche Referenzinterpretation mit klarer Diktion, makelloser Intonation und von wohlgerundetem Klang. Amüsant die chromatischen Vokalisen des Bienenschwarms in Where the bee sucks, die den von den Unterstimmen vorgetragenen Monolog immer wieder stören, das Hundegebell in Come unto this yellow sands und die Glocken in Five fathoms deep.
Die 4 Lieder über Maria (1934) und die „Romanze des Löwenzahns“ (1955) von Bohuslav Martinu sind eng mit dessen Liebe zur tschechischen Heimat verknüpft. Die vertonten Texte sind entweder mährische Volkslieder oder nutzen in der Romanze deren Duktus. Melodik und Rhythmik orientieren sich an westslawischer Folklore, die Harmonisierung changiert zwischen Archaismen im Stil der englischen Renaissance und impressionistischen Fortschreitungen.
Bei den klanglich durchaus gelungenen Interpretationen dieser selten eingespielten und somit hier nahezu unbekannten, folkloristisch beeinflussten Werke fehlen mir die Affinität zur tschechischen Sprache und die musikantische Agogik. Sie erschienen mir bereits beim ersten Anhören zu gepflegt madrigalesk und in der Diktion zu verwaschen. Der Unterschied zu Muttersprachlern wurde mir aber erst deutlich, nachdem ich die Supraphon-Aufnahmen der exzellenten Martinu Voices(Lieder), die mit wesentlich klarerer Diktion aufwarten, und des Kühn-Chors (Ballade), der stimmlich mehr slawische Vibranz bei etwas weniger präziser Intonation einbringt, zum Vergleich gehört hatte.
Klangtechnisch ist die Aufnahme superb, natürlich, direkt, transparent und ohne zusätzlichen Kunsthall. Das eine Handvoll Sopran-Stellen zur Schärfe neigt, ist den Komponisten zuzuschreiben (b‘‘ und c‘‘‘ bedürfen der Orchestergrundierung). Das Booklet ist höchst informativ, aber leider nur Englisch. Die tschechischen Texte liegen ebenfalls nur in vorangestellter englischer Übersetzung vor. Daher der Punktabzug hinsichtlich der Präsentation.
Vergleichsaufnahmen: Martin: Chor des Bayerischen Rundfunks, Dijstra; BRKlassik - Martinu: Lieder, Martinu Voices, Supraphon SU 4237-2; Romanze, Milada Čejková, Kühn Mixed Choir, Supraphon SU 3925-2
[26.04.2018]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Frank Martin | ||
1 | Messe C major for Double Choir a cappella | 00:27:19 |
Bohuslav Martinů | ||
6 | Annunciation | 00:01:59 |
7 | The dream | 00:02:05 |
8 | The Virgin Mary's breakfast | 00:03:22 |
9 | The painting of the Virgin Mary | 00:04:36 |
Frank Martin | ||
10 | Come unto these yellow sands (aus: Fünf Ariel. Cinq pièces de La tempête de Shakespeare) | 00:01:34 |
11 | Full fathom five (aus: Fünf Ariel. Cinq pièces de La tempête de Shakespeare) | 00:03:30 |
12 | Where the bee sucks, there suck I (aus: Fünf Ariel. Cinq pièces de La tempête de Shakespeare) | 00:01:02 |
13 | Before you say "come and go" (aus: Fünf Ariel. Cinq pièces de La tempête de Shakespeare) | 00:04:26 |
14 | You are three men of sin (aus: Fünf Ariel. Cinq pièces de La tempête de Shakespeare) | 00:01:11 |
Bohuslav Martinů | ||
15 | Romance from the Dandelions | 00:12:42 |
Interpreten der Einspielung
- Danish National Vocal Ensemble / DR (Chor)
- Marcus Creed (Dirigent)