Polonaise
Yaara Tal
Sony Classical 88985446942
1 CD • 65min • 2016
02.09.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Söhne bedeutender Väter haben es schwer. Entweder machen sie etwas ganz anderes oder gehen ganz anderswo hin. Franz Xaver Mozart machte das eine halbherzig und das andere ganz: Weil er nur vier Monate vor dem Tod des Vaters geboren wurde, konnte er diesen nie kennenlernen. Doch die Mutter Constanze erlegte dem Sohn auf, ebenso ruhmreich zu werden wie der Vater. Franz Xaver wurde Musiker, ging aber mit 17 Jahren als Klavierlehrer nach Galizien, übersiedelte mit der Arbeitgeber-Familie schließlich wieder nach Wien und starb 1844 in Karlsbad.
In Galizien komponierte er einige Polonaisen, genauer gesagt Polonaises mélancoliques. Mit dieser Bezeichnung ist die Grundhaltung dieser Klavierwerke benannt: Melancholie. Doch schon ein zeitgenössischer Rezensent bemerkte, man dürfe „nicht gerade eine finstere Schwermuth oder eine düstere Leidenschaft in wilder Unruhe darin erwarten, sondern nurmehr eine sanfte, gemäßigte Melancholie oder doch eine solche, die mit süßeren Empfindungen wechselt.“ Nur ganz selten rafft sich eine Phrase zu ritterlichem Schwung auf, der sonst diese Tanzform prägt.
In der Tat sind alle Polonaisen in Moll gehalten und haben einen durchwegs melancholischen Sehnsuchtston, sind stark melodiebetont, jedoch darin erstaunlich vielgestaltig und dazu abwechslungsreich in Rhythmus und Klang: Sie haben einen eigenen Ton und weisen schon stark in die Romantik – der Sohn Mozart hatte eine eigenständige Musik gefunden und sich vom übermächtigen Vater abgehoben.
Yaara Tal widmet sich diesen Polonaisen mit liebevoller Zuwendung, nimmt sie vollkommen ernst, spielt rhythmisch straff und kostet die Klangfinessen aus.
Durchaus reizvoll ist dann die Gegenüberstellung der frühen Polonaisen des 11-jährigen Frédéric Chopin. In diesen herrscht noch mehr Klangverfeinerung und üppige Überformung dieses Genres, Raffinement, Erlesenheit und romantischer Überschwang.
Alle diese Werke werden wohl nicht den Konzertsaal erobern, sind aber interessante Stationen der Musikgeschichte, deren Nebenwege auch ihre Reize haben. Das ausführliche Booklet erzählt dies anschaulich.
(Rainer W. Janka, am 17. August 2017)
Rainer W. Janka [02.09.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Xaver Mozart | ||
1 | Polonaise mélancolique h-Moll op. 17 Nr. 1 FXWM VII:21 | 00:04:08 |
2 | Polonaise mélancolique e-Moll op. 17 Nr. 2 FXWM VII:26 | 00:04:50 |
3 | Polonaise mélancolique c-Moll op. 17 Nr. 3 FXWM VII:20 | 00:03:05 |
4 | Polonaise mélancolique g-Moll op. 17 Nr. 4 FXWM VII:28 | 00:04:38 |
5 | Polonaise mélancolique f-Moll op. 17 FXWM VII:25 | 00:04:56 |
6 | Polonaise mélancolique d-Moll op. 17 Nr. 6 FXWM VII:27 | 00:04:34 |
7 | Polonaise mélancolique c-Moll op. 22 Nr. 1 FSWM VII:34 | 00:03:40 |
8 | Polonaise mélancolique a-Moll op. 22 Nr. 2 FXWM VII:29 | 00:04:33 |
9 | Polonaise mélancolique f-Moll op. 22 Nr. 3 FXWM VII:33 | 00:05:00 |
10 | Polonaise mélancolique g-Moll op. 22 Nr. 4 FXWM VII:31 | 00:06:34 |
Frédéric Chopin | ||
11 | Polonaise As-Dur KK IV a Nr. 2 | 00:05:05 |
12 | Polonaise h-Moll KK IV a Nr. 5 | 00:05:13 |
13 | Polonaise Ges-Dur KK IV a Nr. 8 | 00:06:24 |
Interpreten der Einspielung
- Yaara Tal (Klavier)