Eduard Künneke
Piano Concerto op. 36
cpo 555 015-2
1 CD • 64min • 2015
28.06.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ob Eduard Künneke (1885-1953) seinen Welterfolg „Der Vetter aus Dingsda“ insgeheim verfluchte? Wir wissen es nicht. Tatsache ist, dass die Welt nach 1921 nur noch Operetten von ihm hören wollte. Und Künneke lieferte. Trotzdem war er nicht der typische Operettenkomponist. Wie viele seiner Kollegen widmete er sich neben „seriösen“ Werken für den Konzertsaal verstärkt diesem „leichten“ Genre, weil es eben in dieser Zeit zwischen den Weltkriegen üblich war oder zum guten Ton gehörte. Als Meister des Melodischen und der Orchesterfarben präsentierte sich der Bruch-Schüler bereits 1907 am Ende seines Studiums. Die zwischen leichter Schwermut und tänzerischer Verspieltheit pendelnden Zigeunerweisen und die im gleichen Jahr entstandene Serenade geben sich unschuldig und launig, sind Romantik pur, aber ohne aufgesetztes Pathos. Diese poetisch gehaltvollen Stimmungsbilder zeigen eine unüberhörbare Nähe zu Brahms, Bruch und Mendelssohn. Aber warum auch nicht? Künneke war kein Avantgardist und wollte es auch niemals sein: „Ich habe zwar nicht die Musik auf neue Wege geführt […] Ich war mit dem Überkommenen zufrieden; ich hatte etwas zu sagen, das der neuen Form oder irgendwelcher neuer Harmonik nicht bedurfte, um sich verständlich zu machen; und man hat mir geglaubt.“
Als Fünfzigjähriger – nach einem mehrjährigen Gastspiel am Broadway und in London – schreibt Künneke 1935 sein Klavierkonzert op. 36; Gottfried Franz Kasparek nennt es in seinem Einführungstext „das wohl originellste und mitreißendste Gattungsbeispiel, das neben den Konzerten von George Gershwin und Maurice Ravel im Spannungsfeld zwischen Klassizismus und Swing im 20. Jahrhundert entstand“. Tatsächlich fühle ich mich häufig an Gershwin und Ravel erinnert. Auch an Rachmaninow; an diesen allerdings leider mehr, als mir lieb ist, vor allem in den ersten beiden Sätzen. Was allein schon deshalb bald an Spritzigkeit, Spannung und betörender Atmosphäre verliert, hat trotzdem einen ganz eigenen Charme. Mit seiner Mixtur aus Romantik, Jazz, Tanzmusik und ein wenig Moderne wartet das „nach allen Regeln klassischer Kunst“ (G.F. Kasparek) gearbeitete Konzert mit zahlreichen Überraschungen stilistischer, klanglicher, harmonischer und rhythmischer Natur auf. Beste und vor allem wirkungssichere Unterhaltungsmusik also mit Ecken und Kanten, meisterhaft orchestriert, aber auch mit dem Hang, immer wieder auf der Stelle zu treten. Mir fehlt der große Atem; dafür stimmt das mitreißende und tänzerisch pointierte Finale wieder versöhnlich.
Nichts auszusetzen gibt es an dem Pianisten Oliver Triendl und dem unter Ernst Theis souverän aufspielenden Münchner Rundfunkorchester. Souverän – das allerdings ist der Knackpunkt. Zwar widmen sich die Akteure mit Leidenschaft und einer gehörigen Portion Sinnlichkeit der Musik Künnekes, aber wirken mir doch zu kontrolliert. Ein wenig mehr hätten sie sich schon von dem Schmelz und den schwungvollen Partien gerade des Klavierkonzert anstecken lassen können.
Christof Jetzschke [28.06.2017]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Eduard Künneke | ||
1 | Klavierkonzert op. 36 | 00:32:13 |
4 | Zigeunerweisen | 00:09:31 |
8 | Serenade | 00:22:35 |
Interpreten der Einspielung
- Oliver Triendl (Klavier)
- Münchner Rundfunkorchester (Orchester)
- Ernst Theis (Dirigent)