Crossroads
A journey from Strauss to Szymanowski

Ars Produktion ARS 38 215
1 CD/SACD stereo/surround • 64min • 2016
24.08.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ist zwar geschichtlich ein fließender Übergang, gleichwohl muten Wandlungsprozesse in der Musik zu dieser Zeitpunkt oft wie das Überschreiten einer Schwelle an: Es gibt ein Diesseits und ein Jenseits zwischen Fin de siècle und Aufbruch zu etwas Neuem. So mancher Tonschöpfer befindet sich noch auf der einen oder schon auf der anderen Seite. Der Geiger Yuuki Wong und die Pianistin Elizavetha Touliankina haben bei ihrer Werkauswahl nach Berührungspunkten und Kreuzungen gesucht – deswegen der Titel „Crossroads“, unter dem sie sich auf ihrer aktuellen CD der Musik zwischen den Jahrhunderten widmen. Es liegen schon manchmal Welten zwischen der konservativen deutschen Spätromantik, wie sie ein Richards Strauss in seiner Sonate op. 18 verkörpert und den zukunftsweisenden Klangvisionen eines Olivier Messiaen. Yuuki Wong und Elizavetha Touliankina verleiben aber so viel disparat scheinendes der eigenen spielerischen Emotionalität ein. Hier lebt weniger das trennende, dafür umso mehr das verbindende Element einer persönlichen spielerischen „Handschrift“. Intensiv abgebildete Seelenzustände sind in jedem Moment der gemeinsame Nenner.
Puristisch wird das „konservativste“ Stück auf dieser Platte, nämlich Richard Strauss Sonate op. 18 durchleuchtet. Die Feinzeichnung der subtilen Psychologie ist hörbares Anliegen. Zupackend expressiv soll es klingen – dafür bietet Yuuki Wong einen kräftigen, durchgehend mit bebendem Vibrato gesättigten Ton auf. Das wird jedoch manchmal zu viel des Guten, wo man den Streicherklang auch mal subtiler atmen lassen könnte und eine raffinierte Dosierung aus Spannung und Entspannung noch mehr Ausdruckstiefe erzeugen könnte. Elizavetha Touliankina kompensiert jedoch auf den Flügeltasten einiges durch eine ausgesprochen sensible Klanggestaltung und Anschlagskunst. Zeitgleich mit Richard Strauss komponierte Ernest Chausson seine Poème opus 25 - doch wie ungleich stehen diese Werke zueinander!
Was bei Strauss formal verbindlich ist, wird bei Chausson frei und assoziativ. Von der französischen Spätromantik ausgehend, weitet sich der Horizont - dementsprechend huldigen die beiden Interpreten dem freien, fantasievollen Dialog. Der reine Klang, der unmittelbar aus sich heraus wirkt, ist das Grundmaterial in Olivier Messiaens Theme et Variations. Lautmalerische Effekte bekommen hier ein enormes imaginäres Potenzial, doch gibt es dann in den Variationen eine sehr komplexe formale Verwobenheit.
Die frühe Moderne des 20. Jahrhunderts integriert vielerlei Musikkulturen aus nah und fern. Karol Szymanowskis Nocturne et Tarantelle sind zwei packende Virtuosenstücke mit schwindelerregenden Bravourparts vor allem für die Violine. Alles ist durchglüht von spanischen und orientalischen Elementen. Für Yuuki Wong und Elizavetha Touliankina ist diese Musik aus dem Jahr 1915 das ideale Finale, um das jugendliche Interpreten-Temperament noch einmal auflodern zu lassen. Rasant und energetisch aufspielen, sich alle vertrackten virtuosen Herausforderungen einverleiben - das ist auf jeden Fall das Lieblingsmetier dieses jungen, in Lausanne ansässigen Duos.
Stefan Pieper
Stefan Pieper [24.08.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Richard Strauss | ||
1 | Sonate E flat major op. 18 for Violin and Piano | 00:27:40 |
Ernest Chausson | ||
4 | Poème E flat major op. 25 for Violin and Orchestra | 00:15:00 |
Olivier Messiaen | ||
5 | Thème et Variations for Violin and Piano (1932) | 00:10:25 |
Karol Szymanowski | ||
6 | Nocturne und Tarantella op. 28 for Violin and Piano | 00:10:34 |
Interpreten der Einspielung
- Yuuki Wong (Violine)
- Elizavetha Touliankina (Klavier)