Schubert The "Great" C major Symphony
DG 479 4652
1 CD • 63min • 2011
11.06.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Dies sei ein Vermächtnis des vor anderthalb Jahren verstorbenen Claudio Abbado heißt es im CD-Heft zur Einspielung der großen C-Dur-Sinfonie von Franz Schubert. Das stimmt – und doch auch wieder nicht ganz. Es ist keineswegs das letzte diskographische Zeugnis des Dirigenten und des Orchestra Mozart, aber es war damals im September 2011 Abbados letzte Auseinandersetzung mit der bedeutendsten Orchesterschöpfung der Frühromantikers. (Es sollten noch Schumanns zweite Sinfonie und Mozart-Klavierkonzerte mit Martha Argerich folgen, zudem mit dem Lucerne Festival Orchestra, in dessen Reihen übrigens die meisten Mitglieder des Orchestra Mozart saßen, Bruckners neunte Sinfonie.) Schubert besaß im Schaffen des Maestros vielleicht keine zentrale Rolle, aber doch eine gewichtige Position. Eigenartigerweise hatte er gerade diese C-Dur-Sinfonie nie mit einem seiner ständigen Sinfonieorchester in Chicago, London und Berlin aufgenommen; die einzige frühere Fixierung geschah, und zwar studiomäßig, 1987 mit dem Chamber Orchestra of Europe.
Wollte Abbado den großorchestralen Rahmen umgehen, den üppigen Sound bei Schubert vermeiden? Denn auch das 2004 von ihm in Bologna gegründete Orchestra Mozart ist eigentlich ein (gelegentlich leicht vergrößertes) Kammerorchester, das sich aus erfahrenen wie jüngeren Musikern zusammensetzt. Der Dirigent traute seinen Mitstreitern („wir sind alle eine große Familie“) so sehr, dass er praktisch nur noch Live-Mitschnitte zur Veröffentlichung freigab. Warum es im Falle dieser Schubert-Sinfonie verhältnismäßig lange dauerte, muss offen bleiben. Sollte es damit zusammenhängen, dass hier gleich zwei Auftritte (in Bologna und Bozen) einbezogen wurden? Jedenfalls ist, zugegebenermaßen, technisch keine Differenz feststellbar. Das Publikum allerdings bleibt ausgeblendet – kein Husten oder Rascheln und auch kein Beifall am Ende.
Indes dürfte zutreffen, dass Zuhörer auf den Maestro und sein Ensemble inspirierend wirkten. Die Aufführung gewinnt eine Spontaneität und Direktheit, die fast körperlich spürbar wird. Dies ohne dramatische Forcierung, immerhin mit deutlichen Akzenten. Insgesamt herrscht ein gelöstes Musizieren vor, ohne Schweiß, wenn man es so formulieren darf. Eher abgebremste Tempi, mit rund 63 Minuten ist es eine der zurückhaltendsten Darbietungen. Das war freilich kein Alterskennzeichen des 78jährigen Dirigenten, schon in der ein Vierteljahrhundert früheren Wiedergabe geschah Ähnliches. Selbstverständlich hielt sich Abbado auch diesmal an sämtliche Wiederholungen, was die – nach Schumanns legendärem Ausspruch – „himmlischen Längen“ des ausladenden C-Dur-Stromes natürlich unterstreicht, aber in keinem Moment irritierend oder gar monoton wirkt. Es ist ein Fließen, das keine Grenzen kennt – wer Geduld hat und das Mitschwimmen liebt, darf hier sein Glück finden.
Mario Gerteis † [11.06.2015]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Franz Schubert | ||
1 | Sinfonie No. 8 C major D 944 (Great C major Symphony) | 01:02:47 |
Interpreten der Einspielung
- Orchestra Mozart (Orchester)
- Claudio Abbado (Dirigent)