Erfreute sich auch auf dem Tonträgermarkt eine Zeit lang Musik für Flöte und Orgel – zwar meist in Bearbeitungsform – größerer Beliebtheit, existieren Konzerte für Flöte(n), Orgel und Orchester als Originalkompositionen ab dem 19. Jahrhundert so gut wie nicht. Dem bot nun die Polska Filharmonia Bałtycka im. Fryderyka Chopina w Gdańsku mit gleich vier Auftragskompositionen – entstanden zwischen 2018 und 2022 – Abhilfe: Die Ergebnisse – natürlich sämtlich in Ersteinspielungen – sind höchst ansprechend.
Die junge, derzeit in Nürnberg engagierte Mezzosopranistin Corinna Scheurle, ist Deutsch-Ungarin und zweisprachig aufgewachsen. Hier präsentiert sie gemeinsam mit der Pianistin Klara Hornig ein Programm, das die ungarischen Komponisten Béla Bartók und Zoltán Kodály, die das Kunstlied als Gattung aus dem Geiste der Volksmusik erneuerten und ins 20. Jahrhundert führten, mit Liedern ihres Zeitgenossen Alban Berg und solchen des romantischen Liedmeisters Robert Schumann konfrontiert und in sinnreiche Verbindungen bringt.
Karl Wilhelm Ramlers für Carl Heinrich Graun im Jahre 1754 geschriebener Kantatentext Der Tod Jesu wurde kurz vor der Uraufführung der Graunschen Komposition 1755 von Georg Philipp Telemann komponiert und in dieser Form bereits eine Woche vor der Berliner Aufführung in Hamburg präsentiert. Offensichtlich ein Wettstreit der beiden befreundeten Komponisten. Der zweitjüngste Bach-Sohn, Johann Christoph Friedrich, vertonte den Text 1769. Schließlich zog der kurzmainzische erzbischöfliche Konzertmeister Georg Anton Kreusser (1746-1810) im Jahre 1783 nach und veröffentlichte seine Version bei Schott in Mainz. Dieser haben sich die Mainzer Domkantorei St. Martin und das Domorchester unter der Leitung von Karsten Storck in einem Konzert angenommen, das jetzt als Live-Mitschnitt veröffentlicht wurde
Wenn man an Opernhäuser in Italien denkt, denkt man zuerst an das Teatro alla Scala in Mailand, an das Teatro la Fenice in Venedig oder an das Teatro San Carlo in Neapel – weniger an das Teatro Regio in Turin. Und doch ist das 1740 in Turin gebaute Teatro Regio damals „das bestdurchdachte, bestaufgeführte und vollständigste Haus, das in Italien zu finden ist“ – so urteilt zumindest Joseph-Jérôme de Lalande Mitte der 1760er Jahre. Weil das königliche Theater nur in der Karnevalszeit bespielt wurde, diente das Teatro Carignano als weiterer Opern-Spielort. Diese CD möchte nun mit vielen Sopran-Arien demonstrieren, wie vielfältig das Operngeschehen in Turin im ausgehenden 18. Jahrhundert war.
Die in Riga geborene Cembalistin Tatjana Vorobjova lebt inzwischen in der Nähe von Köln; sie hat sich eine erfolgreiche internationale Solistenkarriere aufgebaut und kann mittlerweile auf eine ansehnliche Diskographie verweisen. Darunter eine SACD mit Sonaten von Domenico Scarlatti unter der Überschrift „…ma cantabile“, die mir vor anderthalb Jahren zur Besprechung vorlag und mich rückhaltlos begeisterte. Diese Veröffentlichung mit Werken von J. S. Bach steht unter dem Titel „… con passione – mit Leidenschaft“: Bach, wenn auch im gleichen Jahr geboren wie Domenico Scarlatti, stellt den Cembalisten vor ganz andere musikalische und solistische Anforderungen – so war ich gespannt, ob Tatjana Vorobjova mich in gleicher Weise würde überzeugen können, zumal sie auf demselben großartigen Instrument spielt...
Man muss die Titel auf dem Cover genau lesen: Vorne heißt es LUDWIG versus BEETHOVEN, hinten LUDWIG van Beethoven – es geht also um die Gegenüberstellung des sehr jungen Ludwig gegen den reifen Beethoven. Oder, wie es die Pianistin Paloma Kouider im (nur) zweisprachigen (Englisch/Französisch) Booklet schreibt, „to compare these very earliest works with those of final maturity, such es the last cycles of Bagatelles, op. 119 and 126“. Die „earliest works“ sind die Variationen über einen Marsch von Eernst Christoph Dressler WoO 63 und die zweite der Kurfürstensonaten WoO 47 des damals 13-jährigen Ludwig.
Wurde ein fünfter Evangelist namens Nikodemus entdeckt? Nein, so sensationell ist es dann doch nicht. Das Evangelium des Nikodemus gehört zu den wirkmächtigsten frühchristlichen Texten, die als sogenannten Apokryphen, nicht ins Neue Testament aufgenommen wurden. Hierbei handelt es sich um eine Sammlung dreier Textkomplexe: den – fiktiven – Prozessakten des Pilatus, die Joseph von Arimathia und Nikodemus, die Jesus begruben, einen besonderen Stellenwert einräumen, die Auferstehungsberichte, wiederum mit Akzentuierung Josephs, und die ausführliche Darstellung der Höllenfahrt Jesu. Es inspirierte den Mönch von Salzburg zu einem neunstrophigen Lied, das Anne-Suse Enßle und Philipp Lamprecht mit instrumentalen Zwischenspielen zu einer mittelalterlichen Passion verarbeiteten.
Mit dem vorliegenden Album gibt das erst 2019 gegründete Chaos String Quartet, bestehend aus jungen Musikern aus Deutschland, Ungarn, Italien und den Niederlanden, die ihr Studium in Wien absolviert haben, sein CD-Debüt. In brandneuen Aufnahmen (entstanden erst im Dezember 2023) präsentiert das Quartett Streichquartette von Joseph Haydn, György Ligeti und Fanny Hensel.
Das mir bis dato nicht bekannte Klassik-Label écoutez!, von Stefanos Ioannou gegründet und betrieben, hat es sich - nach eigener Auskunft auf der Website - zum Ziel gesetzt, talentierte Musiker und Komponisten zu fördern, was konkret heißt, ihnen bei der Produktion und dem Vertrieb ihrer aufgezeichneten Arbeit behilflich zu sein. Der Schwerpunkt liegt auf der online-Veröffentlichung auf Streaming-Plattformen, auf Wunsch der Künstler ist aber auch die Herstellung einer physischen CD möglich. Das ist also ein ähnliches Verfahren wie bei „book on demand“.
Die Barockmusik ist voll von hochvirtuosen Solokonzerten für fast jedes damals bekannte Instrument. Vom Level der damaligen Musiker her liegt dies auch auf der Hand, denn im Gegensatz zur heutigen Zeit waren auch Orchesterwerke von den einzelnen Stimmen her häufig solistisch oder maximal doppelt besetzt – ein Pool von beispielsweise zehn ersten Violinen fand man in dieser Zeit nicht! Diese technisch anspruchsvollen Solokonzerte in der heutigen Zeit in dieser Mannigfaltigkeit wie dies damals üblich war, umzusetzen, fällt heute eher schwer. In der Regel muss man sich als Orchester die Solisten immer für viel Geld einkaufen. Ein Konzert oder eine Aufnahme mit mehr als nur einem Solisten zu gestalten, ist da schlicht unbezahlbar. Da ist es doch viel sinnvoller, gleich ein Orchester zu gründen, das sich aus Musikerinnen und Musikern zusammensetzt, die jeder für sich auch hervorragende Solisten sind.
Ernst Eichner (1740 – 1777) wirkte seit 1762 als Geiger, Fagottist und Komponist am Hofe Herzog Christians VI. von der Pfalz-Zweibrücken, wo er 1769 zum Konzertmeister befördert wurde. Er orientierte sich in seinem Schaffen an der Mannheimer Schule, konnte aber infolge der beschränkteren Verhältnisse in Zweibrücken nur mit einer kleineren Orchesterbesetzung arbeiten. 1773 ging er nach Potsdam, wo er eine Stelle in der Hofkapelle erhielt. Seine rund dreißig Sinfonien erschienen jeweils im Sechserpack in Paris, wie auch viele Werke der „Mannheimer“.
Die argentinische Flötistin Maria Cecilia Muñoz und ihre kanadische Klavierpartnerin Tiffany Butt haben die durch die Corona-Pandemie verfügten Einschränkungen genutzt, um ein Konzeptalbum zum Thema „Freiheit und Gefangenschaft“ zu entwickeln. Diese Unfreiheit kann entweder aus sozialen, politischen oder speziesistischen Zwängen resultieren und wird hier an zu dressierenden Singvögeln und komponierenden Frauen exemplifiziert. Da absolut hinreißend musiziert wird, kommen jedoch auch – gern über Konzeptalben spottende – „alte weiße Männer“, zu denen der Rezensent sich ohne jegliche Scham rechnet, voll auf ihre Kosten.
Als Gitarrist kommt man an einem Komponisten wie Fernando Sor nicht vorbei. So geht es auch Frank Bungarten, mehrfacher Preisträger renommierter Auszeichnungen und zugleich Professor in Luzern und Hannover. Seit über 30 Jahren hat Bungarten für MDG zahlreiche Tonträger aufgenommen, auch bereits mehrere, die das Œuvre von Fernando Sor zum Schwerpunkt machten. Der Komponist hatte in bewegtes Leben: 1778 in Barcelona geboren, hatten seine Eltern eigentlich anderes mit ihm im Sinn denn Musik. Und doch begann er mit fünf Jahren Gitarre und Violine zu spielen – die Instrumente, die er durch seinen Vater kannte. 1791 kam Sor im Kloster Montserrat in die Schule, wo er eine umfassende Ausbildung erhielt (auch im musikalischen Sinne). Trotz der dortigen, eher feingeistigen Ausbildung, ging Sor zunächst zum Militär und machte dort Karriere als Offizier und in der königlichen Verwaltung. Doch auch in dieser Zeit schrieb und spielte er Musik. 1797 wurde seine erste Oper in Barcelona mit großem Erfolg aufgeführt.
Ob man sich all das schon im Jahr 2013 gedacht hat, als Ivo und Ilja Ruf zum ersten Mal einen Preis beim Bundeswettbewerb von Jugend musiziert gewannen? Elf Jahre später zeigen sich die beiden zusammen mit dem Pianisten Nikolai Gast als Trio Clarinoir hervorragend aufeinander eingeschworen. Ihr CD-Debüt hatten sie bereits vor vier Jahren vorgelegt, das musikalische „Roadmovie“ begann. Von konzeptionellem Weitblick zeugt, wie sie jetzt eine dazu passende Veröffentlichung, nämlich einen „Night Train“ nachlegen. Was einmal mehr zeigt, dass diese drei Musiker den Begriff „Musik machen“ tatsächlich wörtlich nehmen. Im Idealfall bedeutet das, nicht nur respektvoll Meisterwerke zu interpretieren, sondern auch selber Musik zu kreieren.
Der norwegische Komponist Edvard Grieg (1843 – 1907) hat 66 Lyrische Stücke für Klavier geschrieben, verteilt über seine gesamte Schaffenszeit. Sie stehen in der Tradition von Mendelssohns Liedern ohne Worte oder Schumanns Klavierzyklen und haben doch ihre eigene Note, bedingt durch die Nähe zur Folklore seines Landes und durch die persönlich-bildhafte Tonsprache. Der israelisch-amerikanische Pianist Daniel Gortler hat 21 der Miniaturen ausgewählt und sie nicht chronologisch, sondern nach dem Prinzip der Abwechslung zwischen lyrisch-zart und kräftig-zupackend angeordnet. So entsteht ein klingendes Porträt des nordischen Meisters.
Rolf Wallin (Jahrgang 1957) hat sich längst als einer der bedeutendsten lebenden Komponisten Norwegens etabliert. Nach Studien in Oslo prägten ihn später in den USA Größen wie Roger Reynolds und Vinko Globokar. Seine Musik nutzt einen ungewöhnlich breiten Erfahrungsschatz, der von flexiblen mathematischen Modellen (Chaostheorie) über Jazz- und Rockmusik bis hin zu fernöstlicher Mystik reicht. Für die drei hier vorgelegten konzertanten Werke konnten jeweils Weltklassesolisten gewonnen werden.
Liszt hat’s getan – und Randalu tut’s auch, nur ganz anders. Liszt hat Lieder von Schubert für Klavier arrangiert und sie virtuos überformt, auch, um sie noch besser bekannt zu machen. Randalu hat Schumanns Liederzyklus Dichterliebe bearbeitet, bzw. angereichert „mit klanglichen Nuancen, kreativen rhythmischen Impulsen, überraschenden Wendungen, impressionistischer Gestaltung, improvisatorischen Feinheiten und der Spontaneität und harmonischen Fülle des Jazz“ – so steht’s im zweisprachigen Booklet und so stimmt’s auch. Auf dem Cover ist der Name des Pianisten größer als der des Komponisten: Es gibt mehr Musik von Randalu als von Schumann.
Wohl nur wenige Komponisten konnten sich ihre Schaffenskraft bis ins achte Lebensjahrzehnt erhalten, ohne auf alte Muster zurückzugreifen. Viele erreichten dieses Alter gar nicht erst. Die, die es wie Heinrich Schütz, Richard Strauss und Igor Strawinsky erreichten, griffen auf bereits Bewährtes zurück. Anders Georg Philipp Telemann (1681-1767), der die literarischen Strömungen in jeder Lebensphase aufmerksam verfolgte. Als die Dichtung von Oden im erhabenen Stil durch F. G. Klopstock und Johann Andreas Cramer modern wurde, nutzte er Texte dieses antikisierenden Genres für seine späten Kompositionen und passte kompositorisch seinen Stil der zeitgenössischen Dichtung an.
Wagner paraphrasiert und arrangiert von Leopold Brauneiss und Fazil Say
Ars Produktion ARS 38 655
1 CD • 50min • 2023
07.04.2024 • 8 8 8
Unter dem Titel „Wagneriana“ finden sich im Katalog zahlreiche und sehr unterschiedliche Sammelprogramme, deren gemeinsamer Nenner darin liegt, dass die einzelnen Stücke nicht in den Originalfassungen des Meisters erklingen, sondern in Arrangements und Paraphrasen, oft auch lediglich von Wagners Werk und schillernder Persönlichkeit inspiriert sind. So ist das auch im vorliegenden Fall. Anlass war hier ein Konzert zur Feier des 150jährigen Bestehens der (seit 1977 so benannten) „Josef Matthias Hauer Musikschule“ in Wiener Neustadt, an dem ehemalige Schüler des Instituts wie der Tenor Norbert Ernst, die Pianistin Christine David und das aus drei Posaunen und einer Tuba bestehende Blechbläserquartett teilnahmen.
Musik für sechs Hörner…da kommt schnell die Idee einer Blaskapelle auf, doch damit liegt man bei der vorliegenden CD der Detmolder Hornisten völlig falsch. Es handelt sich um keine neue Aufnahme, sondern um eine der ersten aus der neuen Reihe „MDG Preziosa“, unter deren Titel das Label nun Aufnahmen herausbringen will, die für Label-Chef Werner Dabringhaus mit besonderen Erinnerungen verbunden sind und in den Jahren, in denen noch die Schallplatten stark vertreten waren, nie auf CD herausgekommen sind. Die wirklich sehr persönlichen Erinnerungen und Anekdoten von Werner Dabringhaus werden bei dieser neuen Reihe auf jeden Fall immer einen zusätzlichen Blick in das Booklet wert sein.
Zwei Monde sind auf dem Cover dieser CD zu sehen: wohlgenährt und in einer Art Blase steckend der eine, schlank und spitz der andere. Sie verkörpern zwei gänzlich unterschiedliche Charaktere: Florestan und Eusebius. Beide sind der Phantasie von Robert Schumann entsprungen, mit dem sich der Pianist Sergey Tanin besonders während der Corona-Pandemie intensiv auseinandergesetzt hat. Die vorliegende Einspielung, auf der die Davidsbündlertänze, der Faschingsschwank aus Wien, die Arabeske op. 18 und die Toccata zu hören sind, ist somit zumindest indirekt eine Frucht dieser wirren Zeit. Wirr war sicherlich auch der ein oder andere Gedanke Schumanns, doch hat das in keiner Weise auf das Spiel Tanins abgefärbt.
Die Neuaufnahme der Johannespassion Bachs beim Label Rondeau Production greift auf die erste Fassung von 1724 zurück, die in der aktuellen Auflage des Bach-Werke-Verzeichnisses unter BWV 245.1 geführt wird. Thomaskantor Andreas Reize legt dabei großen Wert darauf, sich an der traditionellen Aufführungspraxis zu orientieren. Und dies liegt besonders nah, wenn man an den Ort der Einspielung, die Thomaskirche in Leipzig, und an den Einsatz des legendären Thomanerchores wie an die Mitwirkung der auf historischen Instrumenten spielenden Akademie für Alte Musik denkt.
Diese CD ist nicht nur etwas für Musikenthusiasten, sondern auch für Hifi-Afficionados. Es gibt sie nämlich gleich doppelt: einmal als „normale“, nur geringfügig lauter ausgesteuerte Stereo-CD, aber auch als Audio Blu-ray, die von Dolby Atmos bis zu 7.1.4 Auro-3D verschiedene Audio-Formate vereint. Der Hörvergleich ist in der Tat beeindruckend: bei der Blu-ray hat man den Eindruck, man säße direkt im Konzertsaal, der Klang ist in feinste Nuancen aufgefächert, durchhörbar und ebenso klar wie natürlich. Aber auch, wenn man „nur“ die Stereo-CD hört, bleibt das klangliche Erlebnis erstklassig. Das liegt an der exzellenten Aufnahme, in erster Linie aber natürlich am Onyx Klavierduo, das hier sein Debüt vorlegt und dafür mit einer ebenso feinnervigen wie sensiblen Anschlagskultur Werke von Barber, Smit, Ravel und Mozart eingespielt hat.
Wenn ein Sänger eine CD mit Arien füllt, macht er sich wahrscheinlich Gedanken, ob diese auch thematisch zusammenpassen: Er wird sie vielleicht chronologisch anordnen oder dramaturgisch nach Temperament, entweder abwechselnd heldische und lyrische oder temperamentmäßig aufbauend bis zum fulminanten Schluss. Der Countertenor Oscar Verhaar macht es anders. Er stellt die Arien aus Händels Oratorien, die er singt, unter ein gemeinsames Thema, nämlich die Freiheit, und „Freedom“ ist auch der Titel dieser CD.
„Bratislava, bis 1919 slowakisch Prešporok, deutsch Pressburg (bis 1996 Preßburg), ungarisch Pozsony … war im Laufe seiner Geschichte eines der wichtigsten wirtschaftlichen und administrativen Zentren Großmährens, des Königreichs Ungarn (auch im Rahmen der österreichischen Monarchie beziehungsweise Österreich-Ungarns) und der Tschechoslowakei. Die Stadt war von 1536 bis 1783 und 1848 Hauptstadt des Königreichs Ungarn.“ So informiert Wikipedia über die Hauptstadt der Slowakischen Republik. Pressburg war die Geburtsstadt von Sigismund Kusser (1660-1727), der dort als Sohn des evangelischen Kantors Johann Kusser geboren wurde. Mit 14 Jahren verzog er mit seinen Eltern nach Stuttgart.
Im vergangenen Jahr wäre der polnische Dirigent und Komponist Stanisław Skrowaczewski 100 Jahre alt geworden, und aus diesem Anlass hat MDG seine Aufnahme der drei Suiten aus Sergej Prokofjews Ballett Romeo und Julia mit dem Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester (wie es zum Zeitpunkt der Einspielungen noch hieß) neu herausgebracht. Dabei handelt es sich um Aufnahmen aus den Jahren 1994/95, die ursprünglich beim Label Denon erschienen sind, das aber nunmehr nur noch auf dem asiatischen Markt aktiv ist und für den weltweiten Vertrieb ausgewählter Alben eine Kooperation mit MDG eingegangen ist.
Violeta Dinescu | Doina Rotaru | Carmen Maria Cârneci
gutingi 264
1 CD • 71min • [P] 2024
30.03.2024 • 10 9 9
So wie der Mensch Werkzeuge für sein Tun erfand, hat er auch Instrumente geschaffen, um sich auszudrücken – möglicherweise als Fortsetzung seiner eigenen Stimme. Ganz nahe heran an solche Ursprüngen kommt die interessante Palette von Klangforschungen für hohe und tiefe Flöten, wie sie der rumänische Musiker Ion Bogdan Ștefănescu betreibt. Phasenweise wird er auf dieser neuen Aufnahme für das gutingi-Label durch die Flötistin Carla Stoleru unterstützt. Grundlage liefern neue Kompositionen von Violeta Dinescu, der Initiatorin des Projekts.
Er steht in den Startlöchern als der neue Wagner-Tenor. Noch ordnet man den vielseitigen Daniel Behle, der auch als Komponist hervorgetreten ist, dem lyrischen Fach zu und Richard Wagner spielte in seinem Repertoire bislang nur eine marginale Rolle. In bester Erinnerung ist immer noch sein David in Barry Koskys Bayreuther Festspielinszenierung der Meistersinger von Nürnberg, in Stuttgart hat er bereits Lohengrin gesungen, aber jetzt macht er ernst und zeigt, was in Zukunft im jugendlich-dramatischen, gar heldischen Fach von ihm noch zu erwarten ist.
Noch zu k. u. k. Zeiten in Karlsbad geboren, teilt Walter Kaufmann (1907-1984) seinen komplizierten Lebensweg mit vielen deutschsprachigen Juden, die der intellektuellen Prager Kulturszene zuzurechnen wären. Zunächst studierte Kaufmann dort Komposition, später in Berlin bei Franz Schreker und Musikwissenschaft bei Curt Sachs, der früh sein Interesse an indischer Musik weckte. Er assistierte als Dirigent Bruno Walter und feierte schnell Erfolge mit eigenen Werken. 1927 ging er als Doktorand nach Prag, fand dort Anschluss an den Freundeskreis um Franz Kafka, heiratete später in erster Ehe sogar dessen Nichte Gerty. Mit dem Entschluss, 1934 vor den Nazis zu fliehen, bot sich sofort Indien an. In Bombay wirkte er beim All India Radio und erforschte intensiv die indigene Musik des Subkontinents. Neben zahlreichen Kompositionen klassischer Gattungen schrieb er auch Filmmusiken für das gerade im Entstehen begriffene „Bollywood“.
Der Neue Kammerchor Berlin unter Adrian Emans, Preisträger verschiedener Chorwettbewerbe, gibt seine Visitenkarte mit einem vorwiegend angelsächsisch geprägten Debüt-Album ab. Es leidet unter der Crux vieler Debütproduktionen, zu viele unterschiedliche Stilbereiche mit demselben Interpretationsansatz abdecken zu wollen. So wirken Josef G. Rheinberger, Max Bruch und Der Mai ist gekommen in dieser stilistisch von britischer Neo-Romantik geprägten Umgebung doch etwas deplatziert. Dies macht die Aufnahme aber durchaus wegen der Werke von Daniel Elder, Paul Stanhope und anderer zeitgenössischer Komponisten für Chorleiter interessant.
Das Cover dieser Einspielung des Pianisten Mario Häring ist ein echter Hingucker: ein grellbuntes Gesicht vor dunkelblauem Hintergrund, überwuchert von irisierenden Blumenmustern und einem markenten Schriftzug: Extase. Genau darum geht es auf dieser CD, die einen Spiegel dessen bieten, was sich Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts darunter vorgestellt haben. Doch kommt es bei einer CD ja zum Glück immer noch auf den Inhalt und weniger auf das äußere Erscheinungsbild an. Da sind zum einen die üblichen Verdächtigen, die vielen Pianisten zu diesem Thema einfallen würden: Franz Liszt, vertreten mit dem Mephisto-Walzer Nr. 1, Richard Wagner (Isoldes Liebestod) oder Claude Debussy (L’Isle joyeuse). Und natürlich Alexander Skriabin, der aber nicht mit seinem für Orchester konzipierten Poème de L’Extase vertreten ist (woher vermutlich aber trotzdem die im Deutschen laut Duden falsche Schreibweise mit „x“ übernommen wurde), sondern mit seiner nicht weniger ekstatischen Klaviersonate Nr. 5.