TYXart TXA14040
1 CD • 70min • 2014
21.08.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Man vergißt es im ernsthaften Musikbetrieb manchmal, doch oft macht Virtuosität einfach Spaß. Alexander Maria Wagners Bachspiel ist anzuhören, dass sich da ein echter, fühlender Musiker an den Flügel setzt und einfach Freude an der Musik hat. Seine Interpretation der Partita Nr. 6 e-Moll BWV 830 reißt geradezu mit; die Courante wird weniger gehend als vielmehr als irrlichterndes, mit Synkopen aufgeladenes Scherzo genommen, überhaupt drängt Wagners Spiel immer nach vorn, ungeduldig, sich schnell langweilend. Er hat durchaus die Ruhe für die Air, sogar für die Sarabande, doch Wagners Spiel ist immer ein emanent spontaner Zug eigen. Sein Klavierspiel ist strets sprudelnd, artikulierend schön kurz gehalten, bisweilen etwas spitz, generell leicht vom Cembalo inspiriert. Im Ganzen kann man sagen: Hier wirkt die Musik nicht selten so, als ob sie gerade improvisiert würde. So kann sich diese Spielart durchaus behaupten zwischen den großen, manchmal komplexeren, doch kaum einmal stärker mitreißenden Interpretationen der Vergangenheit. Das ist wahrlich kein schlechtes Zeugnis für einen noch nicht einmal zwanzigjährigen Pianisten, der sich – ohne es zu wollen, aber doch unweigerlich – mit einer großen pianistischen Tradition messen lassen muß.
Nicht zuletzt ist mit diesem fesselnden Album auch dem Label TYXart ein echter Coup gelungen, einem Label, das schwerpunktmäßig nach jungen, unverbildeten Talenten sucht. Tatsächlich wurde hier ein besonderer Musiker entdeckt, noch lange, bevor er international herumgereicht werden könnte (wir sprechen hier nur vom offiziellen Musikbetrieb; Alexander Maria Wagner hat im Internet bereits eigene Realitäten geschaffen, etwa durch Auftritte bei bekannten TV- Größen). Der unsachliche Portraittext im Beiheft erweist dem jungen Musiker allerdings einen Bärendienst, wenn von einem „Psychogramm“ eines gerade einmal 19jährigen gesprochen wird. Auch Alexander Maria Wagners eigene Komposition Inferno, immerhin fast zehn Minuten lang, hinterläßt viele Fragen. Zweifellos drückt sich hier eine pianistische Kraft und ein großer improvisatorischer Einfallsreichtum aus; doch kann man nur schwer von reflektierter, handwerklich sicherer und somit wirklich relevanter Neuer Musik sprechen. Der hochbegabte Wagner wäre gut beraten, bald einen kritischen Kompositionslehrer aufzusuchen, der keinerlei Boni eines bereits früh erfolgreichen Hochbegabten annimmt.
Bleiben die beiden Schumann-Interpretationen. Sie haben nicht die klangliche und artikulatorische Finesse mancher bekannter Referenz-Interpretationen; doch man kann ihnen nicht absprechen, dass es Alexander Maria Wagner gelingt, diese Werke so zu spielen, als ob sie der Komponist selbst etwa einem Freunde vorspielte. Besseres kann man über eine Aufnahme kaum sagen. Man sollte Alexander Maria Wagners frühes Debüt hören, sich daran freuen – und auf Kommendes hoffen. Gut, dass der junge Musiker noch nicht vollendet ist.
Prof. Michael B. Weiß [21.08.2014]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Partita Nr. 6 e-Moll BWV 830 | 00:18:48 |
Robert Schumann | ||
8 | Papillons op. 2 | 00:13:32 |
Alexander Maria Wagner | ||
20 | Inferno | 00:09:17 |
Robert Schumann | ||
23 | Carnaval op. 9 (Scènes mignonnes sur quatre notes) | 00:27:28 |
Interpreten der Einspielung
- Alexander Maria Wagner (Klavier)