Johannes Brahms Violin Sonatas 1-3
Berlin Classics 0300567BC
1 CD • 75min • 2012
24.01.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Mit der armenisch-stämmigen Geigerin Catherine Manoukian und der norwegischen Pianistin Gunilla Süssmann stellen sich zwei junge Musikerinnen mit großem technischen Können mit dem Gesamtwerk von Johannes Brahms für Violine und Klavier vor – also den drei Sonaten zuzüglich des Scherzos aus der gemeinsam mit Robert Schumann und Albert Dietrich verfassten F-A-E-Sonate (Joseph Joachims Motto „Frei aber einsam“ ) – , mithin mit einem Repertoire, das zum meistgespielten und –aufgenommenen überhaupt gehört. Da ist es klar, dass die Latte ganz hoch liegt, zumal eventuelle Mängel in keiner Weise durch ein irgendwie interessantes oder originelles Konzept kompensiert werden können. Hinsichtlich der instrumentalen Begabung können beide Musikerinnen es sich leisten, mit diesen Stücken an die globale Öffentlichkeit zu treten.
Bevor ich zu einem Fazit komme, möchte ich etwas einwenden, was ich nur als gezielte Desinformation deuten kann und was allgemeiner Trend in den Medien geworden ist. Bei Gunilla Süssmann werden die prägenden Lehrer komplett totgeschwiegen, und auch Catherine Manoukian konnte lediglich gerade noch durchsetzen, dass sie im letzten Absatz ihrer Biographie nebenbei erwähnt werden (immerhin ist ihr eigener Vater dabei). Nein, für Zusammenhänge soll sich heute offenbar keiner mehr interessieren. Es ist sehr ärgerlich für alle, die ein bisschen mehr wissen wollen und sehr schade, dass dies auch bei Edel Classics der Fall ist.
Nun aber zur Aufführung. Catherine Manoukian ist eine vorzügliche Geigerin mit einem sehr süffigen, modulationsreichen, tragfähigen Ton und durchaus leidenschaftlicher Empfindung, und bezüglich Intonation, Bogenführung und rhythmischer Exaktheit ist ihr Spiel weitestgehend makellos. An Flexibilität fehlt es ihrem oft zu massiv aufgetragenen, auch gelegentlich in grenzwertig weiter Amplitude ausschwingenden Vibrato. Rein musikalisch ist ihre Phrasierung eher instinktiv, was nicht ausreicht, um den Sinnzusammenhang der Brahms’schen Melodik zu erfassen. Viel zu oft legt sie nachdrückliche Emphase in Auflösungen, und wo es nicht gerade explizit anders vorgeschrieben ist, betont sie mechanisch die schweren Taktzeiten. Natürlich sind das ganz gewöhnliche Sünden, und da sie fast jeder begeht, fallen sie auch fast niemandem mehr auf. Gunilla Süssmann ist eine ausgezeichnete Pianistin und Musikerin, und ihre Phrasierungskunst ist zwar auch nicht ausgesprochener Bewusstheit geprägt, aber doch von Wachheit und Geschmack. Die Gefahr für Pianisten bei Brahms, dass sich ab dem Forte das hohe Register von den tieferen abtrennt und der Klang zu hart wird, hat sie noch nicht genug im Auge. Von einem wirklichen kammermusikalischen Zusammenspiel würde ich angesichts der Verschiedenheit der grundsätzlichen Zugangsweisen nicht sprechen. Natürlich gibt es viele sehr schöne Momente, doch insbesondere macht die Geige sehr vieles, was keinen Bezug zu den Ausdrucksmöglichkeiten des Klaviers hat.
Zweifellos haben die beiden jungen Künstlerinnen damit eine Visitenkarte ihrer großen Begabung abgegeben - doch der Gesamteindruck bleibt zwiespältig.
Christoph Schlüren [24.01.2014]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
1 | Sonate Nr. 1 D-Dur op. 78 für Violine und Klavier | 00:25:58 |
Johannes Brahms | ||
4 | Sonate Nr. 2 A-Dur op. 100 für Violine und Klavier | 00:20:31 |
7 | Sonate Nr. 3 d-Moll op. 108 für Violine und Klavier |
Interpreten der Einspielung
- Catherine Manoukian (Violine)
- Gunilla Süssmann (Klavier)