Karl Goldmark Violinkonzert • Violinsonate
Thomas Albertus Irnberger
Gramola 98936
1 CD/SACD stereo/surround • 73min • 2012, 2013
17.07.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Dass der gebürtige Salzburger Thomas Albertus Irnberger für Gramola an einer sorgfältig produzierten, thematisch ausgreifenden und vor allem künstlerisch äußerst erfolgreichen Violin-Anthologie arbeitet, sollte mittlerweile unter Musikfreunden bekannt sein. Mit diesem Goldmark-Album hat Irnberger aber auch die ohnehin schon hohen eigenen Ansprüche noch einmal übertroffen. Es kommt nämlich diesem Program ungemein zugute, dass zwei gewichtige geigerische Werke desselben Komponisten, die noch dazu in enger zeitlicher Nachbarschaft entstanden sind: die Violinsonate 1874, das Violinkonzert 1877, zusammen präsentiert werden.
Denn so kann Irnberger gewissermaßen Karl Goldmarks violinistisches Denken konzentriert verfolgen. Zwischen den beiden Werken des seinerzeit berühmten österreichisch-ungarischen Komponisten (1830–1915) lag die Komposition resp. die Uraufführung seiner Durchbruchs-Oper Die Königin von Saba; sowohl die Sonate als auch das Konzert stammen also aus einer Zeit, in der sich Goldmarks Komponieren wesentlich formiert. Beide Spitzenwerke zeichnen sich denn auch durch Substanz und Gewichtigkeit aus, ja, sogar durch einen gewissen Ernst – und nicht zuletzt eine Intimität, die auf Robert Schumann zurückweist.
Allein die fast vierzigminütige Violinsonate führt in allen ihren Sätzen den Solisten in ungeahnte Tiefen. Gefordert ist ein Geiger, der nicht nur über Musikalität, sondern über Persönlichkeit verfügt. Irnberger intoniert besonders den wunderbaren langsamen Satz in seinem typisch reinen, doch stark wirkenden Ton, der überlegen genau zwischen Druck und Drucklosigkeit balanciert; so können die Gesänge dieses in sich versunkenen Satzes wahrlich schwerelos einschweben, doch ohne säuselnde Hypersensibilität, vielmehr kraftvoll ausartikuliert. Ein besonderes Ereignis ist der sprechende Ausdruck zurückhaltender Aufrichtigkeit, der auch den weitdimensionierten Kopfsatz durchzieht. Pavel Kaspar ist weitaus mehr als ein Begleit-Pianist, nämlich ein gleichberechtigter Partner, dessen besonders auch in der linken Hand kontrapunktisch durchgestaltetes Spiel mit Irnbergers Plastizität verschmilzt. Das Vivace-Finale fügt sich in seiner gelassen gespannten deuterischen Haltung perfekt in diesen Zusammenhang ein, Irnberger und Kaspar lassen bei allem Gestaltungsreichtum eine überspannende Einheit erstehen.
Für seine Interpretation von Goldmarks wenige Jahre nach der Sonate entstandenes Violinkonzert entwickelt Irnberger eine ähnliche Intensität des kammermusikalischen Musizierens, wenngleich natürlich ergänzt durch ansteckend virtuose Momente besonders im Kopfsatz. Doch auch in diesem Konzert wird besonders die Tiefe entdeckt, etwa in dem zauberischen zweiten Thema oder der herrlich rein intonierten Reprise des Kopfsatzes. Die Qualität des Israel Chamber Orchestras erweist sich in der Transparenz des Gesamtklangs und in der phantasievollen Gestaltung der Orchesteranteile, etwa der Bildhaftigkeit der federnden Fugato-Episode in der Durchführung des Kopfsatzes. Im Ganzen gelang hier eine diskographische Goldmark-Studie, die viel über diesen wiederentdeckungswürdigen Komponisten aussagt.
Prof. Michael B. Weiß [17.07.2013]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Karl Goldmark | ||
1 | Konzert a-Moll op. 28 für Violine und Orchester | 00:34:26 |
4 | Sonate op. 25 für Violine und Klavier | 00:38:08 |
Interpreten der Einspielung
- Thomas Albertus Irnberger (Violine)
- Israel Chamber Orchestra (Orchester)
- Doron Salomon (Dirigent)
- Paul Kaspar (Klavier)