Franz Vorraber spielt Robert und Clara Schuman
Thorofon CTH2591
1 CD • 77min • 2011
24.10.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Im Verlauf seiner zahlreichen Thorofon-Projekte habe ich den Grazer Franz Vorraber als einen ideenreichen, fleißigen Protagonisten mancher Werke Franz Liszts, Bachs, Brahms’ oder auch Debussys erlebt, vor allem aber als Gestalter jenes Gesamtwerkes Robert Schumanns, das – wie das Hänssler-Projekt mit Florian Uhlig zeigt – von Jahr zu Jahr zu gößerer, zu sozusagen kompletter Vollständigkeit heranwächst. Dies traut man sich zu behaupten, wenn wie bei Uhlig und seinem musikologischen Helfershelfer Joachim Draheim, neben dem Vergessenen, auch das Verschollene, das Aufgefundene und sogar Ergänztes bis hin zur kleinsten kompositorischen Fußnote auf Kurs gebracht werden. Vorraber, der in Wien bei Bruno Seidlhofer studiert hat, erinnert mich in seiner Mischung aus literarischem Eifer und pianistischer Anständigkeit an pädagogisch ehrgeizige Interpreten wie seine Landsleute Hans Kann, Jörg Demus und in mancher Hinsicht auch an Paul Badura-Skoda, die neben der rein musikalischen Vortragstätigkeit immer auch eine pädagogische Linie zu verfolgen schienen – dem Publikum zur ergänzenden Information und letzten Endes zur Bereicherung des Erlebten. Mit Demus‘ Initiativen decken sich Vortrabers Schwerpunktbildungen auch im Bestreben, als Komponist eine Spur zu hinterlassen.
So ist auch dieses hier vorliegende Programm mit Werken des Ehepaars Schumann und einer in deren ästhetischen Umkreis platzierten Stückfolge von Vorraber selbst ein Beispiel, wie dem Hörer nicht nur wertvolle bis ambitionierte Musik in tüchtiger Fertigung ins Haus geliefert werden kann. Denn zusätzlich wird auch etwas über das private und das außerhäusliche Interpreten- und Autorendasein verraten. Dies beginnt mit der Wahl des Instruments, einem historischen Flügel von Wilhelm Wieck, der im Schumann-Haus zu Leipzig besichtigt werden kann und instand gehalten wird. Der Klang des etwa 150 Jahre alten Instruments ist farbig auf eine Weise, die man auch scheckig, zumindest etwas verschlissen nennen könnte. Dies freilich nur, wenn man sich nicht von den akustischen Erfahrungen mit moderner Bauweise zu befreien vermag. Es zeigt sich aber, dass sich das Ohr sehr schnell an die „Persönlichkeit“ des alten Instruments gewöhnt und somit bestens gewappnet ist für die temperamentvollen Bemühungen Vorrabers. Er lässt nichts unversucht, die nächtlichen, abendlichen, träumerisch-verwirrten Aspekte der Fantasiestücke op. 12 in Fahrt und auf Temperatur zu halten. Dies mit einer Vitalität, die manche Möglichkeit einer seidigeren, geschliffeneren Tonsprache außer Acht lässt oder gar nicht erst ins Auge fasst. Der geschilderte Klang des Flügels und Vorrabers Spielweise verbinden sich zu einer Robustheit, die in den leisen Des Abends- oder auch Warum-Partien gerade noch gebannt wirkt, in den agressiveren Kapiteln jedoch weit entfernt von Geschliffenheit und Eleganz ihr Wesen, zuweilen aber auch ihr Unwesen treibt.
In seinen eigenen Gespenstergeschichten knüpft Vorraber an Schumannsche Motive an, wie man sie in dessen Albumblättern op. 124 antrifft, vor allem aber aus dem Album für die Jugend kennt. Der Geist E. T. A. Hoffmannscher Gruseleien spukt in den rahmenden Miniaturen der insgesamt fünf Stücke. Ein Gnom eröffnet, ein Poltergeist beendet ein buntes, ohne jeden Ehrgeiz auf Modernität aufgezogenes Geister-Kalendarium, an dessen vierter Stelle ein Nächtlicher Schattengeist immerhin neun Minuten für Unruhe sorgt.
Vergleichsaufnahmen: Fantasiestücke op. 12 – Demus (MDG L 3150), Cziffra (EMI 50999213251 2), Richter (DG 459 018-2 /1956), Vorraber (Thorofon CTH 2522 /2000 auf Bösendorfer); Sonate g-Moll: Lorenzen (Troubadisc TRO-CD 01435)
Peter Cossé † [24.10.2012]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Clara Schumann | ||
1 | Klaviersonate g-Moll | 00:20:51 |
Robert Schumann | ||
5 | Des Abends op. 12 Nr. 1 | 00:04:53 |
6 | Aufschwung op. 12 Nr. 2 – Sehr rasch | 00:03:28 |
7 | Warum? op. 12 Nr. 3 | 00:02:41 |
8 | Grillen op. 12 Nr. 4 – Mit Humor | 00:03:25 |
9 | In der Nacht op. 12 Nr. 5 – Mit Leidenschaft | 00:04:27 |
10 | Fabel op. 12 Nr. 6 – Langsam | 00:02:59 |
11 | Traumes Wirren op. 12 Nr. 7 – Äußerst lebhaft | 00:02:43 |
12 | Ende vom Lied op. 12 Nr. 8 – Mit gutem Humor | 00:05:28 |
13 | Scherzo c-Moll op. 14 | 00:04:30 |
Franz Vorraber | ||
14 | Gnom op. 20 Nr. 1 | 00:02:38 |
15 | Einsamer Klagegeist op. 20 Nr. 2 | 00:04:48 |
16 | Der Leidenschaftliche op. 20 Nr. 3 | 00:02:03 |
17 | Nächtlicher Schattengeist op. 20 Nr. 4 | 00:09:18 |
18 | Poltergeist op. 20 Nr. 5 | 00:03:00 |
Interpreten der Einspielung
- Franz Vorraber (Klavier)