Julius Röntgen Chamber Works for Winds
cpo 777 127-2
1 CD • 60min • 2008
08.03.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Erstaunliches wird zutage gefördert" – so oder ähnlich äußern sich Kenner und Kritiker zu den aktuellen Neuaufnahmen mit Werken des nahezu vergessenen Niederländers Julius Röntgen (1855-1932). Dessen überraschende Vielfalt und Schöpferkraft läßt aufhorchen, immerhin gehörte Röntgen Zeit seines Lebens zu den geschätzten Künstlern seines Heimatlandes. Über die Grenzen hinaus galt er als befreundeter Zeitgenosse von Brahms, Grieg, und Nachfahre der Ära Liszt und Schumann. Bisher acht cpo-Produktionen aus seiner unglaublichen Schaffensfülle haben inzwischen den ungeteilten Beifall der Fachwelt gefunden. Die Aufnahmen von Sinfonien (vorerst fünf von insgesamt 21), Klavier- und Violinkonzerten, Kantaten, Vokal- und Kammermusik bewegen sich durchgehend auf Spitzenniveau.
Nun also folgen drei exemplarische seiner zahlenmäßig kleinsten Werkgruppe, der Kammermusik für Bläser. Und wiederum ist Anlaß zum uneingeschränkten Beifall für Werk und Interpretation gegeben. Dass die Virtuosen des Linos-Ensembles ihre nun schon sprichwörtliche Spiellaune, Perfektion und Brillanz voll zum Einsatz bringen würden, war vorauszusehen. Dass sie aber völlig unvermutete Vortragsnuancen an Humor, kapriziösem Spaß und Serenaden-Heiterkeit des Komponisten vehement und plastisch in Szene setzen, war am allerwenigsten zu erwarten. Dies ist die Doppelüberraschung der CD aus der Sicht des Rezensenten: Der Amsterdamer Konservatoriumsdirektor Röntgen als Schöpfer einer klingenden „Commedia dell'arte" für das Bläserquintett. Eine spektakuläre Bereicherung des Repertoires für Kammerkonzerte ist die zweite Serenade von 1928, von den Linos-Künstlern bewußt oder unbewußt interpretiert als Vierakter mit Vorstellung „Con moto" (Tr. 1) und Schlußverbeugung „Coda" (Tr. 6) der Bühnenfiguren Pulcinella (Flöte), Colombine (Oboe), Arlecchino (Klarinette), Il Dottore (Horn) und Pantalone (Fagott).
Mit vergleichbaren Eulenspiegeleien geizt auch das Trio op. 86 für Flöte, Oboe und Fagott nicht. Angemessen ernst, fast schulmäßig streng, aber mit allen Attitüden einer ausgereiften Begabung des jungen Romantikers entwickelt das frühe Bläserseptett von 1870 ein dynamisches, wechselvolles Themen- und Motivspiel, dem der Zuhörer gern folgt. Nicht erst jetzt ist Julius Röntgen damit aus dem Schatten seiner Zeit, weder Epigone noch Revolutionär, mit Eigenprofil hervorgetreten.
Dr. Gerhard Pätzig [08.03.2012]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Julius Röntgen | ||
1 | Serenade Nr. 2 | 00:15:51 |
7 | Serenade Nr. 1 A-Dur op. 14 | 00:30:59 |
11 | Trio op. 86 | 00:13:07 |
Interpreten der Einspielung
- Linos Ensemble (Ensemble)