cpo 777 590-2
1 CD • 68min • 2010
09.03.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Josquin Desprez (ca. 1450-1521) ist die zentrale Persönlichkeit der Komponistengeneration im Übergang vom 15. zum 16. Jahrhundert. Schon zu Lebzeiten erschienen die meisten seiner Werke im Druck. Finden sich bereits aus der Zeit um 1485 Äußerungen von Zeitgenossen, die sein Ansehen und seine hohe künstlerische Reputation belegen, galt er auch der nächsten Generation als der größte Komponist seiner Epoche – sein Ruhm wurde von so unterschiedlichen Männern wie dem italienischen Diplomaten und Schriftsteller Baldassare Castiglione und dem Reformator Martin Luther gepriesen. Sein Einfluss auf die Entwicklung der Vokalpolyphonie der Hoch- und Spätrenaissance ist kaum zu überschätzen; davon zeugt nicht nur die weite Verbreitung seiner Werke, sondern vor allem die kompositorische Auseinandersetzung der folgenden Komponistengeneration mit seinen künstlerischen Errungenschaften.
Zentrale Gestalt des Programms dieser CD ist die Gottesmutter: Marianische Motetten umrahmen die Messe Ave maris stella. Wie für die meisten seiner Zeitgenossen nahm die Jungfrau Maria für Josquin offensichtlich einen zentralen Platz in der täglichen Glaubenspraxis ein. So vererbte er der Kirche Notre-Dame in Condé-sur-l'Escaut, an der er Kanoniker war, ein Haus mit der Auflage, an allen Marianischen Festtagen sowie jeden Samstag für ihn Gedächtnisgottesdienste zu feiern.
Manfred Cordes und sein Ensemble Weser-Renaissance Bremen gehen mit der Musik Josquins an den Anfang ihres Repertoirebereichs zurück. „In Manfred Cordes und seinem Ensemble Weser-Renaissance Bremen findet Schütz Interpreten, die bestens berufen sind, alle Aspekte dieses außerordentlichen Werkes in all seiner Schönheit, Innigkeit und Grandeur auszuleuchten", schrieb ich vor zwei Jahren über die Einspielung der Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz, ein Werk das zeitlich am anderen Ende des im Namen angedeuteten Zeitraums der Weser-Renaissance Bremen stammt. Diese Beurteilung kann mutatis mutandis exakt auf diese neue CD übertragen werden: Das bedeutet, Manfred Cordes und seinen Musikern ist hoher Respekt für den stilsicheren und feinfühligen Umgang mit ihrem Repertoire zu zollen. Etwa 150 Jahre trennen beide Komponisten, und wie Josquin als Meister prachtvoller und raffinierter Polyphonie dasteht, so hat Schütz gewaltige Verdienste in der Gestaltung vielfältigster frühbarocker Affekte erworben. Die souveräne und ergreifende Gestaltung dieser Affekte haben mich seinerzeit zum Begriff „Innigkeit" greifen lassen. Die Begegnung mit der Musik Josquin Desprez ist mit dem Erlebnis einer gotischen Kirche – beispielsweise die Sainte-Chapelle in Paris – zu vergleichen: Staunend sieht man dort und hört man hier eine perfekte Architektur, und in beiden Fällen mag manchen das Gefühl beschleichen, es täte sich ihm der Himmel auf.
Exzellente technische Fertigkeiten bedingungslos in den Dienst des jeweiligen Kunstwerks zu stellen und für jedes die richtige musikalischen Sprache zu finden und dabei als Interpreten sich keine Sekunde lang in den Vordergrund zu rücken: Das zeichnet Manfred Cordes und sein Ensemble Weser-Renaissance Bremen in besonderer Weise aus, und dadurch empfängt auch die Musik Josquins eine in ihrer perfekten Schönheit begründete eindringliche Innigkeit.
Detmar Huchting [09.03.2012]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Josquin Desprez | ||
1 | Ave Maria (Marianische Motette à 4) | 00:06:17 |
2 | Missa Ave maris stella | 00:02:42 |
3 | Missa Ave maris stella | 00:04:40 |
4 | Virgo prudentissima (Marianische Motette à 4) | 00:02:28 |
5 | Virgo salutiferi (Marianische Motette à 5) | 00:07:33 |
6 | Missa Ave maris stella | 00:06:50 |
7 | Alma redemptoris mater / Ave regina (Marianische Motette à 4) | 00:06:23 |
8 | Illibata Dei virgo nutrix (Marianische Motette à 5) | 00:06:57 |
9 | Missa Ave maris stella | 00:07:20 |
10 | Benedicta es, coelorum regina (Marianische Motette) | 00:06:20 |
11 | Missa Ave maris stella | 00:04:09 |
12 | Salve regina (Marianische Motette à 5) | 00:06:27 |
Interpreten der Einspielung
- Weser-Renaissance (Ensemble)
- Manfred Cordes (Dirigent)