French Piano Trios
MDG 303 1711-2
1 CD • 62min • 2010
03.01.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Französische Klaviertrios, die Zweite: nach ihrer Einspielung sämtlicher Godard-Trios begeben sich Yamei Yu, Michael Groß und Chia Chou ein weiteres Mal auf Wanderschaft durch die unberührten Regionen der kammermusikalischen Provence. Die beiden „großen“ Trios der Aufnahme repräsentieren dabei zwei einander entgegensetzte Richtungen der französischen Spätromantik: einerseits die vom wagnerschen Tristanfeuer entfachte, schwerblütige Schwärmerei Ernest Chaussons, andererseits Gabriel Faurés glasklare Musik, deren exquisiter Duft so gar nichts Parfümiertes hat. Doch beginnen wir mit dem dritten Werk: Debussys Pelleas et Melisande, von Hubert Mouton zu einem Zehnminüter für Triobesetzung eingedampft – eine Seltenheit, denn solche Potpourris wurden sonst vor allem für das Medium Klavier angefertigt. Moutons Arrangement ist musikalisch wie handwerklich gut gemacht und klingt über lange Strecken nach einem originären Klaviertrio. Seine einzige Schwäche mag in der Natur der Sache selbst begründet sein, denn die enigmatische Musik von Pelleas mit ihren rätselhaft-weiten Klangebenen verträgt sich nicht besonders gut mit der konkreten Manifestation durch drei einzelne Instrumente. Die weltferne, märchenhafte Stimmung der Oper kann so kaum entstehen – dafür werden wir allerdings entschädigt mit zehn Minuten Triokultur auf höchstem Niveau.
Auch in den anderen Werken präsentiert sich das Trio Parnassus ein weiteres Mal als völlig homogenes Ensemble, dessen handwerkliche Perfektion und kammermusikalisches Agieren auf einer Ebene angekommen ist, die nicht mehr erweiterbar scheint. Diesen Konsensus hört man in jeder Note, etwa in den Passagen des Fauré-Trios, wo der Komponist die beiden Streicher zusammenkoppelt und im unisono ihre Kantilenen über stoischen Klavierakkorden singen läßt. Yamei Yu und Michael Groß verschmelzen zu einer bruchlosen Einheit und lassen einen Streicherklang von physisch spürbarer Intensität entstehen, während Chia Chou sich der Kunst widmet, der einen Wahrheit eine andere entgegenzusetzen und sie dadurch zu vervollkommnen. So entsteht eine Fauré-Interpretation von großer Kunstfertigkeit und Noblesse. Einzig im letzten Satz scheint noch Raum für mehr zu sein: diese auf einmal hochvitale Musik könnte ich mir noch einen Zacken feuriger vorstellen, mit vibrierender Hochspannung in den Streichern und schostakowitsch-artiger Bissigkeit in den exponierten Läufe und Passagen des Klaviers.
Am Anfang der CD steht das Trio von Ernest Chausson, eine echte Trouvaille, die mit ihrer sinnlichen Leidenschaftlichkeit stellenweise an Rachmaninoffs beste Werke erinnert. Hier scheinen bei aller Homogenität die unterschiedlichen Charaktere des Trios durch: die beiden Streicher erfüllen ihren Part mit schwärmerischem Feuer, während Chia Chous Klavierspiel durch Contenance und musikalischen Feingeist punktet. Die klangliche Synthese überzeugt auf der ganzen Linie – ein würdiger Beginn des 30. Parnassus-Jahres 2012.
Henri Ducard [03.01.2012]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ernest Chausson | ||
1 | Klaviertrio g-Moll op. 3 | 00:33:03 |
Claude Debussy | ||
5 | Klaviertrio G-Dur | 00:09:52 |
Gabriel Fauré | ||
6 | Klaviertrio d-Moll op. 120 | 00:19:09 |
Interpreten der Einspielung
- Trio Parnassus (Ensemble)