Tudor 7159
1 CD/SACD stereo/surround • 52min • 2009
24.11.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
In all den Jahren, die mich Carl Maria von Webers Musik begleitet, kam ich immer wieder zu demselben Schluß – dass nämlich sämtliche Konzerte des „Freischützen" szenisch aufzufassen und dementsprechend mit einem erheblichen Quantum an Theatralik zu inszenieren seien, wenn ihr außerordentlicher Zauber sich wirklich und wahrhaftig entfalten soll. Ob der Hornist in seinem Concertino bis in die Urgründe der Unterwelt hinunter muß oder der Fagottist seine Schnurren berichtet, ob der Pianist im zweiten Klavier mit tanzhaften Pirouetten auf die Bühne hüpft oder im Konzertstück von Rittern, Zinnen und Liebesdingen spricht: Das Absolute, wie man's in andern Klassikern erreichen mag, bedeutet bei Herrn Weber immer eine Einschränkung, ein Verharren unter dem „Gipfel der Genüsse", die er für uns bereithält.
Die Musiker, die für Tudor die hier vorliegende Produktion bestritten, müssen das ebenso gewußt haben wie die Gestalter der Veröffentlichung, die sich für einen caspar-david-friederizianischen Bildausschnitt des Romantikers Carl Gustav Carus entschieden haben. Das könnte tatsächlich die Kulisse sein, die bei den langsamen Sätzen der beiden Klarinettenkonzerte beziehungsweise im Concertino op. 26 heruntergelassen wird: Poetischer, schwärmerischer, beglückender jedenfalls kann ich mir die drei hier versammelten Werke nicht vorstellen, und ich wüßte auch nicht, wann ich über sie schon einmal das Füllhorn all meiner passenden Attribute derart ausgegossen hätte. Das klingt, ich weiß es wohl, wie eine recht blonde Euphorie oder besser: wie was von Hedwig der Courtsen aus der Gartenlaube. Allein, was soll ich anders schreiben, wenn schon beim ersten Einsatz des Orchesters im Opus 73 das gespenstisch dräuende Szenerio einer großen romantischen Oper vor uns ausgebreitet wird? Wenn der Solist auf zartesten, schwerelosen Sammetpfötchen die virtuosesten Leitern hinauf und hinab eilt, in seinen zwischen den Welten verlorenen Sängen und Sagen seelische Werte aufspürt, die ganz direkt durch die Epidermis dringen? Wenn er im Concertino so etwas wie „mundgeblasene Glockentöne" erzeugt und Mittelsatz des Opus 74 nicht den geringsten Zweifel daran entstehen läßt, warum der Komponist denselben als „Romanza" übertitelte?
Das Orchester steht der solistischen Leistung in nichts nach und liefert eine Ausstattung, die vom Halbdunkel einer sommerlichen Mondnacht bis zur witzigen Straßenszene der schönsten Commedia dell'arte reicht: Im Finale des zweiten Konzerts rumpeln auf einmal Pantalone oder der Dottore herein, während sich die Klarinette wie Harlekin – oder besser noch: wie Pierrot – davon macht und dem aufgeblasenen Alten von weitem eine Nase dreht. Kaum zu glauben, dass diese Musik lächerliche zweihundert Jahre alt ist! Sie erzählt von Unvergänglichkeiten ...
Rasmus van Rijn [24.11.2011]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Carl Maria von Weber | ||
1 | Konzert Nr. 1 f-Moll op. 73 für Klarinette und Orchester | 00:20:38 |
4 | Klarinettenkonzert No. 2 E flat major op. 74 | 00:21:39 |
7 | Concertino Es-Dur op. 26 für Klarinette und Orchester | 00:09:33 |
Interpreten der Einspielung
- Karl Heinz Steffens (Klarinette)
- Bamberger Symphoniker - Bayerische Staatsphilharmonie (Orchester)
- Radoslaw Szulc (Dirigent)