Giovanni Felice Sances Dulcis amor Iesu
Ricercar RIC 292
1 CD • 73min • 2009
16.04.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Gerade einmal 25 Jahre ist Nicolas Achten alt, und er präsentiert schon seine zweite CD mit dem eigenen Ensemble Scherzi Musicali. Dabei leitet der junge Belgier nicht allein seine Gruppe, er singt auch mit und spielt obendrein noch Theorbe, Cembalo oder Harfe; damit folgt er einer im frühen 17. Jahrhundert weit verbreiteten Praxis. Wer sich den Blog anschaut, den die Künstler für ihr neues Projekt ins Internet gestellt haben (dulcisamoriesu.unblog.fr), wird sehen, wie Achten in dem dort präsentierten Ausschnitt aus der Motette O Iesu mi dulcissime neben dem eigenen Musizieren mit lebendigem Blick und wacher Köörpersprache immer spiritus rector des musikalischen Geschehens bleibt.
Giovanni Felice Sances (ca. 1600–1679) nimmt in der heutigen Pflege der Barockmusik nicht den Platz ein, der ihm nach dem Urteil von Zeitgenossen zustehen würde, rechneten sie ihn doch unter die ersten Komponisten Europas. Noch der 60 Jahre jüngere Johann Joseph Fux vermerkt 1715: „Ich kenne keinen Kapellmeister, der so viel geschrieben hat wie Sances; der Großteil der Kapelle ist immer noch mit seinen Noten angefüllt.“ Der etwas säuerliche Unterton mag mit einem gewissen Neid zu tun haben ob des Umstandes, dass die überaus lebendige Musik seines Vorgängers am Wiener Kaiserhof mehr als 35 Jahre nach dessen Tod immer noch im Schwange war. In Rom geboren und am dortigen Collegium Germanicum ausgebildet, kam Sances über Venedig nach Wien, wo er 1636 als Tenor in die Hofkapelle eintrat; er hat Wien und dem Kaiserhof bis zu seinem Lebensende die Treue gehalten. 1649 stieg er zum Stellvertreter des Hofkapellmeisters Bertali auf, den er 1669 schließlich im Amt beerbte.
Die Motetten der vorliegenden CD entstammen Sances’ erstem Motettenband, den er kurz nach dem Dienstantritt in Wien 1638 veröffentlichte. Lediglich das berühmte Stabat Mater ist in der zweiten Motettensammlung veröffentlicht worden. Obwohl das Werk für hohe Stimme geschrieben worden ist, vermag Nicolas Achten es mit seinem agilen Bariton, der auch in der Höhe noch schön klingt, eindrucksvoll zu gestalten – „Vielleicht versagte sich übrigens auch Sances nicht das Vergnügen, sein eigenes Stabat Mater zu singen…“, mutmaßt Achten im Beiheft.
Einige kleine Instrumentalstücke lockern den Verlauf des Programms auf, überdies verleiht das Instrumentalconsort durch raffinierten Einsatz auch der Vokalmusik zusätzliche Farbigkeit. Lobende Erwähnung verdient auch die Aufnahmetechnik: Klarheit, Räumlichkeit und gute Durchhörbarkeit zeichnen das Klangbild aus.
Ganze vier weitere CDs sind Giovanni Felice Sances derzeit im hierzulande erhältlichen Angebot gewidmet – hoffentlich trägt diese hervorragende Veröffentlichung dazu bei, diesem Großmeister der Barockmusik eine längst fällige Rehabilitation zu bescheren.
Detmar Huchting [16.04.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Giovanni Felice Sances | ||
1 | Iubilent in caelis | 00:05:34 |
2 | Iste confessor domini colentes | 00:03:01 |
3 | Dulcis amor Iesu | 00:03:36 |
Giovanni Girolamo Kapsberger | ||
4 | Toccata prima | 00:05:29 |
Giovanni Felice Sances | ||
5 | Salvum me fac | 00:04:46 |
6 | Salve Regina | 00:06:17 |
7 | Domine ne memineris iniquitatum nostrarum (Ciaccona) | 00:05:03 |
8 | Stabat mater dolorosa | 00:10:29 |
Luigi Rossi | ||
9 | Ritornello | 00:01:16 |
Giovanni Felice Sances | ||
10 | Vulnerasti cor meum | 00:05:05 |
Michelangelo Rossi | ||
11 | Toccata settima | 00:03:48 |
Giovanni Felice Sances | ||
12 | O Jesu mi dulcissime | 00:04:14 |
13 | Magnificemus in cantico | 00:04:41 |
14 | Ave maris stella | 00:03:17 |
15 | Laudemus viros gloriosos | 00:06:32 |
Interpreten der Einspielung
- Céline Vieslet (Sopran)
- Marie de Roy (Sopran)
- Reinoud van Mechelen (Tenor)
- Olivier Berten (Bariton)
- Scherzi Musicali (Ensemble)
- Nicolas Achten (Leitung)