Ondine ODE 1167-2D
2 CD • 2h 23min • 2009
12.02.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Wenn es denn tatsächlich eines Beweises bedarf, dass die Schwanensee-Musik auf CD nicht nur als Aneinanderreihung der beliebtesten Nummern in verschiedenen Suiten, sondern als grandioses Ganzes „funktioniert“ – hier ist er. Mikhail Pletnev erweist sich als besonnener Tschaikowsky-Interpret, der einem vollendeten orchestralen Gleichgewicht den Vorzug gegenüber einer auf opulente Klangverdichtung zielenden Musizierweise oder einem vordergründigen orchestralen Muskelspiel gibt. Volle Streicher, sattes bis strahlendes, jedoch nie überblasenes Blech, herrliche Holzbläser und ein kraftvolles, aber nie lärmendes Schlagzeug: Jede einzelne Nummer ließe sich als Beispiel dafür heranziehen, welch enorme Energie und welch schillernde Farbigkeit der Russe mit den exzellent ausbalancierten Stimmgruppen seines Russischen Nationalorchesters freisetzt. Hinter dem in den Höhepunkten, wie auch in den vom Handlungsverlauf her eher statischen Szenen vorwärts drängenden Schwung steckt eine Tempohandhabung, die man nur als elektrisierend bezeichnen kann. Es ist einfach die richtige Mischung aus einem exakt durchgehaltenen und einem mehr freien, aber stets hellhörig kontrollierten Pulsschlag, wovon beispielsweise die Tänze des 3. und die Schwanentänze des 2. Aktes profitieren, ebenso aus dem 1. Akt die überschäumenden Codas des Pas de trois und Pas de deux sowie der berühmte Walzer.
Pletnevs detailfreudiges Durchleuchten dieser großen sinfonischen Ballettpartitur, die die bisherige Ballettpraxis aus rein dekorativen Tanzszenen revolutionierte, hat die theatralischen Momente und dramatischen Entwicklungen fest im Blick. Im Andante des Pas de deux aus dem 1. Akt mit seinem zarten bis kapriziösen Violinsolo und dem den 2. Akt beherrschenden Pas d’action kratzt Pletnev sogar an der Grenze zum sentimentalen Kitsch, womit er meines Erachtens fast augenzwinkernd nur beweist, dass er zwar könnte, aber der Gefahr einer gefühlsseligen Überzeichnung eben nicht erliegt. Seine große Leistung besteht für mich jedoch darin, dass er von dem berührenden Oboenthema der Einleitung an einen unwiderstehlichen Sog in Gang setzt, der bis zu dem faszinierend eingefangenen Spannungsverlauf des 4. Aktes nichts von seiner Intensität verliert. Kurzum: Diese Schwanensee-Gesamtaufnahme nimmt gleichermaßen Intellekt, Gefühl und Phantasie gefangen. Dazu eine Aufnahmequalität, die mit Präsenz, Tiefe, einer großen dynamischen Bandbreite und weiträumigen Akustik rundum überzeugt. Großartig.
Christof Jetzschke [12.02.2010]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Peter Tschaikowsky | ||
1 | Schwanensee op. 20 (Ballett) |
Interpreten der Einspielung
- Russian National Orchestra (Orchester)
- Mikhail Pletnev (Dirigent)