RCA 88697 32317 2
2 CD • 2h 27min • 2008
19.05.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
„Mozart-Kontraste“ überschreibt der Schweizer Pianist Oliver Schnyder seine Doppel-CD. Vordergründig ist damit auf die Tonarten angespielt: drei Klavierkonzerten in Dur stehen auf der zweiten CD sechs Klaviersolowerke in Moll gegenüber. Aber natürlich will sich Schnyder nicht mit solch simpler Konfrontation zufrieden geben. Er zielt gewissermassen auf die beiden Seelen in Mozarts Musikerbrust. Die eine, in den Konzerten, ist nach aussen gerichtet, hin zur Verständlichkeit, „angenehm in die Ohren“ (Mozart) und damit zur Gunst eines grösseren Publikums. Die andere, in den Solostücken, lässt ins Innere des Komponisten blicken, in seine subjektive Empfindungswelt; fast noch deutlicher als in den Sonaten KV 310 und 457 tritt dies bei den bekenntnishaften Fantasien KV 397 und 475 hervor.
Allerdings geht Schnyder nicht so weit, sich gleich zwei verschiedene Interpretationsmasken überzustülpen. Er behält seine luzide und bei aller eleganten Geläufigkeit leicht verhangene Interpretationsart auf beiden Seiten bei. Das heisst: auch in den Konzerten wirkt die Dramatik eher unterspielt, bei aller akzeptierter Brillanz ohne auftrumpfende Gestik; anderseits wird in den solistischen Moll-Kreationen die melancholische Attitüde keineswegs forciert – erstrebt wird Klarheit ohne Sfumato, immerhin mit sanft romantischer (Vor-)Ahnung. Der Pianist streicht hier das Nachdenkliche diskret heraus. Dennoch hätte man sich, insgesamt, doch ein bisschen mehr an gestalterischen Kontrasten gewünscht; Schnyder dagegen schwebte so etwas wie höhere Einheit vor.
Folglich, und das ist nichts als logisch, zeigt er sich – in den Konzerten – echter Dialogbereitschaft fähig. Das ist konzertante Kammermusik und im übrigen kein Zufall. Denn die Camerata Bern, die neuerdings vom langjährigen Harnoncourt-Weggenossen Erich Höbarth am ersten Geigenpult geführt wird, tritt bloss mit 14 Musikern an: Garantie für ein konsequent flexibles Miteinander. Schnyder/Höbarth wählten die vereinfachte Besetzung einzig für Streicher unter Verzicht auf Bläser – eine Alternative, die Mozart zugestanden hat: „…können auch a quattro producirt werden“. Während dies bei den Konzerten KV 414 und 415 gelegentlich anzutreffen ist, überrascht es beim späteren „Krönungskonzert“ KV 537 entschieden. Das ist eine durchaus repräsentative Musik sogar mit Pauken und Trompeten; Mozart, zu jener Zeit 1787 mit absteigendem Pianistenruhm, liess diese intime ad libitum-Version offenbar vor allem aus Gründen einer grösseren Verbreitung zu. Für uns Nachgeborene mag es eine interessante, freilich auch irritierende Erfahrung sein – ein Einblick in die kommerzielle Praxis von gestern eben.
Mario Gerteis † [19.05.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Konzert Nr. 12 A-Dur KV 414 für Klavier und Orchester | 00:23:36 |
4 | Klavierkonzert Nr. 13 C-Dur KV 415 | 00:24:19 |
7 | Klavierkonzert Nr. 26 D-Dur KV 537 (Krönungskonzert) | 00:28:25 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Fantasie Nr. 2 d-Moll KV 397 KV 385g | 00:06:07 |
2 | Klaviersonate Nr. 8 a-Moll KV 310 KV 300d | 00:15:43 |
5 | Rondo a-Moll KV 511 | 00:09:22 |
6 | Fantasie c-Moll KV 475 für Klavier | 00:11:52 |
7 | Klaviersonate Nr. 14 c-Moll KV 457 | 00:17:04 |
10 | Adagio h-Moll KV 540 | 00:10:48 |
Interpreten der Einspielung
- Oliver Schnyder (Klavier)
- Camerata Bern (Orchester)