Acousence Classics ACO-CD 21008
2 CD • 55min • 2008
14.05.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Über der Wahrnehmung der Hochleistungsensembles vergisst man oft, dass auch in der „Provinz“ wichtige und hochwertige musikalische Arbeit geleistet wird. Die vorliegende CD ist ein gutes Beispiel dafür. Die Duisburger Symphoniker gehören zu den traditionsreichsten deutschen Orchestern. 1877 gegründet, wurden sie entscheidend geprägt von den Generalmusikdirektoren Eugen Jochum (1930er Jahre), Georg Ludwig Jochum (nach dem Krieg bis 1970) sowie den Chefdirigenten Miltiades Caridis, Lawrence Foster, Alexander Lazarew und Bruno Weil. Seit 2002 steht der 1959 geborene Engländer Jonathan Darlington an der Spitze des Orchesters, das sich nicht nur ums vertraute Repertoire, sondern auch um die zeitgenössische Musik kümmert. So haben z. B. Wolfgang Rihm, Maurizio Kagel und Manfred Trojahn Werke für die Duisburger Symphoniker geschrieben.
Mahlers sechste Sinfonie wird oft kraftmeierisch in Szene gesetzt, als sei sie eine dramatische Tondichtung von Richard Strauss: mit forcierten Tempi, rasch sehr laut werdend, permanent unter Druck stehend, überhitzt, ohne Ruhepunkte, nur mit dem Blick auf das „katastrophische“ Finale. Jonathan Darlington geht gerade nicht diesen Weg. Seine Interpretation zeichnet sich durch eine sehr präzise und stimmige Dramaturgie aus. Bei allem „energico“ und „markig“ (Kopfsatz und Finale), „wuchtig“ (Scherzo) und dramatisch bleibt Raum für das Verweilen, Innehalten, für die auch einkomponierte Mäßigung oder die lyrischen Momente (Andante). Darlington dosiert Ausbrüche und Höhepunkte sehr genau. Sein Ansatz kann besonders am ausgedehnten Finale studiert werden. Der Satz entfaltet sich in Gestus und Tempo sehr organisch, wird streng und schlüssig entwickelt. Die Lesart ist nie pauschal, sondern immer sehr differenziert – mit Blick auf die Details und die komplexe Faktur. Keine falsche Aufgeregtheit, kein Hasten von Höhepunkt zu Höhepunkt; keine Überdramatisierung, aber auch kein Verwischen der großen Kontraste. Die Duisburger Philharmoniker folgen ihrem Chef ideal. Sie spielen nicht nur präzise, mit Verve, nie nachlassender Spannung und dem nötigen großen Atem, sondern entfalten zugleich eindrucksvoll den gewaltigen Klangkosmos dieser Sinfonie.
Darlington stellt (wie einige andere Dirigenten) den langsamen Satz an die zweite und nicht an die dritte Stelle. Die Befürworter dieser Anordnung berufen sich zumeist auf Mahler. In der Tat hatte der (experimentierfreudige) Komponist diese Variante dirigiert und sie auch anderen Dirigenten empfohlen hat. Es bleibt aber fraglich, ob dies wirklich sein letztes Wort war. Dramaturgisch schlüssiger bleibt die »klassische« Lesart: Allegro – Scherzo – Andante – Allegro. Der Hörer der CD hat es da leicht, er kann – je nach Vorliebe oder um eine neue Hörerfahrung zu machen – an zweiter Stelle das Andante (hier II) oder das Scherzo (III) hören.
Peter Heissler [14.05.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Gustav Mahler | ||
1 | Sinfonie Nr. 6 a-Moll (Tragische) |
Interpreten der Einspielung
- Duisburger Philharmoniker (Orchester)
- Jonathan Darlington (Dirigent)