Joseph Haydn
Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze
Glossa GCD 921109
1 CD • 49min • 2004
19.03.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Neu auf dem Markt sind zwei Live-Aufnahmen der Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze, die unterschiedlicher kaum ausfallen könnten. Die Einspielung mit der Cappella Coloniensis unter der Leitung von Bruno Weil (Ars Produktion) punktet mit Zwischentexten von Luise Rinser, verbreitet rein musikalisch aber Ratlosigkeit. Ganz anders dagegen die die dramatische Seite der Sieben letzten Worte betonende Haydn-Lesart und künstlerische Vision von Frans Brüggen und seinem Orchestra of the Eigtheenth Century aus dem Jahr 2004: Die düstere Theatralik, erhabene Feierlichkeit sowie die Momente der Verklärung und Entrückung in Haydns meditativen, sinfonisch gearbeiteten Trauer-Sonaten überführt Brüggen in eine Klangrede von einer Eindringlichkeit und Unerbittlichkeit, die bereits mit den Nagelschlägen in der beklemmenden Introduktion unter die Haut geht und das mit aller Urgewalt losbrechende Erdbeben („Il Terremoto“) im Schlusssatz tatsächlich als auch seelische Erschütterung erfahrbar macht. Doch werden nicht nur Szenen tief empfundener Trauer bestechend abgebildet. Exzellent arbeitet Frans Brüggen zugleich den Farbenreichtum sowie die gespannte Dynamik und Rhythmik der Partitur heraus und schafft somit die Basis für eine musikalische Sprachgewalt, die vor allem in den Dur-Sonaten unmittelbar berührt. Und zwar in der Art und Weise, wie Brüggen etwa in der milden B-Dur-Sonate („Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“) den düsteren Gesamtcharakter bedeutungsschwer durchscheinen lässt. Oder wie sich der lichte Tonfall der Sonate E-Dur („Frau, siehe hier deinen Sohn“) in schmerzliche Qual verkehrt. Nicht zu vergessen die Klage Jesu in der A-Dur-Sonate („Mich dürstet“), deren trockene Pizzicati und scharfe, zu Beginn des Werkes in der Introduktion bereits vorweggenommenen Tonrepetitionen den Hörer nicht mehr loslassen.
Als überflüssig empfinde ich allerdings die instrumentalen Zwischensätze des niederländisch-amerikanischen Komponisten Ron Ford (Jg. 1959). Die kurzen, an- und abschwellenden Klangflächen sollen einen Kontrast zu Haydns Musik bilden, gleichzeitig einen Anschluss an sie suchen, wahrscheinlich auch die Entfremdung des Werkes von seinem liturgischen Kontext auffangen und damit einen sinnvollen Abstand zwischen den Sätzen herstellen: als – so Frans Brüggen – „würdige Stellvertreter für keine Musik“. Trotzdem erschließt sich mir nicht ihre Notwendigkeit, weder auf musikalischer noch auf einer übergeordneten Ebene. Dem Urteil Ron Fords über das Orchestra of the Eighteenth Century kann ich mich jedoch – zumindest die vorliegende Einspielung betreffend – bedingungslos anschließen: „Dessen atmender Aufführungsstil ist einzigartig in der Welt.“
Christof Jetzschke [19.03.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Joseph Haydn | ||
1 | Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz op. 51 Hob. XX:1a (Orchesterfassung) |
Interpreten der Einspielung
- Orchestra of the 18th Century (Orchester)
- Frans Brüggen (Dirigent)