Ondine ODE 1129-2
1 CD • 52min • 2008
13.01.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
„Sinfonisches Denken im allgemein architektonischen und gewissermaßen philosophischen Sinne ist unsterblich,” erklärte Joonas Kokkonen, als er 1960 mit seiner ersten Symphonie an die Öffentlichkeit trat. Er war damals 39 Jahre alt und hatte erst kürzlich den beinahe obligatorischen Schwenk zum dodekaphonisch-seriellen Komponieren vollzogen, von dem allein, so hatte man die jüngeren Generationen mit gewissem Erfolg überzeugen können, die Chancen auf eine ernsthafte tonkünstlerische Karriere abhingen oder besser: abzuhängen schienen. Rührend ist dabei zu sehen und zu hören, wie Kokkonen – Ausdruck hohen Talentes – sich sogar auf dem Irrweg zurechtfand und den rein materiellen Ansatz mit jenem „unsterblichen symphonischen Denken” zu vermählen wußte, aus dem, unabhängig von Machart und technischer Strategie, immer wieder überragende Werke entstehen.
Die unmittelbar benachbarten Sinfonien Nr. 1 und 2 sowie das Opus sonorum von 1964 dürfen wir mit Fug und Recht zu den gelungenen Unternehmungen des „Serialismus” zählen, weil sie eine der wichtigsten Bedingungen künstlerischen Schaffens überhaupt erfüllen:
Ob man die klingende Oberfläche nun auf Anhieb mag oder nicht, es ist etwas Unnennbares zu spüren, etwas Magnetisches sozusagen, das Kraftfeld der individuellen Persönlichkeit, die sich zwar in einem ganz bestimmten, vielleicht auf die eigenen Bedürfnisse zurechtgeschneiderten Gewand präsentiert, ohne sich darüber verleugnen zu können – weil sie zu stark ist, als daß sie in der Horde oder Herde des Mittelmaßes versacken könnte. So also auch hier! Die weitere kreative Entwicklung führte Kokkonen schon bald, in der dritten Sinfonie zum Beispiel oder in dem viel zu selten gespielten, grandios dankbaren und fesselnden Cellokonzert, zu anderen Tönen und Konstellationen; doch die vermeintlich abstraktesten Architekturzeichnungen sind nicht mit einem H6 von Faber geritzt, sondern mit äußerstem Gespür für Nuancen und Orchesterfarben, ja für geschickte, natürliche Zitatverknüpfungen realisiert (Sibelius tritt uns im Kopfsatz der Ersten fast auf die Zehen). Dabei will ich nicht verhehlen, daß die Stücke ein wenig der Gewöhnung bedürfen: Da ich die CD inzwischen aber schon drei oder vier Mal mit wachsendem Vergnügen gehört habe, hat mir Kokkonen ganz augenscheinlich etwas zu sagen ... und wer weiß, was er noch alles hätte sagen können, wenn für das Label nicht schon nach 51 Minuten Spielzeit die letzte Klappe gefallen wäre? An der Leistung des Finnischen Rundfunk-Symphonieorchesters unter Sakari Oramo kann’s kaum gelegen haben: Die ganz vorzügliche Ausführung der Werke ist, auch wenn ich keinen Vergleich anlegen kann, eine zusätzliche Attraktion und hätte sich ruhig eine Zugabe verdient gehabt.
Rasmus van Rijn [13.01.2009]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Joonas Kokkonen | ||
1 | Sinfonie Nr. 1 (1960) | 00:21:04 |
5 | Sinfonie Nr. 2 (1961) | 00:21:08 |
9 | Opus sonorum (1964) | 00:09:18 |
Interpreten der Einspielung
- Finnish Radio Symphony Orchestra (Orchester)
- Sakari Oramo (Dirigent)