Wilhelm Backhaus plays Brahms & Schumann
hänssler CLASSIC 94.203
1 CD • 73min • 1939, 1937
14.01.2009
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Eine Wiederbegegnung auf mehreren Ebenen! Die beiden Backhaus-Dokumente mit dem B-Dur-Konzert von Brahms und der C-Dur-Fantasie von Schumann sind unter der Nummer 94.044 bereits bei Hänssler im Programm angeboten worden. Jetzt, mit einem ausgezeichneten Begleittext von Peter T. Köster, sind die beiden schlanken, zielstrebigen, wenn man will: schmucklosen Interpretationen sozusagen neu aufgelegt worden – auf hohem klangtechnischem Niveau, soweit sich die alten Einspielungen aus der zweiten Hälfte der 30er Jahre auffrischen lassen. Diese Dokumente sind ja im besten, aber auch im problematischsten Sinne der medialen Vermarktung so etwas wie akustisches Freiwild. Jeder Produzent ist ermächtigt, diese Aufnahmen zu kopieren und auf dem freien Markt anzubieten. So ist (oder war) Backhaus’ Schumann-Darbietung (u.a.) auf Pearl GEM 0046 zu hören, das zweite Brahms-Konzert im Rahmen des Dante-Katalogs (HPC 039) und natürlich unter dem Marken-Schirm von EMI (566418 2), wo diese Einspielung ursprünglich ihre Heimat hatte.
Im Vergleich zu den vielen Einspielungen des Brahms-Konzerts ist mir diese Dresdner Backhaus-Version als Möglichkeit überlegener Neutralität ein immerwährender Hörgewinn. Da gibt es kein Schwitzen in den mächtigen Akkordstrecken, da wird in den lyrischen Passagen nicht um den lauwarmen Brei herumgespielt. Es ist, wie fast immer bei Backhaus, als entfalte sich das gespielte Werk erst wahrhaft in der Rückschau des Erlebten, weniger im Moment seiner aktuellen Verwirklichung. Anders gesagt: Backhaus war – vor allem in den späten Jahren – kein Verführer, kein Dompteur des einschmeichelnden Klaviertons. Er war und blieb ein Verwirklicher des jeweils Nötigen. Und mit mannigfaltigen Fähigkeiten vermochte er die technischen Schwierigkeiten etwa im Zentrum der Schumann-Fantasie zum wirklich Besten zu geben. Im Unterschied zu seinem Kollegen Wilhelm Kempff, der sich in solch sportlichen Sprungkombinationen weit weniger erfolgreich zeigte, dafür aber die schwebenden, schwingenden, ich zögere nicht: die himmlischen Momente ungleich ätherischer zu intonieren vermochte.
Wer immer sich mit den zahlreichen Deutungen des Brahms-Konzerts op. 83 beschäftigen möchte, dem empfehle ich – neben der für mein Empfinden konkurrenzlosen Richter/Leinsdorf-Version (RCA) – die Aufnahmen mit Alexis Weissenberg. Vor allem die bei Medici Arts auf DVD erschienene Einspielung unter der Leitung von Prêtre – eine, wenn man will, auf die Spitze getriebene Interpretation im Namen eines kalkulierenden, im Lyrischen fröstelnden, im Brio sehnigen Wilhelm Backhaus. Aber noch ein Hinweis sei erlaubt: In Japan ist eine Aufnahme des B-Dur-Konzerts im Handel mit der Pianistin Kei Itoh. Ich erwähne diese eher nachdenkliche, in den brachialen Sequenzen etwas vorsichtige, aber insgesamt sehr leuchtende, persönliche Einspielung, weil Kei Itoh 1983 als erste Japanerin den Münchner ARD-Wettbewerb gewann (?).
Vergleichsaufnahmen: Brahms: Itoh – Fournet (fontec FOCD 9198), Backhaus – Schuricht (Philips 456718-2), Weissenberg – Maag (Arts Archives 43038-2), Weissenberg – Prêtre (Medici Arts DVD 3078048); Schumann: Kempff (Orfeo C 570011 B).
Peter Cossé † [14.01.2009]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johannes Brahms | ||
1 | Konzert Nr. 2 B-Dur op. 83 für Klavier und Orchester | 00:44:31 |
Robert Schumann | ||
5 | Fantasie C-Dur op. 17 | 00:28:13 |
Interpreten der Einspielung
- Wilhelm Backhaus (Klavier)
- Sächsische Staatskapelle Dresden (Orchester)
- Karl Böhm (Dirigent)