Tacet S 164
1 CD/SACD stereo/surround • 73min • 2007
08.12.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Mag der Vergleich einer Studioproduktion mit einem Konzerterlebnis auch hinken, so musste ich beim Hören der vorliegenden Aufnahme unwillkürlich an ein erst kürzlich besuchtes Konzert des Basler Kammerorchesters mit Beethovens Pastoral-Sinfonie unter der Leitung von Giovanni Antonini denken: Neue Sichtweisen eröffnend, traditionelle Interpretationsmuster über Bord werfend, keineswegs beschaulich, sondern gleichermaßen gelöst wie erregend und stets ein natürliches Ausschwingen der Musik gewährleistend – so ließe sich die sinnliche, aber völlig unsentimentale Herangehensweise der Basler beschreiben. Oder als Lehrstunde elektrisierender Charakterisierungskunst, in der ein Mehr an sprechendem Ausdruck und äußerst gespanntem Musizieren kaum vorstellbar war. Mit straffen Tempi und einer ausgefeilten musikalischen Rhetorik ging es Antonini keineswegs um eine Verklärung des pastoralen Charakters. Vielmehr zielte jede sorgsam gestaltete Phrase, jeder Stimmungsumschwung auf die Erfüllung des gesamten musikalischen Geschehens im hymnischen Finale – eine interpretatorische Intelligenz, die übrigens genauso die Aufnahmen der Beethoven-Sinfonien Nr. 1-4 durch Antonini und das Basler Kammerorchester für Oehms Classics auszeichnet.
Die Einspielung von Beethovens Sechster mit Wojciech Rajski und der Polnischen Kammerphilharmonie lässt all dies leider vermissen. Eine akzentuierte, bewegte und vorwärtsdrängende Wiedergabe auch hier. Doch mit ihren romantisierenden Zügen und einem für meinen Geschmack zu starken Betonen der pittoresken Elemente wirkt diese Beethoven-Deutung übermotiviert und gerade deshalb beinahe belanglos, zieht mit einer nicht immer nachvollziehbaren Tempogestaltung und einer oft unzureichenden Innenspannung wie beiläufig am Hörer vorüber und bleibt kaum im Gedächtnis haften. Man mag dagegen halten, dass das Aufnahmeverfahren im TACET Real Surround Sound sogar im üblichen Stereobild tatsächlich sein Ziel einer mitunter außergewöhnlichen Klarheit und Durchsichtigkeit der Partitur erreicht und die filigrane Instrumentenstaffelung Beethovens wirkungsvoll hervorhebt. Wenn aber Produzent Andreas Spreer in seinen Anmerkungen ausdrücklich betont, dass dieses Verfahren „die suggestive Wirkung der Musik Beethovens steigert", so stellt er damit Wojciech Rajski fast schon ein kleines Armutszeugnis aus. Denn die Musizierhaltung der Polnischen Kammerphilharmonie eröffnet nun wirklich keine neuen Perspektiven. Gleiches gilt für die energische, in ihrer überzogenen Impulsivität jedoch nahezu unverständliche Lesart der Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67. Das musikalische Geschehen rauscht im atemlosen Eilzugtempo vorüber, zu künstlich und zu konstruiert das kämpferische Drängen und die entfesselten Klanggewalten, vieles klingt übereilt und hinterlässt einen eher unbefriedigenden Eindruck. Allein die Klangvariabilität und die dynamische Bandbreite der Polnischen Kammerphilharmonie – oder etwa nur die der Aufnahmetechnik? – lassen aufhorchen. Das ändert jedoch nichts an meiner Gesamteinschätzung: Diese Beethoven CD kann man sich schenken.
Christof Jetzschke [08.12.2008]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67 | 00:31:35 |
5 | Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 für Orchester (Pastorale) | 00:41:29 |
Interpreten der Einspielung
- Polish Chamber Philharmonic Orchestra (Orchester)
- Wojciech Rajski (Dirigent)