The Sibelius Edition Theatre Music
BIS 1912/14
6 CD • 7h 45min • 1983-2008
28.11.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Während und nach der Begutachtung dieser überreich gefüllten Box („6 CDs for the price of 3“) erging es mir wie meinem literarischen Beinahe-Namensvetter Asmus Semper, der sich bei seinen ersten Theaterbesuchen fast schämte, weil er „alles so schön fand”. Aber was soll ich auch machen, wenn mich Jean Sibelius wieder mal in seinen Klauen hat? Wenn mich schon das Nocturne oder das Spinnenlied aus der Bühnenmusik zu König Christian II. mit der prächtigen Stimme des Baritons Raimo Laukka verzaubert, der mich gleich anschließend – nach der immer wieder ergreifenden Valse triste – mit einer weiteren Kostprobe seiner Gestaltungsfähigkeit vollends für sich einnimmt? Soll ich irgendwas gegen die Musik zu Shakespeares Sturm oder Hofmannsthals Jedermann erfinden, damit ich mein Honorar als Kritiker auch verdiene?
Die sechs CDs mit einer Gesamtspielzeit von sage und schreibe siebendreiviertel (!) Stunden dürften wohl alles enthalten, was Jean Sibelius für die Bühne geschrieben oder wenigstens hinterlassen hat – einschließlich alternativer und nachkomponierter Sätze sowie der Suiten, die hier mit Neeme Järvi und den Göteborger Symphonikern zu hören sind, während die Originalmusiken von Osmo Vänskä und der Sinfonia Lahti eingespielt und wieder auf einem Niveau abgeliefert wurden, das schon die Sinfonien, die Dichtungen und die chorsinfonischen Stücke so unwiderstehlich macht: Selbst die kleinsten Schnipsel werden nicht als Nebensächlichkeiten behandelt, sondern als Ausdruck des szenischen Sinns gespielt, mit der die Strindberg-Natur Sibelius gesegnet oder geschlagen war – und immer wieder kann man nur darüber staunen, wie vieles von dem, was er hier en miniature erprobte, sich zu den großen sinfonischen Formaten auswuchs, indessen andere, eher schnurrige oder exotische Dinge (aus Belshazzars Gastmahl etwa) nie über den Bühnenrand hinausgelangten, obwohl sie sich möglicherweise zum „Schlager” geeignet hätten.
Die Idee des jungen Sibelius, seinen schöpferischen Platz zwischen Musik und Skulptur zu finden, ist offenbar auf subtile Weise Realität geworden: Mal reicht die verwendete Substanz für eine kleine, hübsche, in sich abgeschlossene Serenade, mal wird eine Floskel zur Triebfeder eines ganzen sinfonischen Satzes, der mit unglaublicher Wucht in die Welt hinausdrängt – doch hier wie dort ist praktisch alles von dem „großen Geist” erfüllt, der seine Gelegenheitswerke auf andern Gebieten absolvierte. Und deshalb kämpfe ich auch nach Stunden noch immer mit der schier unlösbaren Aufgabe, wenigstens ein paar Haare in der nordischen Suppe zu finden, wohl wissend, daß ich mich eigentlich schämen müßte, weil alles so schön ist...
Rasmus van Rijn [28.11.2008]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jean Sibelius | ||
1 | Kung Kristian II op. 27 (Bühnenmusik) | 00:30:45 |
8 | Kuolema JS 113 (Schauspielmusik) | 00:20:06 |
14 | Swanwhite JS 189 | 00:27:12 |
CD/SACD 2 | ||
1 | Pelléas och Mélisande JS 147 (Bühnenmusik) | 00:29:19 |
11 | Jedermann op. 83 (Bühnenmusik) | 00:40:29 |
CD/SACD 3 | ||
1 | Valse triste | 00:04:22 |
2 | Valse triste op. 44 Nr. 2 | 00:04:55 |
3 | The Tempest op. 109 | 01:06:56 |
CD/SACD 4 | ||
1 | Belsazars Gästabud op. 51 (Belsazars Fest, Bühnenmusik, 1906) | 00:20:16 |
12 | Kung Kristian II op. 27 (Konzertsuite) | 00:25:35 |
17 | Schwanenweiß op. 54 (Konzertsuite) | 00:25:03 |
24 | Twelfth Night op. 60 (Schauspielmusik) | 00:02:48 |
25 | Die Sprache der Vögel JS 62 (Schauspielmusik) | 00:03:27 |
CD/SACD 5 | ||
1 | Belsazars Fest op. 51 (Konzertsuite) | 00:14:12 |
5 | Scaramouche op. 71 (Pantomime) | 01:04:02 |
CD/SACD 6 | ||
1 | Pelléas et Mélisande op. 46 (Konzertsuite) | 00:28:43 |
10 | Kuolema JS 113 (Schauspielmusik) | 00:07:40 |
12 | Der Sturm op. 109 (Vorspiel und Suiten I und II) | 00:40:44 |
Interpreten der Einspielung
- Lahti Symphony Orchestra (Orchester)
- Osmo Vänskä (Dirigent)
- Gothenburg Symphony Orchestra (Orchester)
- Neeme Järvi (Dirigent)